Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Pflichtteilsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 2316 BGB regelt die Berechnung des Pflichtteils für einen pflichtteilsberechtigten Abkömmling, wenn bei gesetzlicher Erbfolge neben ihm mindestens noch ein Abkömmling berufen wäre. Gegenstand der Regelung ist nicht die Frage, was der Pflichtteilsberechtigte sich auf den Pflichtteil anrechnen lassen muss, sondern wie sich der für den Pflichtteil maßgeblich gesetzliche Erbteil eines Abkömmlings unter Berücksichtigung der Ausgleichungsrechte und -pflichten bemisst.

2. Eine Ausgleichung hinsichtlich des Pflichtteils nach § 2316 BGB setzt voraus, dass der Pflichtteilsberechtigte gem. § 2057 a BGB besondere Leistungen für den Erblasser erbracht oder ihn gepflegt hat.

 

Normenkette

BGB §§ 2057a, 2316

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Urteil vom 25.01.1988; Aktenzeichen 5 O 944/87)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 25.01.1988 – 5 O 944/87 – teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 10.000,00 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 28.04.1987 zu zahlen. Der weitergehende Zinsanspruch wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung und Beschwer der Beklagten:

10.000,00 DM

Von der Darstellung des Tatbestands wird in Anwendung … von § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist begründet.

Der Klägerin steht ein restlicher Pflichtteilsanspruch in Höhe von DM 10.000 zu.

Die Parteien streiten um die Rechtsfrage, ob bei der Berechnung des Pflichtteils der Klägerin zugunsten der als Alleinerbin eingesetzten Beklagten und zu Lasten der Klägerin ein fiktiver Ausgleichsanspruch gem. § 2057 a BGB im Hinblick auf die Mitarbeit der Beklagten in der Landwirtschaft der Eltern zu berücksichtigen ist (§ 2316 Abs. 1 BGB), mit anderen Worten, ob § 2316 Abs. 1 BGB nicht nur zugunsten des pflichtteilberechtigten Abkömmlings, sondern auch zugunsten des als Alleinerben eingesetzten Abkömmlings anwendbar ist. Da eine solche Berücksichtigung zugunsten der Beklagten nicht stattfindet, hat die Klägerin noch einen restlichen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 10.000 DM.

§ 2316 BGB regelt die Berechnung des Pflichtteils für einen pflichtteilsberechtigten Abkömmling, wenn bei gesetzlicher Erbfolge neben ihm mindestens noch ein Abkömmling berufen wäre. Gegenstand der Regelung ist nicht die Frage, was der Pflichtteilsberechtigte sich auf den Pflichtteil anrechnen lassen muß, sondern wie sich der für den Pflichtteil maßgebliche gesetzliche Erbteil eines Abkömmlings unter Berücksichtigung der Ausgleichungsrechte- und pflichten bemißt (Staudinger, § 2316, BGB, Rd.Nr. 3; Palandt § 2316 BGB Anm. 1). Eine Ausgleichung hinsichtlich des Pflichtteils nach § 2316 BGB setzt voraus, daß der Pflichtteilsberechtigte gem. § 2057 a BGB besondere Leistungen für den Erblasser erbracht oder ihn gepflegt hat (RGR Kommentar § 2316 BGB Rd.Nr. 10).

Die Ausgleichungspflicht unter Abkömmlingen gem. § 2057 a BGB gilt nur für den Fall der gesetzlichen Erbfolge. Wurde ein Abkömmling enterbt, während der übrige bzw. die übrigen als Erben eingesetzt wurden, so findet eine echte Ausgleichung (gem. § 2057 a BGB) nicht mehr statt, weil das Gesetz zugunsten oder zu Lasten gewillkürter Erben grundsätzlich keine Ausgleichung kennt. Hier beantwortet § 2316 BGB die Frage, wie sich der Pflichtteilsanspruch des enterbten Abkömmlings berechnet, wenn dieser (nicht aber der als Erbe eingesetzte Abkömmling) im Falle gesetzlicher Erbfolge ausgleichungsberechtigt geworden wäre (Münch.Komm. § 2315 BGB Rd.Nr. 3). Wird ein an sich ausgleichsberechtigter Abkömmling als Erbe eingesetzt, kann er nur unter den Voraussetzungen des § 2316 Abs. 2 BGB, die hier nicht vorliegen, Ausgleichung verlangen, im übrigen aber nicht (Münch.Komm. § 2316 BGB Rd.Nr. 19).

Die Berufung der Klägerin hat somit Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 943828

DNotZ 1989, 184

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