Leitsatz (amtlich)
1. Der Ausschluss von Minderheitsaktionären nach §§ 327a ff. AktG und die dazu ergangenen Verfahrensregelungen sind mit Art. 14 GG vereinbar.
2. Ist der Hauptaktionär eine juristische Person, so ist der Übertragungsbericht nach § 327c Abs. 2 AktG von Mitgliedern des Vorstands oder der Geschäftsführung in vertretungsberechtigter Zahl zu unterzeichnen.
3. In § 327c Abs. 3 AktG sind die auszulegenden Unterlagen abschließend aufgeführt, so dass Konzernabschluss nebst Lagebericht nicht ausgelegt zu werden brauchen.
4. Eine Parallelprüfung spricht nicht gegen eine unabhängige (Über-)Prüfung der Angemessenheit der angebotenen Barabfindung i.S.d. § 327c Abs. 2 AktG.
5. Berücksichtigt der im Gewinnabführungsvertrag vorgesehene Ausgleich den Dividendenvorzug des Vorzugsaktionärs und nimmt dieser den Ausgleich an, so kann sein wirksam ausgeschlossenes Stimmrecht nicht nach § 140 Abs. 2 AktG wieder aufleben.
6. Durch den Übertragungsbeschluss nach § 327a AktG wird der in der Satzung festgelegte Vorzug nicht unmittelbar beeinträchtigt, so dass er nicht eines zustimmenden Sonderbeschlusses der Vorzugsaktionäre nach § 141 AktG bedarf.
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 12 O 122/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Klägerinnen werden auf ihre Kosten zurückgewiesen. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten fallen den Nebenintervenienten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Sicherheit kann durch Bürgschaft eines der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts geleistet werden.
Gründe
A. Die Beklagte ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft, die Kommunikationsnetze herstellt und vertreibt. Ihr Grundkapital von 20,8 Mio. Euro besteht je zur Hälfte aus Stammaktien und stimmrechtslosen Vorzugsaktien, die mehrheitlich (99,3 % des Grundkapitals) von der im Jahre 2000 gegründeten Hauptaktionärin der Beklagten, der E.V.-GmbH mit Sitz in Neuss, gehalten werden. Diese ist eine 100 %-ige Tochter der ... G.H. GmbH (Muttergesellschaft: ... C., M./...). Die restlichen 72.832 Vorzugsaktien befinden sich derzeit noch in Streubesitz. Die Klägerin zu 1) hält mindestens 40 dieser Vorzugsaktien, die Klägerin zu 3) 50 und die Klägerin zu 2) 1.300 Vorzugsaktien.
Die Satzung der Beklagten sieht in § 5 Abs. 5 vor, dass die Vorzugsaktien vorbehaltlich zwingender gesetzlicher Vorschriften kein Stimmrecht haben. § 6 trifft zur Gewinnberechtigung folgende Regelung:
"... 2. Der an die Aktionäre zu verteilende Bilanzgewinn wird in nachstehender Reihenfolge verwandt: a) Zunächst sind die für die Vorzugsaktionäre bestimmten Vorzugsgewinnanteile von 0,08 Euro je Vorzugsaktie zu zahlen. Reicht der Gewinn zur Zahlung des Vorzugsgewinnanteils - nicht aus, so ist der Rückstand ohne Zinsen aus dem Gewinn der folgenden Geschäftsjahre in der Weise nachzuzahlen, dass die älteren Rückstände vor den jüngeren zu tilgen sind ... b) Sodann sind die für die Stammaktionäre bestimmten Gewinnanteile von bis zu 0,04 Euro je Stammaktie zu zahlen. c) Der restliche Gewinn ist zur Zahlung eines zusätzlichen Gewinnanteils an die Vorzugs- und Stammaktionäre zu verwenden und in jeweils gleicher Höhe auf sämtliche Aktien zu verteilen ..."
Unter dem 25.7.2000 schloss die Beklagte als abhängige Gesellschaft mit ihrer Hauptaktionärin E.V.-GmbH als herrschender Gesellschaft einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der am 6.10.2000 in das Handelsregister eingetragen wurde. Durch diesen Vertrag verpflichtete sich die Hauptaktionärin, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs der Beklagten dessen Aktien gegen eine Barabfindung i.H.v. 19 Euro zu erwerben (§ 5 des Vertrages). Des Weiteren garantierte sie den außenstehenden Aktionären der Beklagten als angemessenen Ausgleich für die Dauer des Vertrages einen Gewinnanteil (Bardividende) von mindestens 0,99 Euro je nennwertloser Vorzugsaktie und 0,95 Euro je nennwertloser Stammaktie jeweils für das Geschäftsjahr 2000 sowie von mindestens 1,07 Euro je nennwertloser Vorzugsaktie und 1,03 Euro je nennwertloser Stammaktie jeweils für das Geschäftsjahr 2001 und jedes darauf folgende Geschäftsjahr (§ 4 des Vertrages). Wegen der Angemessenheit dieser Festsetzungen ist vor dem LG Düsseldorf ein Spruchstellenverfahren anhängig - Aktenzeichen: ....
Nachdem die Hauptaktionärin sämtliche Stammaktien und nahezu alle Vorzugsaktien der Beklagten hielt, trat sie am 8.5.2003 an den Vorstand der Beklagten mit dem Verlangen heran, dass deren Hauptversammlung die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf sie gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließe. Auf Antrag der Hauptaktionärin v. 3.6.2003 wählte das LG Düsseldorf die von der Hauptaktionä...