Leitsatz

  1. Eine Personenvereinigung kann auch dann steuerbare Leistungen ausführen, wenn sie nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
  2. Für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs i.S. eines Austausches von Leistung und Gegenleistung genügt es nicht schon, dass die Mitglieder der Personenvereinigung lediglich gemeinschaftlich die Kosten für den Erwerb und die Unterhaltung eines Wirtschaftsguts tragen, das sie gemeinsam nutzen wollen oder nutzen. Eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft liegt insoweit nur vor, wenn die Nutzungsüberlassung selbst gegen Entgelt erfolgt.
  3. Ist mangels entgeltlicher Leistungen die Personenvereinigung nicht Unternehmerin, kommt u. U. ein anteiliger Vorsteuerabzug der Gesellschafter in Betracht.
 

Problematik

Eine GbR, die einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet, und ein Landwirt gründeten 1991 eine GbR (Klägerin) mit dem Zweck, auf dem ihr von einem der Gesellschafter unentgeltlich zur Verfügung gestellten Grundstück eine Lagerhalle für die in den landwirtschaftlichen Betrieben der Gesellschafter erzeugten Kartoffeln zu errichten.

Die beiden Gesellschafter trugen vereinbarungsgemäß alle mit der Planung und der Errichtung der Kartoffellagerhalle sowie der Anschaffung von Maschinen verbundenen Kosten, ebenso (ab Juni 1993) die laufenden Kosten zu gleichen Teilen. Gleiches galt für "Gewinn bzw. Verlust".

Die Lagerhalle wurde am Ende 1992 fertig gestellt. Die GbR erteilte im Juni 1994 jedem Gesellschafter für 1993 eine Rechnung über jeweils 21.750 DM zzgl. 3.262 DM Umsatzsteuer. Zahlungen darauf erfolgten nicht. Für die Benutzung der Halle sowie der von der GbR angeschafften Maschinen war kein Entgelt vereinbart.

Die GbR machte Vorsteuerbeträge für 1992 (86.508 DM) und für 1993 (12.020 DM) geltend. Als Ausgangsumsätze 1993 erklärte sie 43.500 DM als Mindestbemessungsgrundlage. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die GbR erbringe keine Leistungen gegen Entgelt und sei deshalb auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Einspruch, Klage und Revision hatten keinen Erfolg. Im Übrigen, so das Finanzgericht, scheitere der Vorsteuerabzug auch deswegen, weil die Vorschaltung der Klägerin allein dem Ziel diene, den Landwirten ohne Option zur Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug aus diesen Investitionen zu ermöglichen.

 

Entscheidung des BFH

Da die GbR für ihre Gesellschafter keine entgeltlichen Leistungen erbrachte, war sie auch nicht Unternehmerin. Ein Recht zum Vorsteuerabzug aus der Hallenerrichtung stand ihr nicht zu, abzugsberechtigt konnten aber beide Gesellschafter (anteilig) sein.

Einem Leistungsempfänger steht zwar bereits bei Leistungsbezug das Recht auf Vorsteuerabzug zu, wenn er die ernsthafte, durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine wirtschaftliche Tätigkeit (d.h. Umsätze gegen Entgelt) mit diesen Leistungsbezügen auszuüben. Die GbR hatte aber bei Bezug der Bauleistungen nicht die Absicht, als Unternehmerin die Lagerhalle ihren Gesellschaftern gegen Entgelt unter Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG zu überlassen (vgl. Leitsatz 2).

Aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt sich lediglich, dass die Gesellschafter die Kosten für die Anschaffung der Lagerhalle und für die laufenden Aufwendungen zu gleichen Teilen tragen sollten. Das allein rechtfertigt nicht die Annahme einer beabsichtigten entgeltlichen Nutzungsüberlassung. Eine Vereinbarung zwischen Gesellschaft und den Gesellschaftern über die entgeltliche Nutzungsüberlassung lag nicht vor. Anderes ergibt sich aus der 1994 erteilten Rechnung schon deshalb nicht, weil die GbR darin nicht über eine zwischen ihr und den Gesellschaftern vereinbarte Gegenleistung abrechnet.

Da die GbR nicht Unternehmerin war, kommt zwar u. U. ein anteiliger Vorsteuerabzug der Gesellschafter in Betracht.[28] Darüber war hier jedoch nicht zu entscheiden.

 

Konsequenzen für die Praxis

Der Fall zeigt, dass Umsätze zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter zwar (ohne zusätzliche "Außenumsätze") die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft begründen können. Dafür muss aber eine Leistungstätigkeit gegen ein – möglichst konkret bestimmtes – Entgelt vereinbart und durchgeführt sein. Zahlungen der Gesellschafter nach Kopfteilen zur Kostendeckung, aber ohne konkreten Bezug zu Leistungen der Gesellschaft, reichen nicht. Letztlich handelte es sich – trotz der vertraglichen Bezeichnung – bei der GbR wohl nicht um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern um eine Gemeinschaft zur Errichtung des Gebäudes, also um gemeinschaftlichen Leistungseinkauf durch die "Gesellschafter" für ihre Zwecke. Darauf verweist der BFH am Ende der Entscheidungsgründe. Vorsteuerabzugsberechtigt sind dann die einzelnen Gemeinschafter. Diese sollten namentlich in den Baurechnungen – möglichst mit ihren Anteilen – aufgeführt sein. Insoweit ist die EuGH-Vorlage des BFH[29] – insbesondere zu den in solchen Fällen für den Vorsteuerabzug erforderlichen Rechnungsangaben – zu beachten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.11.2002, V R 18/01

[28] Vgl. B...

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