Rn. 54

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Unter einer Verbriefungsgesellschaft ist eine Zweckgesellschaft zu verstehen, die ausschließlich mit dem Ziel gegründet wird, aus der Bilanz des Initiators auszulagernde Finanzaktiva bzw. Forderungen aus LuL aufzunehmen. Die Zweckgesellschaft, welche zumeist von einem Kreditinstitut, jedoch auch von einer Versicherung sowie einem Investmentfonds als Investor mit entsprechender Verwaltungsübernahme gegründet wird, emittiert zu ihrer Refinanzierung Wertpapiere bzw. (nicht börsennotierte) Schuldtitel, welche durch die übertragenen Finanzaktiva gesichert sind. Die Finanzierung des Kaufs der Forderungen erfolgt durch den Verkaufserlös, der aus der Ausgabe der Wertpapiere oder Schuldtitel über die Zweckgesellschaft an die Investoren realisiert wird (vgl. Schruff/Rothenburger, WPg 2002, S. 755 (757)). Leistungen an die Kap.-Geber werden aus den Zahlungsströmen, welche der Zweckgesellschaft aus den Forderungen zufließen, getätigt. Aufgrund der Besicherung (backed) der Wertpapiere bzw. Schuldtitel (securities) durch die entsprechenden Forderungen (assets) wird i. d. S. auch von "asset-backed-securities"-Transaktionen (ABS-Transaktionen) gesprochen (vgl. Bieg/Kussmaul/Waschbusch (2023), S. 509ff.; Kümpel/Piel, DStR 2009, S. 1222 (1223)).

 

Rn. 55

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Die emittierten Titel werden nach der Risikoeinstufung in unterschiedliche Tranchen gegliedert. Zu unterscheiden sind die Senior-Tranche (geringe Ausfallwahrscheinlichkeit), die Mezzanine-Tranche (mittlere bis hohe Ausfallwahrscheinlichkeit) und die Equity-Tranche (hohe Ausfallwahrscheinlichkeit). Mit den aus den Forderungen eingehenden Zahlungen werden die jeweiligen Tranchen mit Beginn in der Senior-Tranche bedient. Zum Schluss werden die Titel aus der Equity-Tranche bedient, die somit sämtliche Verluste tragen muss. Deshalb wird die Equity-Tranche auch als sog. "first-loss"-Position bezeichnet, die meistens durch den Initiator selbst übernommen wird (vgl. Kümpel/Piel, DStR 2009, S. 1222 (1224)).

 

Rn. 56

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Mittels einer solchen Ausgliederung wird für den Initiator eine verbesserte Liquidität generiert, die z. B. zur Schuldentilgung verwendet werden kann, was zu einer positiveren Beurteilung der EK-Quote führt. Die Voraussetzung für die Ausbuchung besagter Finanzaktiva mit den beschriebenen Effekten auf Ebene des Initiators bildet die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf die Zweckgesellschaft. Als Indikatoren fungieren dabei die Möglichkeit der Zweckgesellschaft, die VG weiterveräußern oder verpfänden zu können. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob der Initiator nicht Risiken, wie insbesondere das Bonitätsrisiko, zurückbehält, was bei der Übernahme einer "first loss"-Garantie anzunehmen ist (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 246 HGB, Rn. 47f., 52).

 

Rn. 57

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

§ 290 Abs. 2 Nr. 4 verlangt eine detaillierte Analyse der Risiken- und Chancenverteilung bei Verbriefungsgesellschaften. Bei Übernahme des Verlustrisikos aus einer Equity-Tranche seitens des Initiators ist aufgrund der Abstellung auf die Risikosichtweise eine Konsolidierungspflicht gegeben. Jedoch steht der Übernahme einer "first loss"-Position im Regelfall der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums vom Initiator auf die Zweckgesellschaft entgegen. Da sich jedoch eine Beurteilung, wem die Mehrheit der wesentlichen Risiken und Chancen zusteht, als diffizil herausstellt, kommt es zu einer Ermessensentscheidung, welche für jeden Einzelfall separat zu prüfen ist (vgl. Zoeger/Möller, KoR 2009, S. 309 (314)).

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