Gesetzestext

 

(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, dem Eigentümer gegenüber zum Vorkaufberechtigt ist.

(2) Das Vorkaufsrecht kann auch zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellt werden.

A. Der Rechtstyp.

 

Rn 1

Das Vorkaufsrecht ist ein Gestaltungsrecht; es ermöglicht dem Berechtigten den Erwerb, wenn der Eigentümer sich von der Sache trennen will (MüKo/H.P. Westermann § 1094 Rz 1). Ein dingliches Vorkaufsrecht kann in zwei einander ausschließenden Gestaltungen bestellt werden, zugunsten einer bestimmten Person als subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht, § 1094 I, oder zugunsten des Eigentümers eines bestimmten Grundstücks als subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht nach § 1094 II (BGH NJW-RR 18, 1170 [OLG München 28.05.2018 - 34 Wx 251/16]).

 

Rn 2

Vom schuldrechtlichen Vorkaufsrecht, §§ 463–473, an das es konstruktiv angelehnt ist, vgl § 1098 I 1, unterscheidet es sich zunächst im Belastungsgegenstand (s.u. Rn 6), va aber in der dinglichen Sicherung des Berechtigten durch § 1098 II, allerdings ist keine Preisfixierung möglich (Böttcher NJW 14, 2765). Durch gesonderte Vereinbarung kann neben dem dinglichen ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht vereinbart werden (BGH NJW 14, 622, 623). Anders als das schuldrechtliche Vorkaufsrecht erlischt das dingliche Vorkaufsrecht nicht in der Insolvenz des Dritten, sondern begründet ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO (FK-InsO/Imberger § 47 Rz 60).

B. Die Rechtsentstehung.

 

Rn 3

Das auf die Bestellung gerichtete Verpflichtungsgeschäft bedarf der Form des § 311b (BGH DNotZ 68, 93 [BGH 17.05.1967 - V ZR 96/64]; zum Umgehungsgeschäft München NJW-RR 16, 340 [OLG München 25.09.2015 - 34 Wx 121/15]). Für das Bestellungsgeschäft soll § 873 indessen nicht gelten (BGH NJW-RR 16, 2035; unter Aufgabe von NJW-RR 91, 205 [BGH 07.11.1990 - XII ZR 11/89]; MüKo/H.P. Westermann § 1094 Rz 7; Soergel/Stürner § 1094 Rz 6a; aA Ddorf OLGR 02, 62).

 

Rn 4

Mehrere Vorkaufsrechte an einem Grundstück sind jedenfalls dann zulässig, wenn Vor- und Nachrang bestehen (BGHZ 35, 146). Im Vorkaufsfall setzt sich das rangbeste durch. Str ist die Zulässigkeit mehrerer Rechte im Gleichrang. Konsequenz dieses Gleichrangs könnte bei Ausübung mehrerer nur ein Bruchteilserwerb sein (Lüdtke/Handjery DB 74, 517), was kaum je gewollt ist. Deshalb ist die Zulässigkeit zu verneinen (MüKo/H.P. Westermann § 1094 Rz 8; Staud/Schermaier § 1094 Rz 12; Soergel/Stürner § 1094 Rz 4; aA Hamm NJW-RR 89, 912 [OLG Hamm 20.03.1989 - 15 W 549/88]; Ddorf Rpfleger 81, 479).

C. Der Berechtigte.

 

Rn 5

Das Recht kann gem Abs 1 subjektiv-persönlich für eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften bestellt werden. Nach Abs 2 kann das Recht auch subjektiv-dinglich bestellt werden (dazu NotJ-Report 08, 42). Berechtigt sein können der jeweilige Eigentümer eines Grundstücks, Miteigentumsanteils (BayObLG Rpfleger 82, 274), Wohnungseigentums und Erbbaurechts.

D. Der Belastungsgegenstand.

 

Rn 6

Belastbar sind Grundstücke (wegen Zubehör § 1096), deren reale Teile sind nicht als solche belastbar (vgl § 1095 Rn 3), Miteigentumsanteile, Wohnungseigentumsberechtigung und Erbbaurecht. Es kann auf den Erwerb einer noch zu bildenden Teilfläche gerichtet sein (BGHZ 202, 77). Die Belastung besteht für den Verkauf durch den Eigentümer oder dessen durch Gesamtrechtsnachfolge in die Eigentümerstellung eingerückten Erben (München BeckRS 15, 18622) auch dem Zuschlag in einem Teilungsversteigerungsverfahren (Köln JurBüro 15, 377).

 

Rn 7

Ein Gesamtrecht kann nicht bestellt werden (Bay ObLGZ 75, 365). Es entstehen Einzelrechte (Böttcher MittBayNot 93, 129). Es kann auf den Erwerb eines Miteigentumsanteils gerichtet sein (BGH NJW 14, 3024 [BGH 11.07.2014 - V ZR 18/13]).

E. Erlöschen.

 

Rn 8

Das auf einen Verkaufsfall beschränkte Recht (vgl § 1097) erlischt mit ordnungsgemäßer Ausübung und durch Nichtausübung bei Vorkaufsfall. Außerdem erlischt es, wenn das Grundstück auf andere Weise als durch Verkauf in das Eigentum eines Sonderrechtsnachfolgers übergeht (München BeckRS 15, 18622), etwa durch Übereignung an einen Dritten bei Nichtvorliegen eines Vorkaufsfalls (vgl auch § 1097 Rn 1), durch Verkauf an die gesetzlichen Erben mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht (München BeckRS 15, 18622), durch Erlassvertrag mit Verpflichtetem (BGH DNotZ 57, 306 [BGH 14.11.1956 - V ZR 178/54]) oder dem Dritten (BGH WM 66, 893), durch Aufhebung, § 875, durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung, §§ 52, 91 ZVG, durch Eintritt einer Bedingung oder Befristung, beim Tod des Berechtigten eines persönlichen Rechts, sofern nicht Vererblichkeit vereinbart, § 473 S 1. Es erlischt aber nicht bei schenkweiser Übertragung (KG FGPrax 18, 193 [KG Berlin 12.06.2018 - 1 W 149/18]).

 

Rn 9

Das für mehrere Fälle bestellte Recht erlischt in den Fällen Rn 8 a), c), d), e), g) und h). Im Falle der Zwangsversteigerung bleibt das Recht bestehen, wenn es ins geringste Gebot aufgenommen ist.

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