Entscheidungsstichwort (Thema)
Mängelbeseitigungskosten. Kostengünstigere Maßnahme zur Mängelbeseitigung
Leitsatz (amtlich)
Erweist sich eine Klage auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten nicht im geltend gemachten Umfang als begründet, weil das Gericht eine kostengünstigere Maßnahme für ausreichend hält, hat es im Rahmen der Beweisaufnahme zur Höhe dieser geringeren Kosten Feststellungen zu treffen.
Normenkette
BGB a.F. § 635
Verfahrensgang
OLG Köln (Urteil vom 04.02.2004; Aktenzeichen 11 U 213/00) |
LG Köln |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Schlussurteil des 11. Zivilsenats des OLG Köln v. 4.2.2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger macht einen Schadensersatz-, hilfsweise einen Minderungsanspruch mit der Behauptung geltend, die Beklagte habe in zwei Lagerhallen des Klägers mangelhafte Gussasphaltböden eingebracht.
Der Kläger beauftragte die Beklagte im März 1993, in beiden Hallen (als Hallen 12 und 14 bezeichnet) "Hartgussasphalt für Gabelstaplerverkehr ..., 30 mm stark" zu verlegen. Die VOB/B war vereinbart. Die Arbeiten wurden ausgeführt und die Hallen ab 26.3.1993 genutzt. Im April und im Herbst 1993 rügte der Kläger ggü. der Beklagten schriftlich, dass in den Hallen Risse in den Böden aufgetreten seien. Am 25.11.1993 fand ein Ortstermin statt, an dem auf Veranlassung der Beklagten auch Vertreter der Herstellerfirma des Gussasphalts teilnahmen. Mit Schreiben v. 27.5. und 8.7.1994 mahnte der Kläger die Mängelbeseitigung an und setzte ergebnislos eine Frist bis zum 31.7.1994. Nach einer erneuten Rüge im November 1995 berief sich die Beklagte auf Verjährung. Im Januar 1996 und September 1997 leitete der Kläger zwei selbständige Beweisverfahren ein.
Der Kläger hat am 4.2.2000 Klage erhoben und neben den Rissen - soweit in der Revision von Interesse - auch gerügt, die vereinbarte Asphaltstärke von 30 mm sei nicht eingehalten worden. Er hat Gewährleistungsansprüche nicht nur für die Hallen 12 und 14, sondern auch für eine dritte Halle, die Halle 16, geltend gemacht. Er hat Rückzahlung des an die Beklagte für die drei Hallen gezahlten Werklohns und einen Teil der Kosten für das Beseitigen der Böden, insgesamt 236.215 DM, verlangt. Das LG hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger Rückzahlung von Werklohn für die Hallen 12 und 14 noch i.H.v. 72.485,97 DM und für die Halle 16i.H.v. 39.382,27 DM verlangt sowie 101.960,33 DM für das Entfernen der Böden. Ferner hat er begehrt festzustellen, dass die Beklagte für alle weiteren Schäden in den drei Hallen ersatzpflichtig sei. Das Berufungsgericht hat durch rechtskräftiges Teilurteil die Berufung hinsichtlich der Halle 16 zurückgewiesen. Hinsichtlich Halle 14 hat der Kläger den Feststellungsantrag zurückgenommen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht durch Schlussurteil die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das für die Beurteilung maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).
I.
Das Berufungsgericht führt aus, Gewährleistungsansprüche des Klägers wegen der Risse in den Hallenböden seien nicht verjährt. Die Verjährung sei durch die Prüfung des Mangels durch die Beklagte und die Einleitung der selbständigen Beweisverfahren rechtzeitig gehemmt und unterbrochen worden. Die Kosten für das Herausreißen der Böden könne der Kläger jedoch nicht verlangen. Denn zur Mängelbeseitigung sei das Herausreißen der Böden nicht erforderlich. Ausreichend sei Verfüllen und Verpressen mit einer Fugenmasse. Die dafür anfallenden Kosten habe der Kläger nicht geltend gemacht, sie seien nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
Die geschuldete Asphaltstärke von 30 mm sei zwar in der Halle 14 teilweise unterschritten worden. In diesem Bereich reiße der Belag nach dem Sachverständigengutachten schneller. Auch insoweit sei jedoch als Mängelbeseitigungsmaßnahme das Verpressen der Risse ausreichend und dauerhaft.
