Leitsatz (amtlich)

Sind die in erster Instanz erhobenen Einwendungen bei Erlass des Festsetzungsbeschlusses zu Unrecht unberücksichtigt geblieben, ist in der vom Beschwerdegericht zu treffenden eigenen Sachentscheidung der Festsetzungsbeschluss ersatzlos aufzuheben. Eine darüber hinaus gehende Entscheidung in der Sache kann durch das Beschwerdegericht nicht getroffen werden.

Bringt der Antragsgegner zweifelsfrei zum Ausdruck, dass er zur Zahlung von Unterhalt nicht bereit oder in der Lage ist, bedarf es im dritten Abschnitt des Formblatts nicht zwingend der Eintragung des Betrages von 0 EUR.

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 16.12.2011; Aktenzeichen 430 FH 148/11)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 16.12.2011 (430 FH 148/11) aufgehoben.

2. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.140 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das antragstellende Land begehrt vom Antragsgegner Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht (§ 1601 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 und Abs. 2 UVG).

Das antragstellende Land hat für die minderjährige Tochter des Antragsgegners Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbracht und im Wege des vereinfachten Verfahrens die Festsetzung von Unterhalt für den Zeitraum ab 1.1.2011 beantragt. Der Antrag wurde dem Antragsgegner verbunden mit dem Hinweis, in welcher Form und Frist Einwendungen erhoben werden können, am 15.11.2011 zugestellt.

Mit Telefax vom 15.12.2011 teilte der Antragsgegner über seine Verfahrensbevollmächtigte mit, dass er aufgrund einer mit der Kindesmutter getroffenen Freistellungsvereinbarung und der Begleichung sämtlicher aus der Ehe herrührender Verbindlichkeiten zur Zahlung von Unterhalt für seine Tochter N. nicht bereit sei. Dieses Anwaltsschreiben ging im Original am 16.12.2011 nebst dem ausgefüllten Formular für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt beim Familiengericht ein.

Der antragsgemäß am 16.12.2011 verfügte Festsetzungsbeschluss wurde dem Antragsgegner am 20.12.2011 zugestellt. Mit seiner hiergegen gerichteten, am 20.1.2012 beim Familiengericht Freiburg eingegangenen Beschwerde wendet der Antragsgegner ein, dass seine rechtzeitig erhobenen Einwendungen zu Unrecht nicht berücksichtigt worden seien.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig.

a) Bei dem Festsetzungsbeschluss nach § 253 FamFG handelt es sich um eine Endentscheidung i.S.v. § 38 FamFG, gegen die die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG statthaft ist (Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2011). Die Beschwerde wurde form- und insbesondere fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt. Dabei ist zugunsten des Antragsgegners davon auszugehen, dass die zunächst per Telefax eingereichten Beschwerdeschrift - wie das am 23.1.2012 eingegangene Original - zwei Seiten umfasste und damit auch die auf Seite zwei des Schriftsatzes befindliche Unterschrift enthielt. Auf dem Telefax befindet sich rechts oben der Hinweis, dass es sich bei der zur Akte gelangten Seite um die erste von insgesamt zwei Seiten handelt.

b) Auch die im vereinfachten Unterhaltsverfahren zu beachtenden besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 256 FamFG sind erfüllt.

Gemäß § 256 S. 1 FamFG kann die Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss lediglich auf die in § 252 Abs. 1 FamFG genannten Einwendungen gestützt werden, namentlich auf die Unzulässigkeit des vereinfachten Festsetzungsverfahrens, die unrichtige Berechnung des Unterhalts nach Zeitraum und Höhe sowie die Unrichtigkeit der Kostenentscheidung. Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG können nur geltend gemacht werden, wenn der Beschwerdeführer sie ordnungsgemäß in der ersten Instanz vor Verfügung des Festsetzungsbeschlusses erhoben hat. Wird das Rechtsmittel nicht auf diese Anfechtungsgründe gestützt, ist es unzulässig (BGH FamRZ 2008, 1433 zu § 652 ZPO a.F.; Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 256 FamFG Rz. 16; Johannsen/Henrich, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 256 FamFG Rz. 5 f.; Bork/Jacoby/Schwab/Hütter, FamFG, 2009, § 256 Rz. 8; Prütting/Helms/Bömelburg, FamFG, 2. Aufl. 2011, § 256 Rz. 10).

Vorliegend hat der Antragsgegner rechtzeitig und in zulässiger Weise Einwendungen nach § 252 Abs. 2 S. 1 FamFG vorgebracht. Mit Telefax vom 15.12.2011 - und damit einen Tag vor Erlass des Festsetzungsbeschlusses - hat er über seine Verfahrensbevollmächtigte unter Angabe einzelner Gründe mitgeteilt, dass er zur Zahlung von Unterhalt für seine Tochter N. nicht bereit sei. In dem Schreiben wurde auf einen als Anlage beigefügten Fragebogen sowie auf beigefügte Belege verwiesen. Ob das Einwendungsformular tatsächlich bereits am 15.12.2011 als Telefax übermittelt wurde, kann dabei offen bleiben. Sollte es dem Telefax nicht beigefügt gewesen sein, hätte es...

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