Leitsatz (amtlich)
1. Der Beschluss des Beschwerdegerichts, ein Verfahren auf Ersetzung der Einwilligung eines leiblichen Elternteils zur Adoption seines Kindes nicht auszusetzen im Hinblick auf ein gleichzeitig noch laufendes Verfahren dieses Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge, ist – trotz seines Charakters als regelmäßig unanfechtbare Zwischenentscheidung – selbständig anfechtbar.
2. Eine Beweisanordnung sowie eine Entscheidung über einen Antrag auf Protokollergänzung sind unselbständige Zwischenentscheidungen die auch im FGG-Verfahren nicht isoliert angefochten werden können.
3. Das Verfahren auf Ersetzung der Einwilligung eines leiblichen Elternteils zur Adoption ist zwingend auszusetzen, wenn das Verfahren auf Übertragung der elterlichen Sorge noch nicht abgeschlossen ist; das nach § 148 ZPO analog auszuübende Ermessen des Gerichts ist wegen § 1747 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf Null reduziert.
4. Eine ausstehende Entscheidung des EGMR hinsichtlich des Sorgerechtsbegehrens dieses Elternteils ist nicht vorgreiflich i.S.v. § 148 ZPO.
Verfahrensgang
LG Dessau (Beschluss vom 30.10.2002; Aktenzeichen 8 (9) T 47/02) |
AG Wittenberg (Aktenzeichen 14 XVI 16/99) |
Tenor
Auf den Antrag des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des LG Dessau vom 30.10.2002 abgeändert und das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Sorgerechtsverfahren (Az. 5 F 741/02 – AG Wittenberg) ausgesetzt.
Der weiter gehende Aussetzungsantrag des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.
Im Übrigen werden die Anträge als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Der Kindsvater begehrt die Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Antrag, ihm das Sorgerecht zu übertragen sowie bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Beschwerde beim EuGH für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR). Desweiteren begehrt der Beteiligte zu 1) die Ergänzung eines Beweisbeschlusses sowie des Protokolls vom 25.10.2002.
C.F. wurde am 25.8.1999 in L. als nichteheliches Kind der C.C.F. und des Beteiligten zu 1) geboren. Bereits am 26.8.1999 erklärte die leibliche Mutter ihre Einwilligung in die beabsichtigte Adoptionsfreigabe. Die Beteiligten zu 2) holten das Kind am vierten Tag nach der Geburt auf Veranlassung des Jugendamtes ab. Seit diesem Zeitpunkt befindet es sich bei den Beteiligten zu 2) als Pflegeeltern.
Da sich die leibliche Kindesmutter vom Beteiligten zu 1) bereits vor der Geburt des Kindes getrennt hatte, erfuhr dieser erst im Oktober 1999 von der Geburt des Kindes und davon, dass die Mutter es zur Adoption freigegeben hatte. Fortan bemühte er sich, das Sorgerecht für das Kind zu erhalten. Nachdem das AG Wittenberg zunächst anders entschieden hatte, wies das OLG Naumburg den Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge durch Beschluss vom 20.6.2001 zurück. Das BVerfG nahm die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 mit Beschluss vom 31.7.2001 nicht an.
Der Beteiligte zu 1) hat daraufhin am 25.9.2001 Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt. Die Beschwerde wurde am 12.10.2001 unter dem Aktenzeichen 74.969/01 dort registriert.
Das AG Wittenberg ersetzte – gestützt auf die Sorgerechtsentscheidung des OLG Naumburg – mit Beschluss vom 28.12.2001 die Einwilligung des Beteiligten zu 1) zur Adoption.
Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) am 24.1.2002 sofortige Beschwerde eingelegt. Weiter hat er mit Schriftsatz vom 11.2.2002 beantragt, das Adoptionsverfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über seine Beschwerde auszusetzen.
Am 24.9.2002 erklärte die Kindsmutter erneut die Einwilligung zur Adoption in notarieller Form, da die Einwilligungserklärung vom 1.11.1999 gem. § 1750 Abs. 4 BGB kraftlos zu werden drohte.
Mit Schriftsatz vom 24.10.2002 teilte der Beteiligte zu 1) mit, dass er am 15.10.2002 erneut die Übertragung der elterlichen Sorge beantragt habe. Da die Kindsmutter wiederum die Einwilligung zur Adoption erklärt habe, sei auch der Weg für einen erneuten Sorgerechtsantrag frei geworden. Der Antrag sei vor dem AG Wittenberg unter dem Aktenzeichen 5 F 741/02 anhängig. Über diesen Sorgerechtsantrag müsse nach § 1747 Abs. 3 S. 2 BGB zuerst entschieden werden. Daher sei der Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des leiblichen Vaters zur Adoption zur Zeit abzuweisen.
Am 25.10.2002 fand ein Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Dessau statt.
Mit Beschluss vom 30.10.2002 wies das LG den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Sorgerechtsverfahren durch die Entscheidung des OLG Naumburg vom 26.6.2001 seinen rechtskräftigen Abschluss gefunden habe. Einer eventuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte komme keine diese Rechtskraft durchbrechende Wirkung zu. Weiter erließ das LG am 30.10.2002 einen Beweisbeschluss. Mit Schriftsatz vom 19.11.2002 beantragte der Beteiligte zu 1) die Ergänzung des Protokolls sowie eine Abänderung und Ergänzung des Beweisbeschlusses vom 30.10.2002.
Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz v...