Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Unionsbürgerschaft. Recht der Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. Berechtigte. Familienangehörige des Unionsbürgers. Begriff ‚Ehegatte’. Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts. Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate. Grundrechte
Normenkette
AEUV Art. 21; Richtlinie 2004/38/EG Art. 3, 2 Nr. 2 Buchst. a, Art. 7
Beteiligte
Ministerul Afacerilor Interne |
Inspectoratul General pentru Imigrări |
Tenor
1. In einem Fall, in dem ein Unionsbürger sein Recht auf Freizügigkeit ausgeübt hat, indem er sich gemäß den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG in einen anderen Mitgliedstaat als den, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begeben und sich dort tatsächlich aufgehalten hat, und im Zuge dessen ein Familienleben mit einem gleichgeschlechtlichen Drittstaatsangehörigen entwickelt oder gefestigt hat, den er im Aufnahmemitgliedstaat rechtmäßig geheiratet hat, ist Art. 21 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass er es den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Unionsbürger besitzt, verwehrt, dem Drittstaatsangehörigen ein Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats mit der Begründung zu verweigern, dass das Recht dieses Mitgliedstaats die Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts nicht vorsieht.
2. Art. 21 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ein Drittstaatsangehöriger, der dasselbe Geschlecht hat wie der Unionsbürger, den er in einem Mitgliedstaat nach dessen Recht geheiratet hat, über ein Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verfügt, dessen Staatsangehörigkeit der Unionsbürger besitzt. Dieses abgeleitete Aufenthaltsrecht darf keinen strengeren Voraussetzungen als den in Art. 7 der Richtlinie 2004/38 vorgesehenen unterworfen werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea Constituţională (Verfassungsgerichtshof, Rumänien) mit Entscheidung vom 29. November 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Dezember 2016, in dem Verfahren
Relu Adrian Coman,
Robert Clabourn Hamilton,
Asociaţia Accept
gegen
Inspectoratul General pentru Imigrări,
Ministerul Afacerilor Interne,
Beteiligte:
Consiliul Naţional pentru Combaterea Discriminării,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), J. L. da Cruz Vilaça, A. Rosas, C. G. Fernlund und C. Vajda, der Richter E. Juhász, A. Arabadjiev, M. Safjan und D. Šváby, der Richterin M. Berger sowie der Richter E. Jarašiūnas und E. Regan,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Coman und Herrn Hamilton, vertreten durch R. Iordache und R. Wintemute, consilieri, sowie R.-I. Ionescu, avocat,
- der Asociaţia Accept, vertreten durch R. Iordache und R. Wintemute, consilieri, sowie R.-I. Ionescu, avocat, im Beistand von J. F. MacLennan, Solicitor,
- der rumänischen Regierung, zunächst vertreten durch R.-H. Radu, C. M. Florescu, E. Gane und R. Mangu, dann durch C.-R. Canţăr, C. M. Florescu, E. Gane und R. Mangu als Bevollmächtigte,
- des Consiliul Naţional pentru Combaterea Discriminării, vertreten durch C. F. Asztalos, M. Roşu und C. Vlad als Bevollmächtigte,
- der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kucina und V. Soņeca als Bevollmächtigte,
- der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und M. M. Tátrai als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. A. M. de Ree und M. K. Bulterman als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, M. Kamejsza-Kozlowska und M. Szwarc als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Nicolae, E. Montaguti und I. V. Rogalski als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Januar 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nr. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a und b sowie Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebie...