Rn. 204

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Besteht zum BilSt bei einem VG des AV ein Wertminderungsbedarf (beizulegender Wert < Buchwert), ist eine außerplanmäßige Abschreibung zwingend durchzuführen, wenn die Wertminderung voraussichtlich dauernd ist (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 5). Allein für VG des Finanz-AV besteht bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung ein Abschreibungswahlrecht (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 6; HdR-E, HGB § 253, Rn. 4). Für alle übrigen VG besteht bei einer vorübergehenden Wertminderung ein Abschreibungsverbot. Insoweit löst die Prognose über die Dauerhaftigkeit der Wertminderung handelsrechtlich unterschiedliche Rechtsfolgen aus. Für das Kriterium "voraussichtlich dauernd" existiert aber keine gesetzliche Definition. Dieses Tatbestandsmerkmal ist damit auslegungsbedürftig.

 

Rn. 205

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Bei der Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Dauerhaftigkeit ist zunächst zwischen abnutzbaren und nicht abnutzbaren VG des AV zu unterscheiden. Für abnutzbare VG des AV gilt eine Wertminderung grds. dann als voraussichtlich dauernd, wenn zu erwarten ist, dass der beizulegende Wert den RBW (fortgeführte AHK) während eines erheblichen Teils der Rest-ND unterschreitet. Damit hat der Bilanzierende die künftige Wertentwicklung des zu bewertenden VG einzuschätzen. Nach h. M. gilt eine Wertminderung zum BilSt als voraussichtlich dauernd, wenn sie für mindestens die halbe Rest-ND bzw. die nächsten drei bis fünf Jahre (Obergrenze für langlebige VG, begründet mit dem Vorsichtsprinzip (vgl. IDW, FN-IDW 2007, S. 108 (109); IDW, FN-IDW 2008, S. 1 (12)) bestehen wird (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 317; Küting, DB 2005, S. 1121 (1126f.), m. w. N.; WP-HB (2019), Rn. F 183; kritisch zu dieser Entscheidungsregel Haufe HGB-Komm. (2019), § 253, Rn. 232ff., sowie NWB HGB-Komm. (2020), § 253, Rn. 204).

Eine "Überbewertung" abnutzbarer VG des AV wird damit im kurz- bis mittelfristigen Bereich handelsrechtlich akzeptiert. Die "Überbewertung" kommt in diesen Fällen durch den Verzicht auf außerplanmäßige Abschreibungen zustande, die damit begründet wird, dass bestimmte Wertminderungen im kurz- bis mittelfristigen Bereich als voraussichtlich nicht dauernd interpretiert werden. Diese Argumentation ist auch deshalb vertretbar, weil abnutzbare VG des AV planmäßig abgeschrieben werden. Durch die planmäßigen Abschreibungen wird der RBW der entsprechenden VG kontinuierlich reduziert. Bei unterlassener außerplanmäßiger Abschreibung wird im Extremfall ein in einer Periode ggf. entstandener "Fehler" automatisch bis zum Ende der ND durch die planmäßigen Abschreibungen korrigiert. Der VG wird auf Null bzw. einen verbleibenden Restwert abgeschrieben.

 

Rn. 206

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

 

Beispiel:

Für einen VG des Sach-AV, der zum 01.01.t1 zugegangen ist (AK: 160.000 EUR), wurde eine ND von acht Jahren geschätzt. Die Abschreibungsberechnung erfolgt nach der linearen Methode.

Der RBW des VG beträgt zum 31.12.t2 120.000 EUR. Dem VG ist zu diesem BilSt allerdings ein niedrigerer Wert i. H. v. 40.000 EUR beizulegen. Eine außerplanmäßige Abschreibung wäre vorzunehmen, wenn die Wertminderung voraussichtlich dauernd ist. Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt nach h. M. vor, wenn der beizulegende Wert für mindestens die halbe Rest-ND (50 %) niedriger ist als die RBW des zu bewertenden VG. Im vorgegebenen Sachverhalt ist diese Voraussetzung erfüllt. Der beizulegende Wert liegt in vier von sechs Jahren (67 %) unterhalb der jeweiligen RBW.

 
Periode Rest-ND Prüfung der Wertminderung auf Dauerhaftigkeit
    Planmäßige Abschreibung RBW   Beizulegender Wert
    (im GJ-Verlauf) (zum GJ-Ende)   (zum GJ-Ende)
    [EUR] [EUR]   [EUR]
01.01.t1 8 0 160.000   0
31.12.t1 7 20.000 140.000   0
31.12.t2 6 20.000 120.000 > 40.000
31.12.t3 5 20.000 100.000 > 40.000
31.12.t4 4 20.000 80.000 > 40.000
31.12.t5 3 20.000 60.000 > 40.000
31.12.t6 2 20.000 40.000 = 40.000
31.12.t7 1 20.000 20.000    
31.12.t8 0 20.000 0    

Übersicht: Prüfung der Wertminderung auf Dauerhaftigkeit

Die Wertminderung ist nach der zuvor beschriebenen Regel als "voraussichtlich dauernd" einzustufen, weshalb der RBW zum 31.12.t2 gemäß § 253 Abs. 3 Satz 5 um 80.000 EUR auf 40.000 EUR außerplanmäßig abzuschreiben ist. Steuerrechtlich besteht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ein Wahlrecht zum Ansatz des niedrigeren Teilwerts (Annahme: Der beizulegende Wert entspricht dem Teilwert).

 

Rn. 207

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Bei nicht abnutzbaren VG des AV existieren keine planmäßigen Abschreibungen, die den Buchwert reduzieren. Eine vorliegende Wertminderung ist daher grds. immer als dauernd anzunehmen, sofern eine Werterholung nicht absehbar ist. Somit werden zur Vermeidung von Überbewertungen strengere Maßstäbe an die Durchführung von außerplanmäßigen Abschreibungen gestellt, da sich kein Ausgleich durch planmäßige Abschreibungen einstellt (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 478). Es erfolgt eine stärkere Betonung des Vorsichtsprinzips (vgl. Küting, DB 2005, S. 1121 (1126)).

 

Rn. 208

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