Leitsätze (amtlich)

  1. Besorgen einer sonstigen Leistung i.S. des § 3 Abs. 11 UStG liegt vor, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen durch einen Dritten erbringen lässt ("Leistungseinkauf") oder wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen an Dritte erbringt ("Leistungsverkauf"; gegen Abschn. 32 Abs. 1 Satz 1 UStR).
  2. Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht § 3 Abs. 11 UStG hinsichtlich des zu erreichenden Ziels den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG.
  3. Besorgt ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung, so sind die für die besorgten Leistungen geltenden Befreiungsvorschriften (hier: § 4 Nr. 8 Buchst. a oder Buchst. d UStG) auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, erzielte in den Streitjahren 1992 bis 1995 Provisionseinnahmen durch die Anlage von Geldern ausländischer Geldgeber bei inländischen Banken. Die Klägerin legte die ihr von den ausländischen Firmen zur Verfügung gestellten Geldbeträge im eigenen Namen bei inländischen Banken als Termingelder an. Für jeden Auftraggeber wurde ein eigenes Konto angelegt. Die Klägerin erhielt von den ausländischen Treugebern ein Entgelt in Höhe einer Zinsmarge. Dem lagen Treuhandverträge zugrunde, die die Klägerin mit den Geldgebern abgeschlossen hatte. Danach sollte die Klägerin nach außen - im Verhältnis zu den inländischen Banken - als Treuhänderin wie eine Eigentümerin des Treuguts auftreten und im Innenverhältnis das Treugut im Interesse der Treugeber verwalten. Die Klägerin war verpflichtet, ihre Rechte und Pflichten als treuhänderische Kontoinhaberin nach den Anweisungen der Treugeber auszuüben. Sie war ferner gegenüber den Treugebern zur Rechnungslegung und Auskunftserteilung sowie zur Herausgabe dessen verpflichtet, was sie aufgrund des Treuhandverhältnisses erlangte. Außerdem trat die Klägerin in den Treuhandverträgen die durch die Treuhandtätigkeit bei den inländischen Banken auf ihren Namen lautenden Guthaben nebst Zinsansprüchen an den jeweiligen Treugeber ab. Für ihre Treuhandtätigkeit sollte sie von den Treugebern ein angemessenes Entgelt erhalten.

Die Klägerin behandelte in ihren USt-Erklärungen die aus der Treuhandtätigkeit erzielten Erlöse als steuerfrei. Sie meinte, sie sei als verdeckter Kreditvermittler oder Kreditverwalter tätig geworden, so dass § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1991 und 1993 eingreife. Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Ansicht, die Treuhandtätigkeit sei eine steuerpflichtige Vermögensverwaltung gewesen. Das FG gab den dagegen erhobenen Klagen statt[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidungen.

 

Entscheidungsgründe

Die Umsätze der Klägerin gegenüber den Banken sind steuerfrei. Dabei kann dahinstehen, ob eine steuerfreie Kreditgewährung nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG oder ein steuerfreier Umsatz im Einlagengeschäft nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG vorliegt.

Das FG hat zutreffend einen steuerpflichtigen Umsatz der Klägerin an die Treugeber verneint, da eine Besorgungsleistung i.S. des § 3 Abs. 11 UStG vorliegt. Nach dieser Vorschrift sind die für die für besorgte Leistungen geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistungen entsprechend anzuwenden, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung besorgt. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Die Klägerin hat für die Treugeber deren Gelder im eigenen Namen bei inländischen Banken angelegt. Sie hat damit für die Treugeber die o.g. Geschäfte (Kreditgewährung oder Einlagen) besorgt. Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung[2] findet § 3 Abs. 11 UStG nicht nur auf Geschäftsbesorgungen Anwendung, bei denen der Geschäftsbesorger für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen bezieht (sog. Leistungseinkauf), sondern auch auf Geschäftsbesorgungen, bei denen der Geschäftsbesorger für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen ausführt (sog. Leistungsverkauf). Auch im bürgerlichen Recht ist der Begriff "Geschäftsbesorgung" nicht auf den "Einkauf von Leistungen" beschränkt, sondern meint jedwedes Geschäft, das für einen anderen besorgt wird[3].

Nach den Feststellungen des FG sind die Vereinbarungen zwischen den Treugebern und der Klägerin im Streitfall als Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren. Hieran ändert sich selbst dann nichts, wenn die vereinbarte Geldanlage gegen die Devisenbestimmungen der Heimatländer der Treugeber verstoßen sollte. In den Fällen des § 3 Abs. 11 UStG sind die für die besorgten Leistungen geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistungen entsprechend anzuwenden.

Nach der neueren Rechtsprechung des Senats entspricht § 3 Abs. 11 UStG hinsichtlich des zu erreichenden Ziels[4] den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG[5]. Diese Regelung betrifft die sog. Leistungskommission; nach dieser Bestimmung sind Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung eines Dritten tätig werden, so zu ...

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