Der Feststellungsantrag hinsichtlich Halle 12 sei unbegründet und auch unzulässig. Der Kläger habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung nicht dargelegt. Er habe nicht ausreichend vorgetragen, warum es ihm bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht möglich gewesen sei, den Sanierungsaufwand zu beziffern.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung weitgehend nicht stand.
1. Das Berufungsgericht bejaht zu Recht dem Grunde nach einen durchsetzbaren Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der in den Böden der Hallen 12 und 14 unstreitig aufgetretenen Risse. Rechtsfehlerhaft spricht es ihm jedoch keinen Schadensersatz zu.
a) Die Kosten für das Verfüllen und Verpressen der Risse sind Gegenstand des Rechtsstreits.
Nach dem Vortrag des Klägers ist eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung nur dadurch möglich, dass die mangelhaften Böden entfernt und durch neue ersetzt werden. Er verlangt daher als Schadensersatz die Kosten für das Entfernen der Böden, also Mängelbeseitigungskosten. Gegenstand des Rechtsstreits sind damit die Kosten, die für eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung erforderlich sind. Das gilt unabhängig davon, ob die Beweisaufnahme den Vortrag des Klägers bestätigt oder ob davon auszugehen ist, dass einzelne einfachere und kostengünstigere Sanierungsmaßnahmen ausreichen. Auch die insoweit anfallenden Kosten sind Mängelbeseitigungskosten. Sie unterscheiden sich lediglich der Höhe nach von den Kosten der Vollsanierung.
b) Der Kläger war nicht verpflichtet, zur Höhe der durch das Verfüllen und Verpressen der Risse entstehenden Mängelbeseitigungskosten vorzutragen. Er begehrt die Vollsanierung der Böden und hat den ihm entstandenen Schaden einschließlich der Kosten für das Entfernen der alten Böden dargelegt. Erweist sich seine Klage nicht in diesem Umfang als begründet, weil die Mängelbeseitigungskosten niedriger anzusetzen sind, hat das Gericht hierzu im Rahmen der Beweisaufnahme Feststellungen zu treffen.
2. Unzutreffend ist die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger könne seinen Schadensersatzanspruch nicht auch darauf stützen, dass die eingebrachte Gussasphaltschicht teilweise dünner als 30 mm ist.
a) Das Werk der Beklagten ist wegen dieses Umstands mangelhaft.
aa) Die Beklagte schuldet nach dem Vertrag eine Gussasphaltschicht mit einer Stärke von durchweg 30 mm. Von dieser vertraglich vereinbarten Beschaffenheit weicht ihr Werk ab. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Sachverständigengutachten ist die Schichtstärke uneinheitlich. Sie erreicht in Halle 14 nicht und in Halle 12 nur teilweise die geschuldeten 30 mm.
bb) Durch diese vertragswidrige Ausführung ist der nach dem Vertrag vorausgesetzte Gebrauch gemindert. Wie den auf Grund der Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, entstehen in den Bereichen zu geringer und unterschiedlicher Schichtstärken Spannungen und reißt deshalb die Gussasphaltschicht schneller.
b) Dieser in der zu geringen Schichtstärke als solcher liegende Mangel kann nicht dadurch in vertragsgemäßer Weise behoben werden, dass die bereits entstandenen Risse mit Fugenmasse verfüllt und verpresst werden, mögen auch die Risse selbst auf diese Weise ausreichend und dauerhaft beseitigt werden können. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Spannungsrisse entstehen.
c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der auf diesen Mangel gestützte Schadensersatzanspruch nicht verjährt. Denn der Mangel, der durch die Risse in Erscheinung tritt, war Gegenstand der vorprozessualen Verhandlungen der Parteien und der selbständigen Beweisverfahren.
