Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erledigungsgebühr. Vorlage eines präsenten Beweismittels
Leitsatz (amtlich)
Die Vorlage einer Ablichtung eines in einem anderen Verfahren erstellten Gutachtens rechtfertigt nicht den Ansatz einer Erledigungsgebühr.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.12.2005 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 12.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2005 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
In Streit steht die Höhe der zu erstattenden Kosten eines Vorverfahrens und zwar hinsichtlich der Erstattung einer Erledigungsgebühr nach der Nr 1005 iVm Nr 1002 des Vergütungsverzeichnisses (VV) in der Anlage zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Mit Bescheid vom 01.02.2005 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.09.2004. Dagegen ließ der Kläger Widerspruch - gerichtet auf Zuerkennung von Rente wegen voller Erwerbsminderung - durch seinen bevollmächtigten Rentenbeistand erheben. Zur Begründung übersandte der Bevollmächtigte die Ablichtung eines ärztlichen Gutachtens des Dr. H. vom 17.02.2005, das dieser in einem Rentenverfahren für die Landwirtschaftliche Alterskasse erstellt hatte und das von einem unter dreistündigem Leistungsvermögen des Klägers ausging. Die Beklagte half mit Bescheid vom 19.05.2005 dem Widerspruch ab, indem sie dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.03.2005 gewährte. Sie sagte die Erstattung der notwendigen Kosten des Vorverfahrens im vollen Umfange zu (Schreiben vom 15.06.2005).
Auf die Kostenrechnung des Bevollmächtigten vom 30.06.2005 in Höhe von 523,16 EUR erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2005 einen Betrag von 198,36 EUR (Geschäftsgebühr gemäß Nr 2501 VV RVG in der damaligen Fassung, Auslagen für Kopien gemäß Nr 7000 VV RVG und Pauschale gemäß Nr 7002 VV RVG zuzüglich 16 vH Umsatzsteuer). Die Erstattung der ebenfalls geltend gemachten Erledigungsgebühr gemäß Nr 1005 VV RVG in Höhe von 280,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer lehnte die Beklagte ab. Diese Gebühr entstehe nur, wenn sich eine Rechtssache durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt habe. Dies setze eine besondere, auf die Beilegung der Rechtssache ohne streitige Entscheidung gerichtete anwaltliche Tätigkeit voraus. Üblicherweise zu erwartende Tätigkeiten eines Bevollmächtigten seien bereits durch die Geschäftsgebühr abgedeckt. Hierzu zählten das schriftsätzliche Begründen des Rechtsbehelfs, das Beibringen der anspruchsbegründenden Tatsachen sowie die Vorlage von Belegen und Beweisstücken. Ein über dieses Maß hinausgehendes Tätigwerden des Bevollmächtigten habe nicht vorgelegen, so dass die Erledigungsgebühr nicht angefallen sei. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 02.08.2005).
Auf die zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 13.12.2005 die Beklagte zur Abänderung des Bescheides vom 12.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2005 und zur Zahlung eines weiteren Betrages von 324,80 Euro (Erledigungsgebühr gemäß Nr 1005 VV RVG iHv 280,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer iHv 44,80 EUR) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 vH über dem Basiszinssatz seit 01.07.2005 verurteilt. Die Mitwirkung des Bevollmächtigten des Klägers an der Erledigung sei in der Vorlage des von Dr. H. erstellten Gutachtens vom 17.02.2005 zu sehen. Der Bevollmächtigte habe gezielt auf das Verfahren bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse hingewiesen und damit die zur Änderung des Verwaltungsaktes vom 01.02.2005 entscheidenden Gesichtspunkte vorgetragen.
Hiergegen richtet sich die - vom SG zugelassene - Berufung der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung des Rechtsstreits erforderlich. Darüber hinaus sei auch von einer vollen Abhilfe des Widerspruches auszugehen, so dass schon deshalb die Erledigungsgebühr nicht zu erstatten sei. Denn nach dem Urteil des BSG vom 09.08.1995 (9 RVs 7/94) falle eine Erledigungsgebühr nicht an, wenn sich ein Rechtsstreit im Wege des Anerkenntnisses ohne gegenseitiges Nachgeben erledigt hat.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.12.2005 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 12.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2005 abzuweisen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.12.2005 zurückzuweisen.
Er hat sich zum Vorbringen der Beklagten nicht geäußert.
Zur Ergänzung wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die aufgrund Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die Beklagte unter Abänderung ...