Rn. 17

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Weder das Unionsrecht noch das deutsche Recht enthalten eine Norm, die das Verhältnis der beiden Rechtsordnungen zueinander im Kollisionsfall ausdrücklich regelt. Aufgrund der höchstrichterlichen Rspr. – sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland – ist aber mittlerweile anerkannt, dass dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht Anwendungsvorrang vor nationalen Regelungen einzuräumen ist. Diese unmittelbare Anwendbarkeit der AP-VO auf die AP von PIE ist hier gegeben, da es (auch) bei jener VO keines weiteren Transformationsaktes der Mitgliedstaaten bedarf. Der neue § 316a Satz 1 hat somit in Deutschland einen rein deklaratorischen Charakter.

 

Rn. 18

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Grds. sind JA und Lagebericht von KapG, die nicht "klein" i. S. d. § 267 Abs. 1 sind, durch einen AP zu prüfen (vgl. § 316 Abs. 1). Die Prüfung hat dabei entsprechend den Vorgaben der §§ 317 bis 324a zu erfolgen.

 

Rn. 19

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die neue Definitionsnorm ergänzt die bestehenden Vorschriften dahingehend, dass auf die gesetzliche AP von PIE die Vorschriften der §§ 316 bis § 324a nur insoweit anzuwenden sind, als nicht die AP-VO einschlägig ist. Dies betrifft nach Verabschiedung des FISG unver­ändert insbesondere folgende Regelungsbereiche:

  • § 318: Bestellung und Abberufung des AP (geändert durch Art. 16f. der AP-VO);
  • § 321: Prüfungsbericht (geändert durch Art. 11 der AP-VO);
  • § 322: BV (geändert durch Art. 10 der AP-VO).

Die durch die AP-VO bedingten Novellierungen haben u. a. die gesetzliche Einführung einer externen AP-Rotation sowie eine Änderung der Berichterstattung des AP im BV und Prüfungsbericht zum Ziel gehabt. Letzteres hat zu einer umfangreichen Überarbeitung der vonseiten des IDW verlautbarten deutschen GoA geführt, hier konkret:

  • IDW PS 400 (2021): Bildung eines Prüfungsurteils und Erteilung eines BV;
  • IDW PS 401 (2021): Mitteilung besonders wichtiger Prüfungssachverhalte im BV;
  • IDW PS 405 (2021): Modifizierungen des Prüfungsurteils im BV;
  • IDW PS 406 (2021): Hinweise im BV;
  • IDW PS 450 (2017): Grundsätze ordnungsmäßiger Erstellung von Prüfungsberichten.
 

Rn. 20

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Unverändert hingegen geblieben ist – zumindest bis dato – der Gegenstand der AP sowie deren Umfang (vgl. § 317). Die EU-KOM hat jedoch nach Art. 9 der AP-VO die Befugnis, im Wege delegierter Rechtsakte die Internationalen Prüfungsstandards (ISA), die vom Internationalen Wirtschaftsprüferverband (IFAC) über das International Auditing and Assurance Board (IAASB) herausgegeben werden, zum Zwecke ihrer Anwendung innerhalb der Union anzunehmen und damit verpflichtend zu machen (vgl. dazu § 317 Abs. 5). Allerdings darf die EU-KOM diese internationalen Prüfungsstandards zur verpflichtenden Anwendung in der Gemeinschaft nur dann "annehmen", wenn diese

  1. in einem einwandfreien Verfahren mit angemessener öffentlicher Aufsicht und Transparenz erstellt wurden und international allg. anerkannt sind (due process),
  2. beim JA und/oder KA zu einem hohen Maß an Glaubwürdigkeit und Qualität beitragen und
  3. dem europäischen Gemeinwohl dienen (vgl. Art. 26 Abs. 3 der AP-R).
 

Rn. 21

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Derzeit ist noch unklar, wann mit einer Übernahme der ISA in europäisches Recht zu rechnen ist. Es bleibt abzuwarten, ob die neuen Regelungen, die i. R.d. R-Entwurfs zur CSR-­Berichterstattung von der EU-KOM vorgestellt wurden und künftig – neben der RL – auch einer Prüfungspflicht unterliegen sollen (vgl. hier zu etwa Christ/Kocian/Stappert, KoR 2021, S. 379ff.), hier zu neuen Entwicklungen führen werden. In jedem Fall darf bezweifelt werden, dass die Diskrepanz zwischen einer europaweiten prüfungspflichtigen Berichterstattung einerseits und nationalen Prüfungsgrundsätzen andererseits (noch) lange aufrechterhalten wird.

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