Rn. 151

Stand: EL 04 – ET: 11/2009

Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber – auch weiterhin – die Frage, in welcher Reihenfolge die einzelnen freien Eigenkapitalbestandteile zur Dotierung der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen herangezogen werden sollen, nicht explizit im Gesetz geregelt hat, kann ein Verwendungswahlrecht des Bilanzierenden abgeleitet werden (vgl. dazu Förschle/Hoffmann, in: Beck Bil-Komm. 2006, § 272, Rn. 119; Farr, W.-M. 1992, S. 14 f.). Es ist jedoch zu beachten, dass der für die Rücklagenbildung ursächliche Erwerb von Anteilen an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen ebenso wie die eigentliche Dotierung der Rücklage regelmäßig in die Verfügungskompetenz der Verwaltungsorgane fällt. Damit ist die Forderung berechtigt, dass die Verwaltung zur Dotierung der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen grds. nur solche Eigenkapitalkomponenten heranziehen sollte, die sich bereits in ihrer Verfügungskompetenz befinden, und erst für den Fall, dass diese zur vollständigen Bildung der Rücklage nicht ausreichen, auf solche Eigenkapitalbestandteile zurückgreifen kann, über deren Verwendung sie im Regelfall nur eingeschränkt oder überhaupt nicht entscheiden kann. Eine andere Reihenfolge der Verwendung freier Eigenkapitalbeträge stellt insbes. bei der AG einen willkürlichen und damit unzulässigen Eingriff in die Gewinnverwendungskompetenz der HV dar. Daher sind die frei verfügbaren Eigenkapitalkomponenten in folgender Reihenfolge zu verwenden:

(1) Gewinnrücklagen/Kap.-Rücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4,
(2) Jahresüberschuss/Gewinnvortrag.
 

Rn. 152

Stand: EL 04 – ET: 11/2009

Die Möglichkeiten der Bildung der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen aus den Gewinnrücklagen bzw. der Kap.-Rücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 sind als gleichwertig anzusehen, da die Dotierung in beiden Fällen grds. zulasten der Verfügungskompetenz der Verwaltung geht. Eine Umbuchung aus der Kap.-Rücklage in die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen hat jedoch zur Folge, dass von außen zugeflossenes Kap. unter den Gewinnrücklagen, und damit als von der Gesellschaft erwirtschafteter Gewinn, ausgewiesen wird. Aus Gründen der durch den Gesetzgeber mit der Trennung in Kap.-Rücklage und Gewinnrücklagen angestrebten besseren Aussagefähigkeit der EK-Darstellung sollte daher in diesem Fall eine Erläuterung im Anh. erfolgen.

 

Rn. 153

Stand: EL 04 – ET: 11/2009

Sofern keine frei verfügbaren offenen Rücklagen mehr vorhanden sind, muss die Einstellung in die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen aus dem Gewinnvortrag oder dem Jahresüberschuss erfolgen. Beide Möglichkeiten mindern in voller Höhe die Gewinnverwendungsbefugnis der HV. Während hinsichtlich des Gewinnvortrags der HV die alleinige Verfügungsberechtigung zusteht (vgl. § 174 AktG), wird durch eine Rücklagenbildung aus dem Jahresüberschuss derjenige Teil des im lfd. GJ erwirtschafteten Gewinns geschmälert, der regelmäßig der HV zur Disposition steht, weil durch die Einstellung von Beträgen in die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen die Bemessungsgrundlage für die Zuweisung von Teilen des Jahresüberschusses zu den Gewinnrücklagen durch die Verwaltung (vgl. § 58 AktG) nicht gemindert wird. In diesem Fall bleibt es prinzipiell der Verwaltung überlassen, für welche Möglichkeit sie sich entscheidet.

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