Gesetzestext

 

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

A. Normgegenstand.

 

Rn 1

Die Bestimmung verleiht einem außenstehenden Dritten das Recht, sich im eigenen Interesse an einem fremden Rechtsstreit zum Zwecke der Unterstützung einer Partei (Hauptpartei) zu beteiligen. Mit dem Instrument der Nebenintervention wird dem Dritten (Nebenintervenient, Streithelfer) rechtliches Gehör (Art 103 I GG) gewährt. Infolge der Interventionswirkung des § 68 werden in voneinander abhängigen Verfahren unterschiedliche Prozessergebnisse vermieden, was mittelbar auch zu einer Verringerung von Folgeprozessen beitragen kann.

B. Voraussetzungen.

I. Anhängiger Rechtsstreit.

 

Rn 2

Die Nebenintervention setzt einen zwischen anderen Parteien anhängigen (nicht rechtshängigen: BGHZ 92, 251, 257 = NJW 85, 328) Rechtsstreit voraus. Andererseits darf der Rechtsstreit nicht durch rechtskräftiges Urt, Klagerücknahme (§ 269), Erledigung (§ 91a) oder Vergleich (§ 794) beendet sein (BGH NJW 91, 229 f [BGH 04.10.1990 - IX ZB 78/90]; 84, 353 [BGH 24.11.1983 - IX ZR 93/82]). Wie aus Abs 2 zu ersehen ist, kann die Nebenintervention auch mit der Einlegung eines Rechtsmittels verbunden werden und darum noch in der Berufungs- und Revisionsinstanz erfolgen.

II. Verfahrensart.

 

Rn 3

Die Nebenintervention ist in Urteilsverfahren gleich welcher Prozessart (BGH NJW 80, 1693) zulässig, angefangen von allgemeinen streitigen Klageverfahren einschließlich arbeitsgerichtlichen Verfahren (BAGE 42, 349, 356) über Mahnverfahren (BGHZ 165, 358 = NJW 06, 773), selbstständiges Beweisverfahren (BGHZ 134, 190 = NJW 97, 859; BGH NJW 12, 2810 Rz 6, 9 insoweit keine Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung vor LG; BGH NJW 15, 559 [BGH 18.12.2014 - VII ZR 102/14] Rz 13; OLG München NJW 17, 3312 [OLG München 30.01.2017 - 9 W 2172/16 Bau] betreffend Seitenwechsel eines Streithelfers), Eilverfahren des Arrests und der einstweiligen Verfügung (Ddorf NJW 58, 794), Familien- und Kindschaftssachen einschließlich Scheidungsverbund (Braunschw NJW-RR 05, 589 [OLG Braunschweig 02.11.2004 - 1 UF 111/04]) und Ehelichkeitsanfechtung (BGH NJW 84, 353 [BGH 24.11.1983 - IX ZR 93/82]) bis hin zu Patentnichtigkeitsverfahren (BGH NJW-RR 08, 487, 490 [BGH 17.04.2007 - X ZB 41/03] Rz 29, 32) und kontradiktorischen Verfahren der Zwangsvollstreckung (§§ 722, 731, 767, 768, 771, 805, 891), dem Kostenfestsetzungsverfahren (Celle RR 13, 446; aA Karlsr Rpfleger 96, 83) und echten FamFG-Streitverfahren (BGHZ 70, 346 f = NJW 78, 2298; BGHZ 38, 110 = NJW 63, 860). Mit Zustimmung der Parteien und des Schiedsgerichts ist die Nebenintervention im schiedsgerichtlichen Verfahren zulässig (Stuttg NJW-RR 03, 495f [OLG Stuttgart 16.07.2002 - 1 Sch 8/02]). Unanwendbar ist die Nebenintervention im Insolvenzverfahren (Frankf Rpfleger 78, 417), im Aufgebotsverfahren (Naumbg OLG-Rspr 20, 298), im Erinnerungsverfahren (§ 766: Oldbg NdsRpfl 55, 35) und im Musterverfahren nach dem KapMuG (BGH NJW 17, 3718 Rz 15 ff). Durch den Beitritt im selbstständigen Beweisverfahren wird der Nebenintervenient nicht automatisch auch Streithelfer im Hauptsacheverfahren, sondern erst durch einen Beitritt auf Antragsteller- oder Antragsgegnerseite im Hauptsacheprozess (Nürnbg BauR 2012, 1280 Rz 23 ff).

III. Beteiligung anderer Parteien.

 

Rn 4

Der Nebenintervenient selbst muss parteifähig sein (BGH WM 15, 1283 Rz 14.) Die Nebenintervention erfordert einen zwischen anderen Personen anhängigen Prozess, so dass die Partei oder ihr gesetzlicher bzw gewillkürter Vertreter – gleich auf welcher Seite – an einem Beitritt gehindert ist. Eine ausgeschiedene kann der verbliebenen Partei (BGHZ 18, 110, 112 = NJW 55, 1316), der Rechtsträger der Partei kraft Amtes als Nebenintervenient beitreten. Einer juristischen Person können ihre Mitglieder beitreten, also die Aktionäre (Neustadt NJW 53, 1266 bei einer Beschlussanfechtung) und Aufsichtsratsmitglieder (BGH RR 13, 485 Rz 7 ff im Rechtsstreit über die Abberufung eines Vorstandsmitglieds) einer AG, der Gesellschafter/Geschäftsführer einer GmbH (KGRep 05, 150), die Mitglieder einem eingetragenen oder nicht rechtsfähigen Verein, die (auch vertretungsberechtigte, insoweit abl R/S/G § 50 Rz 13) Gesellschafter einer OHG (BGHZ 62, 131, 133 = NJW 74, 750), der persönlich haftende Gesellschafter einer KG. Eine Partei kann ihrem Streitgenossen (BGHZ 68, 81, 85 = NJW 77, 1013; Frankf NJW-RR 10, 140) oder dem Streitgenossen des Gegners (BGHZ 8, 72, 77 = NJW 53, 420), aber nicht dem Gegner selbst beitreten. Der Beitritt des Nebenintervenienten bei beiden Parteien je zur Hälfte ist mithin unzulässig (München NZG 11, 1280 Rz 3 ff). Die Klageerweiterung auf einen Nebenintervenienten beseitigt nicht die Zulässigkeit der Nebenintervention (BAG ZIP 93, 1189). Dies ist aber anzunehmen, wenn der Nebenintervenient Rechtsnachfolger der unterstützten...

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