Gesetzestext

 

1Ist ein Recht an einem Grundstück mit dem Recht eines Dritten belastet, so ist zur Aufhebung des belasteten Rechts die Zustimmung des Dritten erforderlich. 2Steht das aufzuhebende Recht dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks zu, so ist, wenn dieses Grundstück mit dem Recht eines Dritten belastet ist, die Zustimmung des Dritten erforderlich, es sei denn, dass dessen Recht durch die Aufhebung nicht berührt wird. 3Die Zustimmung ist dem Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

§ 876 ergänzt § 875 für den Fall, dass durch die Aufhebung eines Rechts (Stammrecht) außer dem Berechtigten des Stammrechts und dem Eigentümer ein Dritter betroffen wird, weil dieser ein Recht an dem Stammrecht hat (Zweigrecht). Insoweit ist die Zustimmung des betroffenen Dritten erforderlich (vgl §§ 1071, 1255, 1276). § 876 gilt analog, wenn ein Zweigrecht aufgehoben werden soll, das seinerseits mit dem Rechte eines Dritten belastet ist (Staud/Gurksy Rz 13). § 876 gilt entspr aufgrund Verweisung in §§ 877, 880 III, 1109 II, 1116 II, 1132 II, 1168 II, 1180, § 11 I ErbbauRG, § 9 II WEG.

B. Belastetes Grundstücksrecht (S 1).

I. Recht an einem Grundstück (Stammrecht).

 

Rn 2

Das Recht an einem Grundstück kann jedes Grundstücksrechts iSd § 875 sein, insb auch Erbbaurecht und Wohnungseigentum.

II. Belastung des Rechts mit dem Recht eines Dritten (Zweigrecht).

 

Rn 3

Die Belastung eines beschränkten dinglichen Rechts (Stammrecht) kann Nießbrauch (§§ 1068 ff) oder Pfandrecht (§§ 1273 ff), insb an Grundpfandrechten, Dauerwohnrecht und Reallasten sein. § 876 ist analog anzuwenden, wenn gegen das Stammrecht ein Widerspruch (str) oder eine Vormerkung eingetragen ist, deren vorgemerkter Anspruch sich auf das Stammrecht bezieht (BayObLG Rpfleger 87, 156). Als Belastung eines grundstücksgleichen Rechts – wie dem Erbbaurecht – als Stammrecht, kommt dagegen jedes beschränkte dingliche Recht – wie zB eine Dienstbarkeit usw – in Betracht.

C. Subjektiv-dingliches Recht (S 2).

I. Grundstücksrecht (Stammrecht).

 

Rn 4

Sofern das aufzuhebende Recht dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks zusteht (subjektiv-dingliches Recht), ist die Zustimmung auch derjenigen Berechtigten erforderlich, die ein Recht an dem herrschenden Grundstück haben, weil deren Recht mittelbar durch die Aufhebung des subjektiv-dinglichen Rechts betroffen ist. Bsp: Grunddienstbarkeit (§ 1018), Vorkaufsrecht (§ 1094 II) und Reallast (§ 1105 II). Dabei ist es unerheblich, ob diese subjektiv-dinglichen Rechte im Grundbuch des herrschenden Grundstücks nach § 9 GBO vermerkt sind (BRHP/Kössinger Rz 17 ff). Auch wenn mangels eines solchen Vermerks eine Bewilligung des mittelbar Betroffenen verfahrensrechtlich nach § 21 GBO nicht geboten ist, bleibt diese materiell-rechtlich erforderlich und das Grundbuch wird ohne die Zustimmung des nach 2 Betroffenen unrichtig (BRHP/Kössinger Rz 17 ff).

II. Belastung.

 

Rn 5

Belastung des herrschenden Grundstücks kann wiederum jedes Grundstücksrecht sein, insb Grundpfandrechte.

D. Zustimmung des Dritten.

I. Erklärung.

 

Rn 6

Die Zustimmung des Dritten ist eine formfreie, einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung, die eine Verfügung über das Recht darstellt (Ddorf Rpfleger 93, 337 [OLG Düsseldorf 03.02.1993 - 3 Wx 34/93]) und nach Zugang unwiderruflich ist (3 Hs 2). In den Fällen des § 21 GBO ist die Erklärung in der Form des § 29 GBO auch für den Grundbuchvollzug erforderlich (MüKo/Lettmaier Rz 8).

II. Erklärender.

 

Rn 7

Entspr zur Aufhebungserklärung nach § 875 muss der Zustimmende wahrer Inhaber des Drittrechts iSv 1 und 2 sein, wobei der gute Glaube nach § 892 geschützt wird. Insoweit gilt § 875 Rn 3 entspr, allerdings mit der Besonderheit, dass die Zustimmung nicht im Grundbuch eingetragen wird und daher § 878 nicht zur Anwendung kommt. Auch wenn keine Eintragung der Zustimmung erfolgt, sind die §§ 111, 180, 1367, 1427 II, 1831 nicht anwendbar und die Zustimmung genehmigungsfähig (MüKo/Lettmaier Rz 11).

III. Erklärungsempfänger (S 3).

 

Rn 8

Die Zustimmung muss entweder dem Grundbuchamt oder dem Begünstigten zugehen. Begünstigter ist der Berechtigte des aufzuhebenden Rechts, als auch ein gleich- oder nachrangiger Berechtigter.

IV. Entbehrlichkeit.

 

Rn 9

Nach dem Wortlaut ist die Zustimmung nur iFd 2 ausnahmsweise entbehrlich, wenn das Zweigrecht durch die Löschung rechtlich – nicht wirtschaftlich – nicht beeinträchtigt wird (BGH LM ZPO § 3 Nr 40 Bl 2; Ermann/Lorenz Rz 8). Das ist idR der Fall, wenn der zustimmungspflichtige Drittberechtigte lediglich ein Nutzungsrecht (zB Dienstbarkeit) am herrschenden Grundstück hat. Darüber hinaus ist die Zustimmung entbehrlich, wenn bei Aufhebung des Erbbaurechts, das auf dem Erbbaurecht lastende Grundpfandrecht mit gleichem Rang auf dem Erbbaugrundstück lastet (BayObLG Rpfleger 87, 156; BRHP/Kössinger Rz 2). Landesrechtlich ist es möglich, die Unschädlichkeit nach Art 120 EGBGB durch ein Unschädlichkeitszeugnis nachzuweisen, woran das Grundbuchamt gebunden ist (Hamm FGPrax 04, 206 [OLG Hamm 04.05.2004 - 15 W 183/03]).

V. Wirkung.

 

Rn 10

Ohne Zustimmung erlischt das Recht trotz Löschung im Grundbuch nach § 875 nicht und die Löschung ist zunächst nur schwebend unwirksam, bis eine angemessene Genehmigungsfrist verstrichen ist; danach ist das Grundbuch endgültig unrichtig, s §§ 894, 899 (str, MüK...

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