Leitsatz (amtlich)

Der BFH hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass bei objektiv sachlichem Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren, die zukünftige Bebauung des Grundstücks betreffenden Verträgen mit Dritten (einheitlicher) für die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung maßgeblicher Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in bebautem Zustand ist. Zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage) gehören in diesen Fällen alle Leistungen des Erwerbers, die dieser an den Grundstücksveräußerer und an Dritte gewährt, um das Eigentum an dem Grundstück in seinem zukünftigen, bebauten Zustand zu erwerben (Urteile vom 23.11.1994, II R 53/94, BStBl II1995, S. 331 = INF 1995, S. 383; vom 25.11.1992, II R 67/89, BStBl II 1993, S. 308, und vom 11.11.1992, II R 117/89, BStBl II 1993, S. 163 = INF 1993, S. 185).

Eine den Wertungen des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG widersprechende Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer liegt in diesen Fällen nicht vor.

 

Sachverhalt

Der Kläger schloss am 23.9.1991 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über ein zu diesem Zeitpunkt noch unbebautes Grundstück. Der Kaufpreis sollte 105 120 DM betragen, die Vermessungskosten sollten vom Kläger übernommen werden. Für die Grundstücksverkäuferin handelte bei Vertragsabschluss eine Angestellte des beurkundenden Notars, deren Vertragserklärungen durch die Grundstücksveräußerin am 24.10.1991 genehmigt wurden. Am 21.10.1991 beauftragte der Kläger eine Bauträgerin mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Reihenhauses auf dem Grundstück zu einem Gesamtkaufpreis von 289 070 DM einschließlich USt. Der Bauträgerin war das Grundstück von der Grundstücksverkäuferin zur Bebauung mit einem Reihenhaus "an die Hand gegeben" worden. Aufgrund der hierzu getroffenen mündlichen Absprachen war sichergestellt, dass nur derjenige zum Erwerb des Grundstücks zugelassen wurde, der zuvor einen Gebäudeerrichtungsvertrag mit der Bauträgerin abgeschlossen hatte. Das Finanzamt meinte, einheitlicher Gegenstand des Grunderwerbs des Klägers sei das bebaute Grundstück, und setzte nach einer Gegenleistung von 397 190 DM GrESt gegen den Kläger in Höhe von 7 943 DM fest. Auf die Klage ermäßigte das FG die GrESt auf 2 162 DM mit der Begründung, die Bauerrichtungskosten seien nicht in die Bemessungsgrundlage für die GrESt einzubeziehen[1]. Die Revision des Finanzamts führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

  1. Ob als Gegenstand eines Erwerbsvorgangs das zukünftig bebaute Grundstück anzusehen ist, kann sich aus dem tatbestandserfüllenden Rechtsgeschäft, d. h. aus dem Inhalt der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung des Veräußerers oder aus mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv engem sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen oder Umständen ergeben, die insgesamt zu dem Erfolg führen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann auch aus dem Zusammenwirken mehrerer Personen auf der Veräußererseite folgen, wenn die Umstände des Zusammenwirkens ergeben, dass der Erwerber ein bebautes Grundstück erhält[2]. Ist dies der Fall, so gehören alle Aufwendungen des Grundstückserwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, die von ihm für die Verschaffung des bebauten Grundstücks gewährt werden[3].
  1. Verfehlt ist deshalb die Auffassung des FG, es sei für die Bestimmung des Gegenstands des Erwerbs vorgangs allein auf den Zustand des Grundstücks im Zeitpunkt des Abschlusses des tatbestandserfüllenden Rechtsgeschäfts (Kaufvertrags) bzw. darauf abzustellen, "dass das Gebäude erst nach dem Erwerb des Grund und Bodens hergestellt wird". Denn hierdurch würde die Höhe der GrESt-Belastung von dem zufälligen Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages und der formalen Beschränkung auf diesen und nicht vom objektiven Inhalt der von den Parteien vorgenommenen Sachverhaltsgestaltung abhängig gemacht. Die (Gegen-)Leistungen des Erwerbers eines im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch unbebauten Grundstücks, welches in bebautem Zustand zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht worden ist, stellen - soweit sie auf die Bauleistungen entfallen - auch keine "künftigen Baukosten des Grundstückserwerbers" dar, wie das FG meint. Ist nach der Rechtsprechung des BFH Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück, ist vielmehr die durch die Bebauung herbeigeführte Veränderung des Grundstücks (noch) der Sphäre der Veräußererseite zuzurechnen. Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich auch weder aus § 13 Abs. 1 noch aus § 19 GrEStG 1983, "dass künftige Bauleistungen grunderwerbsteuerlich nicht belastet werden sollen".

    1. Der Senat folgt dem FG nicht in der Annahme, § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG stehe der Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage entgegen, weil insoweit eine Doppelbelastung mit USt und GrESt bestehe, die durch diese Vorschrift gerade verhindert werden solle. § 4 Nr. 9 ...

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