Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht. Soldatenversorgung. Wehrdienstbeschädigung. Infektion mit Q-Fieber in Afghanistan. sozialgerichtliches Verfahren. Elementenfeststellungsklage. Feststellungsklage. Feststellungsinteresse. Auftreten der Erkrankung als Vorfrage
Orientierungssatz
1. Eine isolierte Feststellungsklage auf der Grundlage des § 55 Abs 1 Nr 3 SGG kommt nicht in Betracht, wenn mit ihr nur die selbstständige Feststellung des Vorliegens anderer als in der Vorschrift genannter Tatbestandselemente des geltend gemachten Anspruchs begehrt wird (vgl BSG vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = SozR 3-3200 § 81 Nr 16).
2. Die Feststellung, dass ein Soldat während seines Auslandseinsatzes in Afghanistan eine Infektion mit Q-Fieber erlitten hat, bezieht sich allein auf den mit dem Wehrdienst zusammenhängenden schädigenden Vorgang als solchen, nicht aber auf dessen Folgen.
3. Ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis für eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG entsteht nicht bereits dadurch, dass die Beteiligten über das Vorliegen einer bloßen Tatsache (hier die Infektion während des Auslandseinsatzes) streiten, die lediglich eine Vorfrage des Versorgungsanspruchs nach § 80 SVG bildet (vgl zum Opferentschädigungsrecht BSG vom 16.12.2014 - B 9 V 1/13 R = BSGE 118, 63 = SozR 4-3800 § 1 Nr 21).
Normenkette
SGG § 55 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 128 Abs. 1; SVG §§ 80, 81 Abs. 1, 6 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer abgelaufenen Q-Fieber-Infektion des Klägers als Folge einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der 1963 geborene Kläger war vom 4. März 1996 bis zum 31. Mai 2010 Soldat der Bundeswehr, zuletzt im Rang eines Oberfeldarztes. Er nahm als Sanitätsstabsoffizier an einem Auslandseinsatz in Afghanistan bis zum 4. Oktober 2007 teil. Anfang 2008 wurde er wegen eines Infekts der Atemwege im Bundeswehrkrankenhaus ambulant behandelt. Während serologische Untersuchungen vom 13. und 25. Februar 2008 einen negativen Befund zeigten, wurde der Untersuchung einer weiteren Probe am 21. November 2008 der serologische Hinweis auf eine längere Zeit (ca. 3 Monate bis 5 Jahre) zurückliegende Infektion mit Coxiella burnetii entnommen. Hierbei handelt es sich um den Erreger des Q-Fiebers, einer zwischen Tieren und Menschen übertragbaren Infektionskrankheit.
Mit WDB-Blatt vom 11. Mai 2010 machte der Kläger eine Infektion mit Q-Fieber als Folge seines Auslandseinsatzes geltend. Mit Bescheid vom 8. Juli 2011 stellte die Beklagte fest, dass die Gesundheitsstörung “abgelaufene Q-Fieber-Infektion„ nicht Folge einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) sei und daher kein Anspruch auf Ausgleich nach § 85 SVG bestehe.
Mit seinem Widerspruch brachte der Kläger vor, er sei in Deutschland keinem Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen, weil er nicht zu dem Kreis der gefährdeten Personen (z.B. Schlachthofpersonal, Landwirte, Schäfer, Schafscherer, Tierärzte) gehöre. Hingegen habe er sich während seines Auslandeinsatzes regelmäßig in Zelten aufgehalten und sei deshalb Staub und Sandpartikeln ausgesetzt gewesen. In der weiteren Umgebung des Lagers hätten sich Hirten mit ihren Schafherden aufgehalten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2012 zurück: Die Gesundheitsstörungen und Infektionen “abgeklungener Atemwegsinfekt unklarer Genese im Januar 2008; zeitlich unbestimmt abgelaufene Q-Fieber-Infektion„ seien nicht Folgen einer Wehrdienstbeschädigung.
Mit seiner Klage bei dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, die bei ihm aufgetretenen Gesundheitsstörungen und Infektionen “abgeklungener Atemwegsinfekt unklarer Genese im Januar 2008; zeitlich unbestimmt abgelaufene Q-Fieber-Infektion„ als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. April 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger während seiner Tätigkeit einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen sei.
Gegen das Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er zunächst die Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Wehrdienstbeschädigung begehrt hat. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Infektiologen Prof. Dr. Dr. S vom 4. November 2015 mit ergänzender Stellungnahme vom 6. Januar 2016.
In der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2016 hat der Kläger erklärt, die Feststellung, dass der “abgeklungene Atemwegsinfekt unklarer Genese im Januar 2008„ nicht mehr als Folge einer Wehrdienstbeschädigung geltend zu machen. Er hat darauf verwiesen, dass als ...