Rn 11

Zur rechtsgeschäftlichen Rechtsänderung ist die dingliche Einigung erforderlich.

I. Dinglicher Vertrag.

 

Rn 12

Die Einigung iSd § 873 ist ein abstrakter dinglicher Vertrag, der auf die dingliche Rechtsänderung gerichtet ist und keiner Form bedarf (Ausn: §§ 925 II, 4 II 1 WEG; aber: §§ 20, 29 GBO, 11 II ErbbauRG führt mittelbar dazu, dass die dingliche Einigung bezüglich eines Erbbaurechts regelmäßig beurkundet wird). Die Vorschriften des Allg Teils sind unmittelbar anwendbar, insb die Vorschriften über Willenserklärungen, Bedingung und Befristung (Ausn: §§ 925 II, 11 I 2 ErbbauRG, 4 II 2 WEG), Auslegung und Umdeutung (BGH NJW 98, 3576 [OLG Karlsruhe 22.07.1997 - 2 W 1/97]; Soergel/Stürner Rz 4). Vorschriften des Allg Teils des Schuldrechts sind nur nach Einzelfallprüfung anwendbar (BGHZ 49, 266; BRHP/Kössinger Rz 14) und insb ein dinglicher Vertrag zugunsten Dritter ist nicht zulässig (BGHZ 41, 95 f; BRHP/Kössinger Rz 14). Vertragsgegenstand und bezweckte Rechtsänderung müssen hinreichend bestimmt sein. Die dingliche Einigung alleine begründet keinen Anspruch auf Rechtsänderung oder Vollzug der Eintragung (Hamm NJW-RR 00, 1390; Grüneberg/Herrler Rz 9; Soergel/Stürner Rz 13).

II. Berechtigung und Verfügungsbefugnis.

1. Grundsatz.

 

Rn 13

Bei Vollendung des Rechtserwerbs (BGHZ 27, 366; Soergel/Stürner Rz 16, § 873 Rn 17) muss der an der dinglichen Einigung Beteiligte materiell berechtigt oder bezüglich des Grundstücksrechts verfügungsbefugt (zB Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker) sein (Ausn § 878). Die materiell-rechtliche Berechtigung setzt nicht die Eintragung im Grundbuch voraus, wobei jedoch der Voreintragungsgrundsatz die Eintragung hindert, wenn der materiell Berechtigte nicht im Grundbuch eingetragen ist, so dass das Grundbuch vor der Eintragung berichtigt werden muss (Ausn §§ 39 f GBO, BGH Rpfleger 06, 316 [BGH 20.01.2006 - V ZR 214/04]). Wenn der Verfügende Nichtberechtigter ist und auch nicht aufgrund einer Verfügungsermächtigung handelt gilt § 185 (BGH NJW 89, 521 [BGH 28.10.1988 - V ZR 14/87]; Grüneberg/Herrler Rz 11). Davon abgesehen ist ein Erwerb nach §§ 878, 892 f möglich.

2. Gesetzliche Verfügungsbeschränkungen.

 

Rn 14

Kraft Gesetzes bedarf die dingliche Einigung teilweise einer privatrechtlichen (zB §§ 1365, 1424, 5 ErbbauRG; 12 WEG) oder behördlichen Zustimmung (vgl Schöner/Stöber Rz 3800 ff). Insb: a) BauGB/LBauO. Eine Teilungsgenehmigung ist nach § 19 BauGB nF nicht mehr erforderlich. Dennoch dürfen durch die Teilung keine bebauungsplanwidrigen Zustände entstehen. Aufgrund von § 19 V BauGB aF erlassene Gemeindesatzungen sind nach § 244 V 3 BauGB nicht mehr anzuwenden. Landesrechtliche Genehmigungserfordernisse bestehen weiter in Hamburg, Niedersachsen und NRW (zB § 8 LBauO NRW). Weitere Verfügungsbeschränkungen nach dem BauGB bestehen ua nach §§ 22, 51, 144, 169. b) GrdstVG. Bei der Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher nutzbarer Grundstücke, wobei aufgrund von § 2 III Nr 3 GrdstVG nach den jeweiligen landesrechtlichen Ausführungsgesetzen Freigrenzen bestehen (zB in NRW 1 ha). c) GVO. Für Grundstücke im Gebiet der neuen Bundesländer bestehen Verfügungsbeschränkungen nach der Grundstücksverkehrsordnung. d) Kirchenrecht. Verfügungen über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte der Kirche sind ohne Genehmigung der kirchlichen Aufsichtsbehörde absolut unwirksam (Hambg MDR 88, 860). Die Genehmigungserfordernisse richten sich nach den landesrechtlichen Regelungen (Scheffler NJW 77, 740; Schöner/Stöber Rz 4085 ff). e) Kommunalrecht. Bei Verfügungen über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte der Gebietskörperschaften (Städte, Gemeinde und Kreise) kann nach den jeweiligen Landesgesetzen (GO, KrO) eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich sein. Ohne eine erforderliche Genehmigung ist die dingliche Einigung grds absolut unwirksam (BayObLGZ 95, 226).

III. Durchbrechungen.

 

Rn 15

Der Grundsatz, wonach zur dinglichen Rechtsänderung materiell-rechtlich eine dingliche Einigung erforderlich ist, ist teilweise durchbrochen. ZT genügt eine einseitige Erklärung oder der Erwerb vollzieht sich kraft Gesetzes oder Staatsakt, so dass § 873 nicht anwendbar ist: 1. Einseitige Erklärungen. Teilweise reichen einseitige Erklärungen des Betroffenen aus: §§ 885 I 1 Var 2, 875, 876, 1188, 1195. Dies gilt auch bei der Bestellung von Rechten zugunsten des Eigentümers (§§ 1196 II, 881). 2. Erwerb kraft Gesetzes oder Staatsakt. Sofern sich der Erwerb außerhalb des Grundbuchs vollzieht, ist das Grundbuch unrichtig (§ 894). a) Kraft Gesetzes. Universalsukzession aufgrund Erbfolge (§§ 1922, 2139) oder Umwandlung (UmwG); An- oder Abwachsung bei Aus- oder Eintritt in eine Personengesellschaft bzgl des Gesamthandvermögens (insb GbR (§ 738 I 1 – beachte nF zum 1.1.24), OHG (§ 105 III HGB), KG (§ 161 II, 105 III), PartG (§§ 9, 1 PartGG); MüKo/Lettmaier Rz 28 ff); Ersitzung (§ 900) und Aneignung (§ 928); Vereinbarung von Gütergemeinschaft (§ 1416); Übertragung von Gesamthandsanteilen an Personengesellschaften oder Erbteilen (§ 2033 I), und zwar unabhängig davon, ob sie auf einen anderen Mitinhaber (BayObLG Rpfleger 83, 431) oder ggf vollständig (...

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