a) Überblick über die Interpretationen in der Literatur

 

Rn. 14

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Die Formulierung des § 271 Abs. 1 Satz 1, die als Beteiligungen auszuweisenden Anteilsrechte müssten "dem eigenen Geschäftsbetrieb [...] dienen", wird in der Kommentarliteratur in gravierend unterschiedlicher Weise interpretiert, während hinsichtlich des Kriteriums der Dauerhaftigkeit ("Herstellung einer dauernden Verbindung") keine Divergenzen bestehen. Die vorzufindenden Interpretationen lassen sich in vier Gruppen einteilen (vgl. Lüders/Meyer-Kessel, DB 1991, S. 1585; überdies MünchKomm. HGB (2020), § 271, Rn. 10ff.; NWB HGB-Komm. (2022), § 271, Rn. 23ff.; zur Klassifikation nach früherem Recht Weber (1980), S. 11f.):

  • Die Autoren der ersten Gruppe – zu denen auch einer der Verf. dieser Kommentierung zählt (vgl. Bieg, DB 1985, Beilage Nr. 24 zu Heft 41, S. 1 (10)) – sehen es allein als ausreichend an, wenn bereits die Möglichkeit der Gewinnpartizipation besteht, "womit die dauernde, auf Einlage von Kapital beruhende Mitgliedschaft an einem anderen Unternehmen" (Lüders/Meyer-Kessel, DB 1991, S. 1585) zur Qualifizierung der Anteile als Beteiligung ausreicht (vgl. so auch HB-RP (1995), § 271 HGB, Rn. 11; Küting/Weber/Pilhofer, WPg 2003, S. 793 (795); kritisch BeckOGK-HGB (2020), § 271, Rn. 28).
  • Die Autoren der zweiten Gruppe gehen davon aus, dass mit einer Beteiligung mehr verfolgt wird als die "Absicht einer Kapitalanlage gegen angemessene Verzinsung" (Biener/Berneke (1986), S. 185); sie fordern deshalb die Erfüllung weiterer qualitativer Voraussetzungen (vgl. ADS (1997), § 271, Rn. 17ff.; ebenso Beck Bil-Komm. (2022), § 271 HGB, Rn. 18ff.; Haufe HGB-Komm. (2021), § 271, Rn. 15ff.; Bonner HGB-Komm. (2016), § 271, Rn. 24ff.).
  • Die der dritten Gruppe angehörenden Autoren sehen in der Möglichkeit der Einflussnahme auf das Beteiligungs-UN das entscheidende Merkmal für die Einstufung von Anteilen als Beteiligung (vgl. Bonner-HdR (2017), § 271 HGB, Rn. 26ff.; Beck-HdR, B 213 (2018), Rn. 250).
  • Die Autoren der vierten Gruppe gehen sogar davon aus, dass eine Beteiligung nach § 271 Abs. 1 Satz 1 nur dann vorliegen kann, wenn nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Absicht der aktiven Einflussnahme auf das Beteiligungs-UN besteht (vgl. Wöhe (1997), S. 293, 319). Bei dieser Interpretation rückt das subjektive Ermessen des Bilanzierenden in den Vordergrund (vgl. HdJ, Abt. II/4 (2022), Rn. 20ff.).

b) Gewinnpartizipation

 

Rn. 15

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Hier wird die Auffassung vertreten, dass es als Zwecksetzung für ein unter den Posten "Beteiligungen" auszuweisendes Anteilsrecht an einem anderen UN ausreichend ist, wenn eine Gewinnpartizipation angestrebt wird (vgl. ebenso HB-RP (1995), § 271 HGB, Rn. 11).

 

Rn. 16

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Wer Anteile an einem anderen UN hält, ist aufgrund der EK-Geberposition berechtigt, an Gewinnausschüttungen zu partizipieren. Bei der Diskussion des HGB-E 1983 wurde allg. bereits die Möglichkeit der Gewinnpartizipation als ausreichend für einen Beteiligungsausweis angesehen. Eine tatsächliche Gewinnausschüttung konnte schon deswegen nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer Beteiligung sein, weil in diesem Fall die Gewinnsituation der Gesellschaft bzw. die Entscheidung der für die Gewinnverwendung zuständigen Beschlussgremien über den Bilanzausweis bei den Anteilseignern entscheiden würde und so bei einer changierenden Erfolgssituation bzw. Gewinnverwendungsentscheidung eine wechselnde Postenzuordnung die Folge gewesen wäre. Schulze-Osterloh ((1981), S. 65) schlug deswegen vor, die Beteiligungsdefinition umzuformulieren in: dem "Geschäftsbetrieb [...] dienen sollen".

 

Rn. 17

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Die Vorstellung, die Möglichkeit oder sogar die Absicht der aktiven unternehmerischen Einflussnahme sei nach § 271 Abs. 1 Satz 1 Voraussetzung für das Vorliegen einer Beteiligung, da nur auf diese Weise die in § 271 Abs. 1 Satz 1 geforderte "Verbindung" mit dem anderen UN dem eigenen Geschäftsbetrieb "diene", wird durch die Intention des Gesetzgebers nicht gestützt. Diese Einschätzung wird vom Gesetzgeber selbst bestätigt, der in der Begründung zu dem mit § 271 korrespondierenden § 245 HGB-E 1983 entsprechend der Definition der 4. EG-R (78/660/EWG) – und auf diese (nahezu gleichlautend Art. 2 Nr. 2 der Bilanz-R 2013/34/EU (ABl. EU, L 182/19ff. vom 26.06.2013)) kommt es letztlich allein an – klarstellt, dass der "Anteilsbesitz zur Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenem Unternehmen dient; es muß danach nicht notwendig die Absicht bestehen, auf die Geschäftsführung des anderen Unternehmens Einfluß zu nehmen" (BR-Drs. 257/83, S. 81; Herv.d. d.Verf.). Biener (AG 1978, S. 251 (254)) stellt in einer ersten Kommentierung des Art. 17 der 4. EG-R fest, das "Bestehen einer besonderen Beteiligungsabsicht [werde, d.Verf.] nicht verlangt; insbesondere [müsse, d.Verf.] weder eine Einflußnahme auf das Beteiligungsunternehmen noch die Herbeiführung einer engen wirtschaftlichen Verbindung beabsichtigt" sein; und weiter: "Die bisherige Praxis [nach AktG 1965, d.Verf.] wird daher nicht beibeh...

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