Entscheidungsstichwort (Thema)
Niederlassungsfreiheit. Art. 43 EG. Gesundheit der Bevölkerung. Apotheken. Vorschriften, die allein Apothekern das Recht vorbehalten, eine Apotheke zu betreiben. Rechtfertigung. Sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Berufliche Unabhängigkeit der Apotheker
Beteiligte
Apothekerkammer des Saarlandes u.a |
Apothekerkammer des Saarlandes u. a |
Deutscher Apothekerverband e. V |
Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales |
Tenor
Die Art. 43 EG und 48 EG stehen einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegen, die Personen, die keine Apotheker sind, den Besitz und den Betrieb von Apotheken verwehrt.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgericht des Saarlandes (Deutschland) mit Entscheidungen vom 20. März 2007 und 21. März 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 30. März 2007, in den Verfahren
Apothekerkammer des Saarlandes,
Marion Schneider,
Michael Holzapfel,
Fritz Trennheuser,
Deutscher Apothekerverband e. V. (C-171/07),
Helga Neumann-Seiwert (C-172/07)
gegen
Saarland,
Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales,
Beteiligte:
DocMorris NV,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, K. Lenaerts, J.-C. Bonichot und T. von Danwitz, der Richter J. Makarczyk, P. Kūris, E. Juhász, G. Arestis, J. Malenovský (Berichterstatter) und L. Bay Larsen sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Apothekerkammer des Saarlandes, von Frau Schneider, Herrn Holzapfel und Herrn Trennheuser sowie des Deutschen Apothekerverbandes e. V., vertreten durch Prof. J. Schwarze im Beistand von Rechtsanwalt C. Dechamps,
- von Frau Neumann-Seiwert, vertreten durch Rechtsanwalt H.-U. Dettling,
- des Saarlandes und des Ministeriums für Justiz, Gesundheit und Soziales, vertreten durch W. Schild als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt H. Kröninger,
- der DocMorris NV, vertreten durch Prof. C. König im Beistand von Rechtsanwältin F. Diekmann,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch E. Skandalou als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und B. Messmer als Bevollmächtigte,
- von Irland, vertreten durch D. O'Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von A. Collins, SC, und N. Travers, BL,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Fiengo, avvocato dello Stato,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch Y. de Vries als Bevollmächtigten
- der niederländischen Regierung, vertreten durch Y. de Vries als Bevollmächtigten,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer und T. Kröll als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch E. Ośniecka-Tamecka und M. Kapko als Bevollmächtigte,
- der finnischen Regierung, vertreten durch J. Himmanen und A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und H. Krämer als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Dezember 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 43 EG und 48 EG sowie der Grundsätze des Gemeinschaftsrechts.
Rz. 2
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten, in denen sich die Apothekerkammer des Saarlandes, Frau Schneider, Herr Holzapfel, Herr Trennheuser und der Deutsche Apothekerverband e. V. (C-171/07) bzw. Frau Neumann-Seiwert (C-172/07) auf der einen Seite sowie das Saarland und das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales auf der anderen Seite gegenüberstehen und in denen es um eine nationale Regelung geht, nach der nur Apotheker Inhaber und Betreiber von Apotheken sein können.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Der 26. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255, S. 22) lautet:
„Diese Richtlinie gewährleistet nicht die Koordinierung aller Bedingungen für die Aufnahme und die Ausübung der Tätigkeiten des Apothekers. Insbesondere sollten die geografische Verteilung der Apotheken und das Abgabemonopol für Arzneimittel weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Diese Richtlinie berührt keine Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die Gesellschaften die Ausübung bestimmter Tätigkeiten des Apothekers verbieten oder ihnen für die Ausübung solcher Tätigkeiten bestimmte Auflagen machen.”
Rz. 4
Dieser ...