Sachmangel des Grundstücks

Besteht aufgrund der früheren Nutzung eines Grundstücks ein Altlastenverdacht, stellt bereits dies regelmäßig einen offenbarungspflichtigen Sachmangel dar. Ein altlastenverdächtiges Grundstück weist schon wegen der damit verbundenen Wertminderung und wegen des Risikos der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme nicht die übliche Beschaffenheit auf. Dieser Altlastenverdacht muss auch nicht durch konkrete Tatsachen untermauert werden. Verschweigt der Verkäufer hiernach eine ihm bekannte frühere Nutzung, handelt er objektiv arglistig im Sinne von § 444 BGB. Bezogen auf den subjektiven Tatbestand der Arglist hält er einen Sachmangel zumindest für möglich, wenn er die frühere Nutzung des Grundstücks kannte und es für möglich hielt, dass diese einen Altlastenverdacht begründet. Auch insoweit müssen keine konkreten Tatsachen hinzutreten, die den Altlastenverdacht erhärten.[1]

Erst recht besteht eine Aufklärungspflicht des Verkäufers bei einem konkreten Verdacht auf die Belastung eines Grundstücks mit Altlasten.[2]

Vormalige Grundstücksnutzung

Im Übrigen kann auch die frühere Nutzung des Grundstücks im Einzelfall einen Sachmangel darstellen: Zwar ist nicht jedes Grundstück, dessen Nutzung als Industriegelände schon Jahrzehnte zurückliegt, von vornherein als altlastenverdächtig einzustufen. Anders liegt es aber, wenn die frühere Nutzung die Gefahr von erheblichen Schadstoffbelastungen begründet. Ein darauf beruhender Sachmangel ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt worden für die frühere Nutzung als wilde Müllkippe, als Deponie, als Werksdeponie in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts oder als Tankstelle.[3]

Die neueste BGH-Entscheidung zur Haftung des Verkäufers wegen eines Altlastenverdachts betrifft eine aufgefüllte Kiesgrube.

 
Praxis-Beispiel

Altlastenverdacht bei vormaliger Kiesgrube

Ein Immobilienunternehmen hatte als Eigentümerin ein Grundstück mit dem bestehenden Gebäude in Wohnungseigentum aufgeteilt und die Einheiten dann verkauft. Bei Bodenuntersuchungen anlässlich des beabsichtigten Baus einer Tiefgarage wurde eine ehemalige Kiesgrube aufgefunden, deren aufgefüllte Böden, wie weitere Untersuchungen zeigten, unterschiedlich mit Schadstoffen belastet waren. Die zuständige Behörde erteilte eine Altlastenauskunft, in der der gesamte Innenhof als Altlastenverdachtsfläche verzeichnet wurde. Diese Altlastenauskunft legte die Verkäuferin in den Kaufverträgen offen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft begehrte mit ihrer Klage die Feststellung des Bestehens von Mängelansprüchen wegen der Altlasten, hilfsweise die Verpflichtung zur Sanierung.

Das OLG München[4] als Berufungsgericht hatte den Hauptantrag als unzulässig abgewiesen und auf den Hilfsantrag die Beklagte zur Beseitigung der vorhandenen Altlasten durch Sanierung des Innenhofs und eines Teils des Außenbereichs verurteilt. Dagegen legte die Beklagte erfolgreich Revision ein.

Der BGH[5] erachtet die WEG für die Geltendmachung des Nachbesserungsanspruchs zwar als prozessführungsbefugt. In der Sache habe der Hilfsantrag jedoch keinen Erfolg. Zwar sei die Annahme, dass das Grundstück wegen des Vorfindens einer aufgefüllten Kiesgrube und eines hierdurch begründeten Altlastenverdachts einen Mangel i. S. d. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB a. F.[6] aufweise, nicht zu beanstanden. Die von dem Verkäufer geschuldete Nachbesserung umfasse aber zunächst nur die Ausräumung des Verdachts durch Aufklärungsmaßnahmen. Ein Altlastenverdacht rechtfertige hingegen nicht die Sanierung des Grundstücks, zu der die Beklagte von dem Berufungsgericht verurteilt worden ist. Wegen der insofern noch offenen Fragen müsse nun das OLG erneut verhandeln.

Unzureichende Aufklärung

Sind dem Verkäufer Altlasten bekannt, genügt er seiner Aufklärungspflicht nicht dadurch, dass er dem Käufer von einem bloßen Altlastenverdacht Mitteilung macht. Der Käufer kann vielmehr erwarten, dass er über eine konkret vorhandene Kontaminierung Aufklärung erhält.[7]

Kausalität

Die Ursächlichkeit der Arglist für den Kaufentschluss ist im Rahmen von § 444 BGB unerheblich; diese Bestimmung soll den Käufer allein vor einer unredlichen Freizeichnung des Verkäufers schützen.[8]

Ein bloß vager Altlastenverdacht gibt dem Käufer allerdings kein Zurückbehaltungsrecht bezüglich des Kaufpreises.[9]

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