Umgehend mögliche Ansprüche prüfen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat erneut bei den Bankgebühren zugeschlagen – diesmal geht es nicht um Peanuts. Banken müssen rückwirkend Milliarden für laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten zurückzahlen. Durch die Entscheidungen zur Verjährung der Erstattungsansprüche fallen bis zurück in das Jahr 2004 Rückzahlungsansprüche an, denn auch Rechtsunsicherheit kann die Verjährung hinausschieben.

Bearbeitungsgebühr bei Verbraucherkrediten

Bereits im Mai diesen Jahres hatte der BGH entschieden, dass eine Klausel in den Banken-AGB, wonach für die Bearbeitung von Verbraucherkrediten laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren erhoben wurden, unzulässig ist (BGH, Urteile v. 20.5.2014, XI ZR 170/13 und XI ZR 405/12).

Offengelassen hatte der BGH damals die Frage, in welchem Umfang sich die Rückerstattungspflicht der Banken auf länger zurückliegende Vertragsabschlüsse bezieht, also die Frage des Verjährungsbeginns.

Streit um Verjährung

Aktuell hatte der BGH in 2 Fällen über Bearbeitungsgebühren aus Darlehensverträgen zu entscheiden, deren Abschluss zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits mehr als 3 Jahre zurücklag.

  • In einem Fall hatte der auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühren klagende Kläger in den Vorinstanzen obsiegt. Daraufhin hatte die beklagte Bank Revision beim BGH eingelegt.
  • Im anderen Fall hatten die Vorinstanzen den Rückforderungsanspruch des Klägers wegen eingetretener Verjährung zurückgewiesen. In diesem Fall hatte der Kläger die Revision eingelegt.

Bearbeitungsgebühr ohne Rechtsgrund erhoben

In beiden Fällen stellte der BGH in Übereinstimmung mit den jeweiligen Vorinstanzen klar, dass die jeweilige Bank die streitigen Bearbeitungsentgelte durch Leistung des jeweiligen Bankkunden ohne rechtlichen Grund erlangt hat und daher ein Rückforderungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB besteht. Es handelt sich hierbei um den klassischen Fall der sogenannten Leistungskondiktion, bei welcher der Leistungsempfänger die aufgrund unwirksamer vertraglicher Bestimmung erlangte Leistung zurückgewähren muss.

Keine Verjährung

In beiden Fällen kam der BGH darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass der jeweilige Rückforderungsanspruch nicht verjährt war. Im Grundsatz verjähren Bereicherungsansprüche gemäß § 195 BGB innerhalb von 3 Jahren. Der BGH wies ausdrücklich darauf hin, dass die Verjährungsfrist regelmäßig mit dem Schluss des Jahres beginnt,

  • in dem der Anspruch entstanden ist und
  • der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB).

Rechtsirr­tümer sind regelmäßig unbeachtlich

Im Fall des Bereicherungsanspruchs hat der Kläger nach den Ausführungen des BGH die erforderliche Kenntnis, sobald er von der Leistung weiß und die Tatsachen kennt, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrunds ergibt. Ausdrücklich wies der BGH darauf hin, dass es in der Regel auf die rechtliche Würdigung der Umstände durch den Betroffenen nicht ankommt.

Anders bei unklarer Rechtslage

Die Bedeutung der jetzigen BGH-Entscheidung liegt in der Klarstellung, dass ausnahmsweise eine Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben kann, wenn

  • eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt,
  • die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für eine Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag oder
  • eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung der Durchsetzung des Anspruchs entgegensteht.

Zumutbarkeit der Klage­erhebung?

In den letztgenannten Fällen ist nach Auffassung des BGH-Senats eine Klageerhebung für den Betroffenen nicht zumutbar, da er nicht davon ausgehen kann, vor Gericht ein obsiegendes Urteil zu erstreiten.

Da der BGH Bearbeitungsentgelte in banküblicher Höhe von zuletzt bis zu 2 % früher gebilligt hatte, war nach Einschätzung des Senats den Klägern die Erhebung ihrer Rückforderungsklage vor Ende des Jahres 2011 nicht zumutbar. Erst im Jahr 2011 habe sich eine gefestigte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte herausgebildet, nach der Bearbeitungsentgelte in AGB beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen als unzulässig angesehen wurden. Erst zu diesem Zeitpunkt habe eine rechtskundige Person Anlass gehabt, eine Klageerhebung ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

Verjährungsbeginn

Hier konnte die 3-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB nach Einschätzung des BGH-Senats daher erst mit Ablauf des Jahres 2011 beginnen, sodass bis Ende des Jahres 2014 Rückzahlungsansprüche rückwirkend für 10 Jahre geltend gemacht werden können, also bis längstens ins Jahr 2004 hinein. Insoweit ist die Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB zu beachten, wonach Ansprüche ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 10 Jahren von ihrer Entstehung an (nicht erst Schluss des Kalenderjahres!) verjähren.

Milliardenforderungen gegen Banken

Die Konsequenzen dieser Urteile für die Banken sind enorm. Die Stiftung Warentest geht davon aus, dass Rückforderungsansprüche in Höhe von rund 1 Milliarde EUR pro Jahr ...

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