Leitsatz
- § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG enthält auch unter Berücksichtigung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie keine allgemeine Steuerbefreiung für, sondern erfasst nur die Vermittlung von Umsätzen mit derartigen Anteilen. Die steuerfreie Vermittlung muss sich auf einzelne Geschäftsabschlüsse beziehen.
- Die Steuerfreiheit der Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern nach § 4 Nr. 11 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer, der diese Leistungen übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots zumindest mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist. Die einmalige Prüfung und Genehmigung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen reicht entgegen dem BMF-Schreiben vom 9.10.2008 nicht aus.
Konsequenzen für die Praxis
Zur Steuerfreiheit der Kreditvermittlung und zur Wertpapier- und Anteilsvermittlung hat der EuGH bereits entschieden: Die Steuerfreiheit setzt zwar nicht voraus, dass der Vermittler mit einem der zu vermittelnden Vertragspartner ein Vertragsverhältnis unterhält; deshalb kann auch der Untervermittler die Steuerbefreiung beanspruchen. Gemeinsames Merkmal dieser Mittlertätigkeiten ist aber der Bezug zu einzelnen Wertpapier- oder Anteilsumsätzen. Sowohl der Nachweis von Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrags als auch die Kontaktaufnahme mit der anderen Partei oder das Verhandeln über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen setzen voraus, dass sich die Mittlertätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, bezieht.
Aus der "Freiheit des Organisationsmodells" ergibt sich keine über die Vermittlung von Einzelabschlüssen hinausgehende Steuerfreiheit für Vertriebstätigkeiten allgemeiner Art. Zwar kann danach die Vermittlung in verschiedene einzelne Dienstleistungen zerfallen, die dann ihrerseits als Vermittlung steuerfrei sind. Dies gilt jedoch nur, wenn es sich bei der einzelnen Leistung um ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes handelt, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Vermittlung erfüllt. Lediglich "vertriebsunterstützende Aufgaben" wie z.B. die "Administration einer Vertriebsorganisation" ohne "Beteiligung an der konkreten einzelfallbezogenen Maklertätigkeit der angeschlossenen Vermittler" und somit für "administrative Tätigkeiten ohne … unmittelbaren Bezug zu konkreten steuerfreien Wertpapierumsätzen" sind nicht befreit; ob es sich dabei um ein "unerlässliches Element" handelt, ist unerheblich.
Der BMF hat zwar in dem zu § 4 Nr.11 UStG ergangenen Schreiben vom 9.10.2008 die Auffassung vertreten, Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbstständigen Vermittlern seien auch dann steuerfrei, wenn bei "Verwendung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen … der Unternehmer durch die einmalige Prüfung und Genehmigung der Standardverträge und standardisierten Vorgänge mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann". Dies lässt sich mit den Rechtsprechungsvorgaben des EuGH nicht vereinbaren, denn danach gehören Dienstleistungen wie z.B. die Festsetzung und die Auszahlung der Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters.
In Übereinstimmung hiermit hatte der BFH im Urteil vom 9.7.1998 zu § 4 Nr.11 UStG entschieden, dass Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung nur steuerfrei sind, wenn der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Für eine unterschiedliche Auslegung des Vermittlungsbegriffs in § 4 Nr. 8 Buchst. f und Nr. 11 UStG gibt es trotz des unterschiedlichen Wortlauts keine Rechtfertigung; auch die EuGH-Rechtsprechung zu den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Befreiung bestätigt eine einheitliche Auslegung des Vermittlungsbegriffs.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 30.10.2008, V R 44/07, BFH/NV 2009 S. 330