Leitsatz

Für eine Gruppenreise in den USA kann ein beruflicher Anlass gegeben sein, wenn die Organisation und Durchführung der Reise zu den Dienstaufgaben des Arbeitnehmers gehört.

 

Sachverhalt

Die als wissenschaftliche Hilfskraft an einem Universitätsinstitut für Geografie tätige Arbeitnehmerin nahm vom 25.9. bis 15.10.1999 an einer Exkursion in den Südwesten der USA teil (u. a. Salt Lake City, Las Vegas, Monterey, San Francisco, Monument Valley, Grand Canyon, Bryce Canyon, Yellowstone, Arches, Mesa Verde, Lake Powell, Death Valley, Yosemite), die auch sie organisiert hatte. Statt der von ihr für die Reise geltend gemachten Werbungskosten von 7 774 DM (davon Reisekosten 3 879 DM und Verpflegungsmehraufwendungen 1 920 DM) berücksichtigte das Finanzamt nur den Arbeitnehmer-Pauschbetrag. Die Klage hatte keinen Erfolg. Der BFH verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

Aufwendungen für eine Auslandsreise sind in der Regel ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen, wenn ihnen offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt, es sei denn, die Verfolgung privater Reiseinteressen bildet den Schwerpunkt der Reise. Als unmittelbaren Anlass hat die Rechtsprechung das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, das Halten eines Vortrags auf einem Fachkongress oder die Durchführung eines Forschungsauftrages angesehen. Anders sind dagegen Reisen ohne konkreten Bezug zur beruflichen Tätigkeit zu beurteilen, was bei Auslandsgruppenreisen regelmäßig der Fall ist.

Im Streitfall wurde die Exkursion mit dichtgedrängtem Reiseprogramm von der Klägerin mit vorbereitet. Die Reise umfasste neben der Anschauung der jeweils aufgesuchten Naturphänomene die Behandlung geowissenschaftlicher Fragestellungen mit Lehrwanderungen, Vorträgen und Diskussionen, wobei die Klägerin im Protokoll neben dem die Reise begleitenden Hochschullehrer zu zehn Programmpunkten als Vortragende genannt wurde. Der BFH forderte das FG auf, anhand des genauen Ablaufs und der zur Vorbereitung, Durchführung und Auswertung wahrgenommenen Tätigkeiten festzustellen, ob die Reise durch die beruflichen Belange der Klägerin als wissenschaftliche Hilfskraft veranlasst war. Weiter ist festzustellen, warum die Klägerin neben dem die Exkursion leitenden Hochschullehrer teilgenommen hat und warum der Arbeitgeber nicht die Reisekosten ersetzt hat. Die fehlende Kostenerstattung lässt noch nicht den Schluss auf private Erwägungen der Reise zu, insbesondere wenn sie auf fehlenden Mitteln des Instituts beruht. Zu würdigen ist auch, dass eine Pflichtveranstaltung der Hochschule nicht mit der Urlaubsreise eines Reiseveranstalters vergleichbar ist.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung ist deswegen bemerkenswert, weil der BFH es trotz des dichtgedrängten touristischen Programms, das bei ständigen Ortswechseln und kürzesten Aufenthalten an Ort und Stelle kaum Zeit für eine wissenschaftliche Vertiefung gelassen haben dürfte, für möglich hält, dass ein "offensichtlich" unmittelbarer beruflicher Anlass vorgelegen hat. Zwar ist nicht abschließend entschieden worden. Jedoch wurde der mögliche berufliche Bezug argumentativ so in den Vordergrund gerückt, dass sich jedenfalls eine tendenzielle Abkehr von der bisherigen engeren Rechtsprechung abzeichnet. Bezeichnenderweise ist von dem bisher vom Großen Senat betonten Gesichtspunkt nicht mehr die Rede, es solle verhindert werden, dass Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewusst herbeigeführte Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen Aufwendungen für ihre Lebensführung deshalb zum Teil in einen einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern können, weil sie einen Beruf haben, der ihnen das ermöglicht, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus zu versteuernden Einkünften decken müssen[1].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.08.2002, VI R 22/01

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