Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine gemeinsame elterliche Sorge bei Zerstrittenheit der Eltern

 

Leitsatz (amtlich)

Streiten die Eltern bereits seit Jahren in einer Vielzahl von gerichtlichen Verfahren über Umgangs- und Sorgerechtsfragen und konnte auch das laufende Sorgerechtsverfahren nicht erreichen, dass sich die geschiedenen Eheleute zum Kindeswohle über die wesentlichen Kindesfragen verständigen können, kann es bei der gemeinsamen Sorge der zerstrittenen Eltern nicht verbleiben. Dies gilt um so mehr, wenn die eingeholten Sachverständigengutachten in eindeutiger Weise belegen, dass die Einigungsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern dringend erforderlich ist, um die seelisch-geistige Entwicklung der Kinder zu fördern.

 

Normenkette

BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2, § 1687

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Urteil vom 20.03.2007; Aktenzeichen 49 F 226/04)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Sorgerechtsentscheidung im Urteil des AG - FamG - Bonn vom 20.3.2007 - 49 F 226/04 - (Ziff. 3 des Urteilstenors), mit welcher das Sorgerecht für die minderjährigen Kinder Z und B zur alleinigen Ausübung auf die Antragsgegnerin, die Kindesmutter, übertragen worden ist, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

2. Der Antrag des Antragstellers, ihm zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird mangels der gem. § 114 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht der Beschwerde zurückgewiesen.

3. Der Antragsgegnerin wird zur Rechtsverteidigung gegen die Beschwerde des Antragstellers ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N in C bewilligt.

 

Gründe

Die gem. § 621e ZPO zulässige - insbesondere form- und fristgerecht eingelegte - befristete Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das FamG das alleine elterliche Sorgerecht auf die Antragsgegnerin übertragen.

Die hiergegen gerichteten Angriffe des Antragstellers, der die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich begehrt, rechtfertigen keine andere Entscheidung. Gemäß § 1671 Abs. 1, 2 Ziff. 2 BGB war die alleinige elterliche Sorge bezüglich der Kinder Z und B auf den Gegenantrag der Antragsgegnerin auf diese zu übertragen, da zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf die Antragsgegnerin dem Wohl der Kinder am Besten entspricht. Zu Unrecht rügt der Antragsteller, dass das FamG als einzige formellhafte Begründung für seine Entscheidung angegeben habe, dass dies dem Wohl der Kinder am Besten entspreche, dies dann aber vom Gericht nicht mehr näher begründet worden sei. Das Gericht hat sich sehr wohl mit der Kindeswohlfrage im Einzelnen auseinandergesetzt. So hat es zunächst Bezug genommen auf die erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten vom 4.11.2005 (Bl. 36 bis 119 SO GA) sowie vom 1.12.2006 (Bl. 173 bis 226 SO GA) und die dortigen überzeugenden Feststellungen zur Sorgerechtsfrage zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Dabei war es nicht erforderlich, im Einzelnen die sachverständigerseits gemachten Ausführungen zu wiederholen, da der Inhalt der beiden vorgenannten Gutachten den am Sorgerechtsverfahren Beteiligten genügend bekannt war, hatten sie doch ausführlich hierzu Stellung genommen. Entscheidend ist, dass das FamG die tragenden Gründe der Gutachterin in seiner Entscheidung verwertet und im Einzelnen mit der durch das Sachverständigengutachten ihm vermittelten eigenen Sachkunde seine Entscheidung begründet hat. Zutreffend weist der Antragsteller zwar darauf hin, dass es nach den Ausführungen der Sachverständigen Dipl.-Psychologin L auch möglich erscheint, dass der Antragsteller die Betreuung und Erziehung der betroffenen Kinder der Parteien ausübt. Zweifel bestehen allerdings bereits daran, ob die spezielle Erziehungsgeeignetheit des Antragstellers in gleichem Maße besteht wie bei der Antragsgegnerin. Dies ist vorliegend jedoch nicht von entscheidender Bedeutung, da auch bei gleicher Erziehungsgeeignetheit der beteiligten Elternteile die Sorgerechtsentscheidung zugunsten der Antragsgegnerin unter Kindeswohlgesichtspunkten gerechtfertigt ist.

Überzeugend hat die Sachverständige in den genannten Gutachten belegt, was im Übrigen durch die Vielzahl der zwischen den Parteien geführten familienrechtlichen - insbesondere sorgerechtlichen - gerichtlichen Streitigkeiten, deren Akten dem Senat vorliegen, und dem Verlauf dieses Sorgerechtsverfahrens eindrucksvoll untermauert wird, dass die Kindeseltern heillos zerstritten sind und eine Kommunikation auch über wesentliche Kindesbelange nicht möglich erscheint. Unter den gegebenen Umständen erfordert dies die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf ein Elternteil, und im vorliegenden Fall auf die Antragsgegnerin.

Bei mangelnder Konsens- und Kooperationsbereitschaft der Eltern ist zu prüfen, welche Auswirkungen die fehlende Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird (v...

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