Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung der Kosten einer Hörgeräteanpassung für einen Auszubildenden durch die Bundesagentur für Arbeit

 

Orientierungssatz

1. Der i. S. von § 14 SGB 9 erstangegangene Rehabilitationsträger ist für die Gewährung eines Hörgerätes als Hilfsmittel bzw. eines Zuschusses zu den Kosten einer Hörgeräteanpassung als Rehabilitationsleistung zuständig, unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage diese Leistung beruht.

2. Der erstmals befasste Rehabilitationsträger behält seine Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB 9 im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsaktes abschließt, selbst wenn dieser bindend wird.

3. Die zuständige Krankenkasse hat eine über den Festbetrag hinausgehende Leistung zu erbringen, wenn dieser für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht. In einem solchen Fall hat die Bundesagentur für Arbeit diejenigen Kosten für das Hilfsmittel zu übernehmen, die wegen der Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind, es sei denn, solche Leistungen können als medizinische Leistungen erbracht werden.

4. Eine Leistungspflicht der Bundesagentur für Arbeit kommt immer dann in Betracht, wenn aus ausbildungsbedingten Gründen ein höherwertiges Hörgerät, als dieses von der Krankenkasse zu leisten ist, und der Rentenversicherungsträger im Rahmen der medizinischen Rehabilitation die berufsbedingten Mehrkosten nicht zu tragen hat.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 15.04.2009 abgeändert. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe ab dem 30.10.2008 gewährt und Rechtsanwalt H beigeordnet.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten einer Hörgeräteanpassung nach § 109 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 33 Abs. 38 Satz 1 Nr. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).

Der Kläger ist beidseitig schwerhörig. Er absolviert eine von der Beklagten nach § 102 ff SGB III geförderte Ausbildung zum Elektrogerätezusammenbauer. Durch Bescheid vom 21.05.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses zu einer Hörgeräteanpassung ab. Nach Weiterleitung des Rehabilitationsantrags vom 30.07.2008 durch die Deutsche Rentenversicherung Bund lehnte die Beklagte erneut durch Bescheid vom 19.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2008 die Gewährung eines Zuschusses zur Hörgeräteversorgung mit der Begründung ab, dass zuständiger Kostenträger der auf den aktuellen technischen Stand befindlichen Hörgeräte die Krankenkasse sei. Dies gelte auch für Hörgeräte, die den Behindertenausgleich im Arbeitsleben des Klägers gewährleisteten. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.

Durch Beschluss vom 15.04.2009 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Die vom Kläger eingeleitete Rechtsverfolgung bietet insofern hinreichende Aussicht auf Erfolg als nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine weitere Beweiserhebung von Amts wegen erforderlich ist.

Nach dem Akteninhalt ist aufzuklären, ob die Beklagte aufgrund des Rehabilitationsantrags des Klägers vom 05.05.2008 erstangegangener Rehabilitationsträger i.S. von § 14 SGB IX ist. Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist.

Vorliegend ist nach Aktenlage offen, ob es sich bei der Beklagten in Hinblick auf den Rehabilitationsantrag des Klägers vom 05.05.2008 um einen i.S. von § 14 SGB IX erstangegangenen Rehabilitationsträger handelt oder ob sich der Kläger vor Eingang seines Antrags bei der Beklagten an einen anderen Rehabilitationsträger, z. B. die DAK, gewandt hatte (vgl. zur Auslegung eines Antrags auf Hörgeräteversorgung bei einer Krankenkasse: BSG, Urteil vom 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R -, nach juris Rn 34). Falls es sich bei der Beklagten um einen i.S. von § 14 SGB IX erstangegangen Rehabilitationsträger handelt, ist sie für die Gewährung eines Hörgerätes als Hilfsmittel bzw. die Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten einer Hörgeräteanpassung als Rehabilitationsleistung zuständig, unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage diese Leistung beruht. Wenn ein i.S. von § 14 SGB X erstangegangen...

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