Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Bindungswirkung des Haftpflichturteils im Deckungsprozess
Leitsatz (amtlich)
Die Bindungswirkung im Deckungsprozess an das rechtskräftige Haftpflichtteil erstreckt sich auf
Normenkette
VVG § 152
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 20.11.2002; Aktenzeichen 16 O 265/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 20.11.2002 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des LG Essen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu dem Schadenereignis Schaden-Nr.: … zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages beibringt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Deckungsschutz aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung.
Wegen einer im Rahmen seiner Tätigkeit als Handelsvertreter der WWK Allgemeine Versicherung AG (im Folgenden: WWK) begangenen Pflichtverletzung wurde der Kläger in dem Rechtsstreit 16 O 369/00 LG Essen (= OLG Hamm – 35 U 15/01) durch rechtskräftiges Urteil des 35. Zivilsenats des OLG Hamm vom 7.12.2001 zur Zahlung von Schadensersatz an die WWK verurteilt. Die Urteilssumme von 64.781,91 DM berücksichtigt eine von der WWK erklärte Aufrechnung; der gesamte der WWK entstandene Schaden beläuft sich auf 83.293,60 DM. Der 35. Zivilsenat hat in den Entscheidungsgründen (auf S. 7 f. des Urteils unter Ziff. 1.1) u.a. ausgeführt:
„[E]r hat der [WWK] den Antrag von Frau R. auf Abschluss einer Hausratversicherung zugeleitet, obwohl die Fragen nach früheren Versicherungen und Schäden nicht beantwortet waren. Dies ist jedenfalls fahrlässig geschehen. Er ging, wie die Erörterung im Senatstermin ergeben hat, fälschlich davon aus, die Fragen nach Vorversicherungen und Vorschäden könnten mit ‚Nein' beantwortet werden, wenn die Schäden und die Kündigung der Vorversicherung mehr als fünf Jahre zurücklagen. Er hat den Antrag zunächst nur ‚probehalber' eingereicht, weil er gemäß seiner Verabredung mit den Eheleuten R. noch abwarten musste, ob diese den Zeitpunkt der Vorschäden und der Kündigung noch definitiv feststellen konnten. Er hatte verabredet, davon auszugehen, die Schäden lägen mehr als fünf Jahre zurück, wenn er nichts mehr höre. Die unvollständige Ausfüllung ist dem Zeugen S. aufgefallen. Er hat deshalb, wie der Beklagte [hiesige Kläger] im Senatstermin nicht mehr bestritten hat, nachgefragt, ob für Frau R. oder deren Ehegatten bereits einmal eine gleichartige Versicherung bestanden habe. Diese Frage hat der Beklagte dann mündlich mit Nein beantwortet, weil er von den Eheleuten R. nichts mehr gehört hatte und demgemäß davon ausging, die Vorschäden und die Kündigung lagen mehr als fünf Jahre zurück. Die Frage in dieser Weise objektiv falsch zu beantworten, war aus zwei Gründen fahrlässig. Zum einen hätte der Beklagte wissen müssen, dass es bei der Frage nach Vorversicherungen nicht auf eine Frist von fünf Jahren ankam, zum anderen durfte er keine Schlüsse aus dem Schweigen der Eheleute R. ziehen. Er wäre vielmehr verpflichtet gewesen, nachzufragen. Dann hätte er die Informationen bekommen, die die Eheleute R. bei der Anmeldung des späteren Diebstahlsschadens ggü. der Klägerin gemacht haben.”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des 35. Zivilsenates Bezug genommen.
Die Beklagte hatte zunächst „bedingungsgemäß Kostendeckungsschutz” für die Verteidigung gegen die Klage der WWK zugesagt; insoweit wird auf ihr Schreiben vom 7.6.1999 (Anlage 5 zur Klageschrift, Bl. 14 d.A.) Bezug genommen. Sie berief sich dann – spätestens mit Schreiben vom 5.5.2000 (Bl. 19 d.A.) – auf § 4 Nr. 5 der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Bl. 22 f. d.A.), wonach sich der Versicherungsschutz nicht bezieht auf Haftpflichtansprüche „wegen Schadenstiftung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung […] oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung”.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm könne allenfalls Fahrlässigkeit vorgeworfen werden; die Beklagte sei daher zu Deckungsschutz verpflichtet.
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger habe bei der in Rede stehenden Antragstellung wissentlich unrichtige Angaben gemacht; er habe auch wissentlich übergangen, dass nach den Richtlinien der WWK Vorversicherungen in einem Antrag auf Abschluss einer Hausratsversicherung auch dann hätten genannt werden müssen, wenn diese länger als fünf Jahre zurückgelegen hätten.
Das LG hat die Klage abgewiesen; es hat angenommen, der Kläger habe wissentlich Pflichten verletzt. Wegen der Einzelheiten der Begründung sowie des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers.
Er beantragt sinngemäß ...