Leitsatz (amtlich)

Zeigt ein Verfahrensbevollmächtigter die Vertretung einer Betreuerin an und reicht sodann "im Namen und im Auftrag des Betroffenen" einen Antrag (hier: auf Entlassung eines weiteren Betreuers mit zusätzlichen Aufgabenkreis) und gegen dessen Ablehnung Beschwerde ein, darf das Rechtsmittel nicht allein wegen insoweit fehlender Beschwerdebefugnis der Betreuerin verworfen werden. Das LG hat vielmehr ggf. die Frage einer wirksamen Vertretungsbefugnis des Verfahrensbevollmächtigten für den Betroffenen von Amts wegen aufzuklären, insb. durch Aufgeben einer Vollmachtvorlage.

 

Normenkette

FGG §§ 13, 69g

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 02.09.2004; Aktenzeichen 42 T 1285/04)

AG Kempten (Beschluss vom 31.03.2004; Aktenzeichen XVII 46/92)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 2.9.2004 wird aufgehoben.

II. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AG Kempten (Allgäu) - Zweigstelle Sonthofen - vom 31.3.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Für die Betroffene wurde bereits 1982 Gebrechlichkeitspflegschaft angeordnet, die kraft Gesetzes in eine Betreuung überführt wurde. Zuletzt waren für die Betroffene zwei Betreuer mit umfangreichen Aufgabenkreisen bestellt. Die Betroffene war über Jahre hinweg mittellos und erhielt Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz, ab 1.11.2000 im Hinblick auf eine im Rahmen einer Erbauseinandersetzung aus dem Nachlass ihrer Mutter zu erwartende Zahlung als Darlehen. Nach durchgeführter Erbauseinandersetzung wurden der Betroffenen im April und Mai 2003 insgesamt 40.647,46 EUR ausbezahlt. Am 4.6.2003 starb die Betreute, testamentarischer Erbe ist der Beteiligte zu 1). Der Nachlass bestand im Zeitpunkt des Erbfalls im Wesentlichen aus dem aus der Auseinandersetzung herrührenden Bankguthaben i.H.v. ca. 38.000 EUR und einer Versicherungsleistung i.H.v. ca. 5.100 EUR. Der Sozialhilfeträger hat mit Bescheid vom 20.1.2004 gegen den Erben Ansprüche auf Kostenersatz für 76.063,74 EUR geleistete Sozialhilfe geltend gemacht, diese Ansprüche aber noch nicht im Einzelnen beziffert. Am gleichen Tag hat der Erbe zugunsten des Sozialhilfeträgers eine Abtretungserklärung über drei Kontoguthaben unterzeichnet.

Mit Beschl. v. 31.3.2004 setzte das AG gegen den Beteiligten zu 1) eine Regressforderung von 9.562,60 EUR wegen aus der Staatskasse seit 1.10.1999 verauslagter Betreuungskosten fest. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) hob das LG mit Beschl. v. 2.9.2004 die Entscheidung des AG auf und ließ die sofortige weitere Beschwerde zu. Am 13.9.2004 legte der Beteiligte zu 2) (Staatskasse) sofortige weitere Beschwerde ein mit dem Ziel, die Entscheidung des AG wieder herzustellen.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. § 56g Abs. 5 S. 2, § 69e Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 2 FGG statthaft, auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Für den Regressanspruch der Staatskasse nach § 1836e Abs. 1 S. 1 BGB hafte der Erbe der Betroffenen gem. § 1836e Abs. 1 S. 3, § 1908i Abs. 1 S. 1 BGB nur mit dem Wert des zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses unter entsprechender Anwendung der Haftungsbegrenzung des § 92c Abs. 3 und 4 BSHG. Bei der Ermittlung des Nachlasswertes sei von den Grundsätzen auszugehen, die zu den gleichlautend formulierten § 92c Abs. 2 S. 2 BSHG und § 2311 BGB entwickelt worden seien. Vom Aktivvermögen seien daher die Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen, zu denen auch der Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers für die vor dem Erbfall entstandenen Aufwendungen gehöre. Hierbei handele es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die grundsätzlich Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten habe. Der Regressanspruch des Sozialhilfeträgers sei bei der Berechnung des Nachlasswertes im Rahmen der Festsetzung des Regressanspruchs der Staatskasse nach § 1836e Abs. 1 S. 3 BGB als wertmindernd zu berücksichtigen, da er durch den Bescheid vom 20.1.2004 dem Grunde nach bis zur Höhe von maximal 76.063,74 EUR geregelt sei; eine Geltendmachung durch Leistungsbescheid sei nicht erforderlich.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Soweit die Staatskasse den Betreuer befriedigt, gehen gem. § 1836e Abs. 1 S. 1, § 1908i Abs. 1 S. 1 BGB dessen Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Vergütung gegen den Betroffenen auf die Staatskasse über. Dabei geht das Gesetz davon aus, dass derartige Ansprüche des Betreuers gem. § 1908i Abs. 1 S. 1, §§ 1835, 1836 BGB auch gegen einen mittellosen Betroffenen bestehen. Die Mittellosigkeit ist nur Voraussetzung zusätzlicher eigenständiger Ansprüche des Betreuers gegen die Staatskasse (§ 1836a BGB; BayObLGZ 2000, 201). Deren Befriedigung durch die Staatskasse führt gem. § 1836e Abs. 1 S. 1 BGB zum Übergang der korrespondierenden Ansprüche des Betreuers gegen den Betreuten, jedoch höchstens in Höhe der Leistungen der Staatskasse. Soweit der Betreute mittellos ist (§§ 1836c, 1836d BGB), ist er aber weiterhin im Grundsatz gegen einen Rückgriff der Staatskass...

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