aa) Der Kläger hatte zunächst nur gerügt, dass die Hallenböden Risse aufweisen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der sich aus diesem Mangel ergebende Schadensersatzanspruch sei wegen Hemmung und Unterbrechung nicht verjährt, trifft zu.
bb) Bei den gerügten Rissen handelt es sich nicht nur um einen Mangel, sondern gleichzeitig um Symptome eines anderen Mangels. Sie sind zumindest auch darauf zurückzuführen, dass die vereinbarte Schichtdicke von 30 mm nur teilweise erreicht wird und so im Boden Spannungen entstehen.
Der Auftraggeber, der Mängelansprüche verfolgt, ist nicht gehalten, zu den Ursachen der festgestellten Mangelerscheinungen vorzutragen. Er genügt seiner Darlegungslast mit der hinreichend genauen Bezeichnung der Mangelerscheinungen, die er der fehlerhaften Leistung des Auftragnehmers zuordnet. Dadurch werden die Mängel selbst Gegenstand des Vortrags (BGH, Urt. v. 8.5.2003 - VII ZR 407/01, MDR 2003, 984 = BGHReport 2003, 859 = BauR 2003, 1247 = NZBau 2003, 501 = ZfBR 2003, 559; st.Rspr.). Entsprechend beschränkt sich die Hemmung der Verjährung nach § 639 Abs. 2 BGB nicht auf die Mangelerscheinungen, die der Auftragnehmer prüft oder zu beseitigen versucht, sondern erstreckt sich auf den zu Grunde liegenden Mangel, der für die Mangelerscheinungen ursächlich geworden ist (BGH, Urt. v. 20.4.1989 - VII ZR 334/87, MDR 1989, 986 = BauR 1989, 603 = ZfBR 1989, 202; v. 18.1.1990 - VII ZR 260/88, BGHZ 110, 99 = MDR 1990, 615).
d) Das Berufungsgericht wird dem unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers, der Mangel könne nur durch ein vollständiges Beseitigen der alten Böden behoben werden, das Aufbringen einer zusätzlichen Schicht sei nicht ausreichend, nachzugehen haben.
3. Unzutreffend ist ferner die Ansicht des Berufungsgerichts, der Feststellungsantrag bezüglich der Halle 12 sei unzulässig.
Der Kläger hat bezüglich der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht sanierten Halle 12 die Kosten für das Herausreißen des Bodens anhand einer Rechnung v. 17.4.1997 über die Sanierung der Halle 16 berechnet. Er hat zu dem mit der Berufungsbegründung v. 6.3.2001 gestellten Feststellungsantrag ausgeführt, mit diesem werde dem Umstand Rechnung getragen, dass er nicht sicher sein könne, nur den Quadratmeterpreis der Halle 16 für die Halle 12 aufwenden zu müssen. Damit hat er das Feststellungsinteresse hinreichend dargelegt. Die durch das Herausreißen des Bodens tatsächlich anfallenden Kosten standen auch bei Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht fest. Im Übrigen übersieht das Berufungsgericht, dass der Kläger regelmäßig nicht verpflichtet ist, während des Prozesses von der Feststellungs- zur Leistungsklage überzugehen (BGH, Urt. v. 4.6.1996 - VI ZR 123/95, MDR 1996, 959 = NJW 1996, 2725 [2726]; v. 4.11.1998 - VIII ZR 248/97, MDR 1999, 240 = NJW 1999, 639 [640], m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1412925 |
BGHR 2005, 1523 |
BauR 2005, 1626 |
EBE/BGH 2005, 301 |
NJW-RR 2005, 1474 |
IBR 2005, 528 |
JurBüro 2006, 49 |
WM 2005, 2291 |
AnwBl 2005, 148 |
MDR 2005, 1403 |
BTR 2005, 257 |
BrBp 2005, 505 |
NJW-Spezial 2005, 550 |
NZBau 2005, 638 |
BauRB 2005, 328 |