Verfahrensgang
AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 60 VI 3795/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Spandau vom 8. April 2019 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 17.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
l. Die verwitwete und kinderlose Erblasserin hat mit ihrem am 22. September 1982 vorverstorbenen Ehemann am 20. August 1977 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem es heißt:
"Ich, ... geb. am ... in Berlin und meine Ehefrau ... geboren am ... in Berlin setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein. Nach dem Ableben des letzten Ehepartners sind alleinige Erben unseres gesamten Besitzes:
a) ... geb. am ... zu 2/3
b) ... geb. am ... zu 1/3"
Die Erblasserin hat am 27. April 2008 eine weitere Verfügung von Todes wegen errichtet, in der es heißt:
"Mein letzter Wille,
Ich, ... geb. ... verfüge, dass nach meinem Ableben, Frau ... geboren ... wohnhaft ... meine Beerdigung übernimmt und meinen Hausstand auflöst, in Berlin den 27. April 2008".
Die Miterbin ... war die Schwester der Erblasserin und ist am 10. Juli 2005 vorverstorben. Sie hatte keine Abkömmlinge. Als ihre testamentarische Alleinerbin hatte diese die Erblasserin eingesetzt. Die Beteiligte zu 2) ist die Cousine der Erblasserin und ihrer Schwester und - soweit ersichtlich - einzige gesetzliche Erbin. Der Beteiligte zu 1) ist das Patenkind des vorverstorbenen Ehemannes und war mit diesem bzw. der Erblasserin jedoch nicht verwandt.
Der Beteiligte zu 1) hat mit Erbscheinsverhandlung vom 12. Februar 2019 beantragt, ihm einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben der Erblasserin ausweist. Die Beteiligte zu 2) ist dem entgegengetreten.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 8. April 2019 das Vorliegen der zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen als festgestellt erachtet. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2) mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dass sie Erbin jedenfalls mit einer Quote von 2/3 geworden sei. Entgegen der Ansicht des Nachlassgerichts sei eine Anwachsung der Erbquote zu Gunsten des Beteiligten zu 1) infolge des Vorversterbens der Schwester der Erblasserin nicht eingetreten. Vielmehr sei das gemeinschaftliche Testament dahin auszugehen, dass sie, die Beteiligte zu 2), für den Fall des Vorversterbens der Schwester der Erblasserin an deren Stelle treten sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründungen vom 10. Mai 2019 und 1. Juli 2019 sowie auf den Schriftsatz vom 16. September 2019 Bezug genommen. Der Beteiligte zu 1) hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.
Il. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Nachlassgericht hat mit Recht festgestellt, dass die förmlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für die Erteilung des vom Beteiligten zu 1) beantragten Erbscheins, der ihn als Alleinerben der Erblasserin ausweist, vorliegen. Denn der Beteiligte zu 1) ist auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments vom 20. August 1977 Alleinerbe geworden. Die Wirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments begegnet keinen Bedenken. Dieses ist nicht nachträglich ganz oder teilweise durch das von der Erblasserin errichtete Testament vom 27. April 2008 geändert worden. Gemäß § 2258 Abs. 1 BGB wird durch die Errichtung eines Testaments ein früheres Testament insoweit aufgehoben, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht. Das ist nicht der Fall. Nach § 2087 BGB ist eine Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, wenn der Erblasser dem Bedachten sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens zuwendet, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist. Entscheidende Relevanz für die Annahme einer Erbeinsetzung ist dem Willen des Erblassers beizumessen, den Bedachten als Gesamtrechtsnachfolger einzusetzen. Die Erblasserin hat der Beteiligten zu 2) jedoch kein Vermögen oder einen Bruchteil davon übertragen, sondern darin lediglich bestimmt, dass nach ihrem Ableben diese ihre Beerdigung übernehmen und den Hausstand auflösen soll.
Mit einer solchen Anordnung ist eine Einsetzung als Erbin nicht verbunden (vgl. BayObLG, Beschluss vom 26. April 2002 - 1Z BR 34/01 -, NJW-RR 2002, 1302; Krafka in: Kroiß/Ann/Mayer, BGB, 5. Aufl. 2018, § 2087 RdNr. 11). Das Argument der Beteiligten zu 2), die Erblasserin habe dafür keine Veranlassung gesehen, weil sie möglicherweise das bereits über 30 Jahre zuvor errichtete Testament vergessen haben könnte und daher vom Eintritt der gesetzlichen Erbfolge mit der Beteiligten zu 2) als alleinigen Erbin ausgegangen sei, verfängt nicht. Abgesehen davon, dass für diese Annahme kein konkreter Anhaltspunkt besteht und sie rein spekulativ ist, wäre dann die von der Erblasserin getroffene Anordnung zur Regelung ihrer Bestattung und der Auflösung des Hausstandes nicht plausibel. Denn für den Fall, dass die Erblasserin (irrtümlich) davon...