Rn. 236

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG können im Steuerrecht geringwertige, einer selbständigen Nutzung fähige WG im Jahr der Anschaffung "in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Absatz 1), [...] für das einzelne Wirtschaftsgut 800 Euro nicht übersteigen." Für die Inanspruchnahme der Sofortabschreibung im Jahr des Zugangs ist nach § 6 Abs. 2 Satz 4f. EStG ferner Voraussetzung, dass die GWG "in einem besonderen, laufend zu führenden Verzeichnis aufgeführt sind. Das Verzeichnis braucht nicht geführt zu werden, wenn diese Angaben aus der Buchführung ersichtlich sind." Abweichend davon kann gemäß § 6 Abs. 2a Satz 1 EStG im Jahr "Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs ein Sammelposten gebildet werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Absatz 1), [...] für das einzelne Wirtschaftsgut 250 Euro, aber nicht 1.000 Euro übersteigen." "Der Sammelposten ist im Wirtschaftsjahr der Bildung und den folgenden vier Wirtschaftsjahren mit jeweils einem Fünftel gewinnmindernd aufzulösen. Scheidet ein Wirtschaftsgut im Sinne des Satzes 1 aus dem Betriebsvermögen aus, wird der Sammelposten nicht vermindert." (§ 6 Abs. 2a Satz 2f. EStG).

Die im Zugangsjahr voll abgeschriebenen GWG brauchen nicht in das besondere Verzeichnis aufgenommen zu werden, wenn deren um einen Vorsteuerbetrag verminderten Anschaffungswerte für das einzelne WG nicht mehr als 250 EUR betragen (sog. geringstwertige WG; vgl. § 6 Abs. 2a Satz 4 EStG). Das Bewertungswahlrecht für GWG ist grds. auf das WJ der Anschaffung beschränkt. Es besteht weder eine Nachholmöglichkeit noch das Wahlrecht, Zwischenwerte (wie bei der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert) zu bilden.

 

Rn. 237

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Im Handelsrecht findet sich in Bezug auf geringstwertige VG eine der steuerrechtlichen Ermittlung entsprechende langjährige kaufmännische Übung (vgl. nur NA 2/1966, WPg 1966, S. 328). Hieraus ist zunächst die Konsequenz zu ziehen, dass sich die Anschaffung geringstwertiger WG nicht im Anlagespiegel niederschlägt. Auch in Bezug auf geringwertige VG des AV kann die "jeweilige steuerliche Regelung [...] als richtungweisende Interpretation der kaufmännischen Übung gelten" (NA 2/1966, WPg 1966, S. 328). Demnach wurde die Sofortabschreibung von GWG als eine dem handelsrechtlichen Brauchtum entsprechende Vereinfachungsregelung in das Steuerrecht übernommen (vgl. mit a. A. Biener/Berneke (1986), S. 174). Hinsichtlich des Sammelpostens gilt dies jedoch nur insoweit, als es sich insgesamt um einen Posten von untergeordneter Bedeutung handelt (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 284 HGB, Rn. 259). Aber auch bei gegenteiliger Einschätzung folgt, dass GWG grds. Bestandteil des Anlagespiegels sind.

 

Rn. 238

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Bei Verzicht auf die Ausübung der Vereinfachungsregelung müssten GWG wie "normale" Ausweisposten des Anlagespiegels behandelt werden: Zugang zu AHK, Abschreibung über die wirtschaftliche ND, Abgang am Ende der wirtschaftlichen Nutzung. Wird ein Sammelposten gebildet, ist ebenso zu verfahren, jedoch ist der Abgang am Ende des vierten GJ nach Bildung, also dem GJ der Vollabschreibung, zu zeigen. Bei Anwendung der Vereinfachungsregel stellt sich hingegen im Anlagespiegel die Frage, ob es zulässig oder gar geboten ist, aus der Tatsache der Vollabschreibung eine Abgangsfiktion abzuleiten. Wird diese Frage vollständig verneint, dann wären bei konsequenter Anwendung der direkten Bruttomethode die ursprünglichen AHK und die kumulierten Abschreibungen im Anlagespiegel während der gesamten ND zu zeigen. Erst am Ende der wirtschaftlichen ND wäre ein Abgang der betreffenden VG vorzunehmen, indem die historischen AHK und die kumulierten Abschreibungen aus dem Anlagengitter eliminiert werden. Deshalb muss jedes GWG auf sein tatsächliches Vorhandensein überwacht werden (vgl. Niehus (1982), S. 277).

 

Rn. 239

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Nach h. M. widerspricht der mit dem Verzicht auf eine Abgangsfiktion verbundene Verwaltungsmehraufwand (Notwendigkeit einer eigenständigen Nebenbuchhaltung; Erfordernis zusätzlicher Kontroll- und Dokumentationsaktivitäten) dem Sinn und Zweck der handels- und steuerrechtlich zulässigen Vereinfachungsregelung. Deshalb sind alternative Ausweistechniken auf ihre Zweckmäßigkeit und Zulässigkeit hin zu diskutieren (vgl. auch ADS (1997), § 268, Rn. 77; Küting/Haeger/Zündorf, BB 1985, S. 1948 (1954f.); Beck Bil-Komm. (2020), § 284 HGB, Rn. 283f.):

(1) Der Ausweis der GWG, die nicht als Sammelposten erfasst werden, erfolgt analog dem der geringstwertigen WG. Sie erscheinen zu keinem Zeitpunkt im Anlagengitter. Diese Vorgehensweise steht im Widerspruch zum Grundsatz der Aktivierungspflicht von VG. Sie wird nur dann für zulässig gehalten, wenn die GWG in ihrer Gesamtheit von nachrangiger Bedeutung ...

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