Leitsatz

  1. Die Steuerfreiheit für die Tätigkeit als Versicherungsvertreter nach § 4 Nr. 11 UStG 1999 setzt voraus, dass die Leistungen des Unternehmers die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlung erfüllen, nämlich die am Abschluss der Versicherung interessierten Personen zusammenzuführen.
  2. Dies ist der Fall, wenn ein Unternehmer einem Versicherungsmakler am Abschluss eines Versicherungsvertrags potenziell interessierte Personen nachweist und hierfür eine sog. "Zuführungsprovision" erhält.
 

Konsequenzen für die Praxis

Für die Anforderungen an den Inhalt der steuerbefreiten Tätigkeit eines Versicherungsvertreters gelten folgende inzwischen geklärte Rechtsgrundsätze:

Für die steuerfreie Versicherungsvermittlungstätigkeit ist wesentlich, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen. Die Vermittlung kann in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss. Für die erforderliche Verbindung zwischen dem Versicherungsvermittler und den Vertragsparteien genügt, dass der Versicherungsvertreter zu dem Versicherungsunternehmen eine mittelbare Verbindung über einen anderen Steuerpflichtigen unterhält, der selbst in unmittelbarer Verbindung zu einer dieser Parteien steht.

Nicht steuerfrei sind hingegen Leistungen, die keinen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, als Subunternehmer den Versicherer bei den ihm selbst obliegenden Aufgaben zu unterstützen, ohne Vertragsbeziehungen zu den Versicherten zu unterhalten, wie z.B. bei der Festsetzung und Auszahlung der Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter (sog. "Backoffice"-Tätigkeiten) wie z.B. die Tätigkeit eines Schadensabwicklers, der sich mit Schadensmeldungen, Kundenanfragen, der Regulierung von Schäden und Begutachtung vor Ort befasst, die Tätigkeit eines Werbeagenten, der Kundendaten zur Vorbereitung eines Versicherungsabschlusses erhebt oder eines "Overhead-Handelsvertreters", der Betreuungs-, Schulungs- und Überwachungsleistungen erbringt.

Die Steuerbefreiung schließt nicht aus, dass sich die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters in verschiedene Dienstleistungen aufteilen lässt; Steuerfreiheit der betreffenden Leistungen setzt aber voraus, dass (auch) diese die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlungstätigkeit aufweist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 28.5.2009, V R 7/08, BFH/NV 2009 S. 1744

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