Leitsatz (amtlich)

Erbringt ein wesentlich beteiligter Gesellschafter einer GmbH an deren Sitz unentgeltlich Dienstleistungen für die GmbH, dann sind seine Aufwendungen für die Fahrten dorthin in der Regel Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen und keine nachträglichen Anschaffungskosten seiner Beteiligung.

 

Sachverhalt

Der Kläger machte bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen für das Streitjahr 1995 Fahrtkosten von 16 380 DM als Werbungskosten geltend. Dazu trug er vor, er habe im Jahr 1994 37,5 % der Geschäftsanteile an der D-GmbH mit Sitz in Thüringen erworben. Man habe im Streitjahr 1995 keinen geeigneten Betriebsleiter finden können. Er habe als Ingenieur die Überwachung der Arbeiten vor Ort übernommen. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der D-GmbH habe er auf jede Vergütung verzichtet. Auch die ihm einmal wöchentlich entstandenen Kosten für Fahrten mit eigenem Pkw von seinem Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen nach Thüringen seien ihm nicht erstattet worden. Auch die übrigen Gesellschafter hätten Beiträge erbracht. Das Finanzamt erkannte die Fahrtkosten nicht als Werbungskosten an. Das FG wies die Klage ab[1]. Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG sind die Fahrtkosten des Klägers von seiner Wohnung zum Sitz der D-GmbH und zurück dem Grunde nach bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten abziehbar. Nach der Rechtsprechung des BFH können Aufwendungen im Zusammenhang mit der zinslosen Überlassung von Darlehen durch Gesellschafter an ihre Kapitalgesellschaft dann, wenn sich die Beteiligung im Privatvermögen der Gesellschafter befindet, Werbungskosten bei den Einkünften der Gesellschafter aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sein. Zwischen den eigenen Aufwendungen der Gesellschafter und den angestrebten Einnahmen kann ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen, weil die von den Gesellschaftern gewährten unentgeltlichen Nutzungsvorteile den Gewinn der Kapitalgesellschaft erhöhen und die Gesellschafter an ihm nach Maßgabe der Gewinnausschüttung teilnehmen[2]. Dieser Grundsatz gilt entsprechend für Aufwendungen im Zusammenhang mit unentgeltlichen Dienstleistungen eines Gesellschafters an seine Kapitalgesellschaft; danach stellen die aus Anlass eines solchen Erfolgsbeitrages beim Gesellschafter anfallenden tatsächlichen Aufwendungen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben auf die Beteiligung dar[3].

Der allgemeine Werbungskostenbegriff wird für die Einkünfte aus Kapitalvermögen eines wesentlich beteiligten Gesellschafters nicht etwa durch § 17 EStG eingeschränkt. Denn als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG sind nachträgliche Aufwendungen, die einem wesentlich beteiligten Gesellschafter im Zusammenhang mit seiner Beteiligung entstehen, nur dann zu behandeln, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten gemäß der §§ 9, 20 EStG noch Veräußerungskosten gemäß § 17 EStG sind[4]. Die Behandlung als nachträgliche Anschaffungskosten setzt also voraus, dass die vorrangige Frage, ob ein Abzug als Werbungskosten zulässig ist, verneint wird.

Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG keine Feststellungen zur Höhe der Aufwendungen getroffen hat. Dabei wird gegebenenfalls auch zu entscheiden sein, ob sich eine Begrenzung der geltend gemachten Kosten für die Fahrten mit dem Pkw aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 EStG ergibt. Die Voraussetzungen für die in § 9 Abs. 3 EStG angeordnete entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen lägen dann vor, wenn der Sitz der GmbH im Falle einer Vergütung der Tätigkeit des Klägers als seine - gegebenenfalls zweite - regelmäßige Arbeitsstätte zu beurteilen wäre. Das FG wird im Hinblick darauf, dass einer der Gesellschafter ein Bruder des Klägers ist, auch der Frage nachzugehen haben, ob die nach den vorstehenden Grundsätzen ermittelten Fahrtkosten ungekürzt abgezogen werden können oder ob zu dem Prozentsatz der Beteiligung des Bruders eine Zuwendung an diesen vorliegt.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 2.5.2001 – VIII R 32/00

Anmerkung

Im Streitfall ging es um eine sog. Nutzungseinlage in eine GmbH in Form einer unentgeltlichen Dienstleistung; weitere Beispiele für derartige Nutzungseinlagen sind zinslose Darlehen oder unentgeltliche Nutzungsüberlassungen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft. Die unentgeltliche Überlassung von Nutzungen oder Leistung von Diensten stellt auf der Ebene der Kapitalgesellschaft kein einlagefähiges Wirtschaftsgut dar[5]. Dementsprechend für solche "Nutzungseinlagen" auf der Ebene des Gesellschafters nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft, etwa i.S. von § 17 EStG, wenn eine wesentliche, im Privatvermögen gehaltene Beteiligung vorliegt.

Es entspricht aber gefestigter Rechtsprechung des BFH, dass Aufwendungen, d...

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