Rn. 27

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern ist gemäß § 258 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 3 AktG abhängig von der Antragstellung durch Aktionäre der Gesellschaft (zur Antragsberechtigung vgl. HdR-E, AktG § 258, Rn. 86). In Betracht kommt eine Sonderprüfung nur, wenn Anlass für die Annahme einer nicht unwesentlichen Unterbewertung bestimmter JA-Posten oder der Unvollständigkeit der Anhangangaben besteht. Das AktG enthält keine explizite Regelung, in welchen Fällen ein Anlass für die Annahme vorliegt, dass einer der in § 258 Abs. 1 Satz 1 AktG genannten Tatbestände erfüllt sein könnte. Nicht verlangt werden kann jedoch, dass die Unterbewertung von bestimmten JA-Posten oder die Unvollständigkeit der Anhangangaben als Voraussetzung für die Bestellung von Sonderprüfern besteht, da dies gerade erst i. R.d. Sonderprüfung festgestellt werden soll (vgl. AktG-GroßKomm. (2021), § 258, Rn. 8). Um insbesondere einem Missbrauch des Sonderprüfungsrechts zu Lasten der Gesellschaft vorzubeugen, kann es insoweit nicht genügen, die Bestellung der Sonderprüfer nur von einer auf einer bloßen Behauptung basierenden Antragstellung durch die Aktionäre abhängig zu machen.

Die Minderheitsaktionäre, deren Schutz die §§ 258ff. AktG (auch) dienen (vgl. HdR-E, AktG § 258, Rn. 1; HdR-E, AktG § 258, Rn. 18), verfügen als potenzielle Antragsteller jedoch regelmäßig über keinen Zugang zu Informationen, die eine substantiierte Begründung des Antrags ermöglichen (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 11). Speziell das Auskunftsverweigerungsrecht des Vorstands gemäß § 131 Abs. 3 AktG verhindert, dass Minderheitsaktionäre die notwendigen Informationen erhalten können. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, hohe Anforderungen an Vortrag zu den Anhaltspunkten, die die Annahme einer Unterbewertung von Bilanzposten oder der Unvollständigkeit der Anhangangaben rechtfertigen, zu stellen. Es genügt daher, wenn der Antragsteller konkrete Tatsachen benennt, die auf das Vorliegen eines der Tatbestände schließen lassen. Maßstab für die Beurteilung der Zulässigkeit eines solchen Schlusses ist nicht die Sichtweise des Antragstellers, sondern diejenige eines objektiven, verständigen Dritten (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 11).

 

Rn. 28

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Aus den genannten Gründen hat der Gesetzgeber bewusst eine eher unpräzise Formulierung gewählt und den Gerichten die Auslegung überlassen, da er davon ausging, dass die Gerichte keine zu weitgehenden Anforderungen an die darzulegenden konkreten Anhaltspunkte stellen würden (vgl. so bereits Frey, WPg 1966, S. 633 (634)).

 

Rn. 29

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Beispiele für vom Antragsteller darzulegende konkrete Tatsachen sind unbegründete Unterschiede zum vorangegangenen JA, die Auskunftsverweigerung zu berechtigten bilanzanalytischen Fragen in der HV, bilanzielle Unterschiede im Vergleich zu ähnlich strukturierten Gesellschaften bzw. eine Einschränkung oder Versagung des BV (vgl. für weitere Beispiele ADS (1997), § 258 AktG, Rn. 18; KK-AktG (2017), § 258, Rn. 38), nicht hingegen pauschale Angaben über vom Antragsteller vermutete Unregelmäßigkeiten. Da der Anlass für die Annahme eines der beiden Tatbestände des § 258 Abs. 1 Satz 1 AktG aus dem Antrag erkennbar sein muss (vgl. so MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 11), genügt es im Fall der Nr. 1 auch nicht, wenn nur eine Unterbewertung anzunehmen ist; vielmehr müssen die genannten konkreten Tatsachen die Annahme einer nicht unwesentlichen Unterbewertung bestimmter JA-Posten stützen (vgl. so auch ADS (1997), § 258 AktG, Rn. 20).

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