Vorkaufsrecht bei Share Deals: Bundesrat vertagt Beratung

Gemeinden haben ein gesetzlich geregeltes Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken. Das Land Berlin will das kommunale Vorkaufsrecht bundesweit auf grundstücksbezogene Share Deals ausweiten. Der Gesetzesantrag war auf der Tagesordnung beim Bundesrat – seitdem ist die Sache vertagt.

Am 11. Februar hat der Berliner Senat einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht, mit dem das allgemeine gesetzliche Vorkaufsrecht der Kommunen beim Verkauf von Grundstücken (Asset Deals) auf sogenannte Share Deals ausgeweitet werden soll. Der Bundesrat hatte die Drucksache am 26. März unter Top 8 zur Beratung auf der Tagesordnung.

Nun wurde der Termin verschoben, da "wohl noch Beratungsbedarf besteht", wie eine Sprecherin auf Nachfrage mitteilte. Ob der Berliner Entwurf überhaupt durch das Gesetzgebungsverfahren kommen wird, bleibt damit vorerst offen.

Vorkaufsrecht für Immobilien-Share-Deals: Berliner Gesetzentwurf baut auf § 24 BauGB auf

Gemäß § 24 Baugesetzbuch (BauGB) steht den Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen ein gesetzliches Vorkaufsrecht beim Verkauf von Grundstücken (Asset Deals) zu. Share Deals, bei denen nicht das Eigentum am Grundstück selbst, sondern Anteile einer im Grundbuch als Grundstückseigentümerin eingetragenen Gesellschaft veräußert werden, regelt der Paragraf grundsätzlich nicht. Das will Berlin bundesweit ändern mit seinem Vorstoß.

In dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des gemeindlichen Vorkaufsrechts nach den §§ 24 ff. des Baugesetzbuchs (Vorkaufsrechtsstärkungsgesetz) formuliert der federführende Berliner Senat für Stadtentwicklung und Wohnen, dass das Vorkaufsrecht auf alle vertrag­lichen Gestaltungen ausdehnt werden solle, "die bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Verkauf eines Grundstücks entsprechen". Damit sind auch Share Deals gemeint. Die Motivation für solche Grundstücksgeschäfte liegt vor allem darin, dass so die Grunderwerbsteuer gespart werden kann oder um ein gemeindliches Vorkaufsrecht abzuwenden. Kommunen erhalten über solche Transaktionen bislang keine Informationen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle Vertragsparteien und öffentlichen Stellen, etwa Notare und Gerichte, künftig zur Anzeige von Share Deals gegenüber den Kommunen verpflichtet werden können. Bei Verstößen sollen von den Gemeinden Bußgelder in Höhe von bis zu 500.000 Euro verhängt werden können. Außerdem sieht der Entwurf vor, dass die Frist zur Ausübung von Vorkaufsrechten (§ 28 Absatz 2 Satz 1 BauGB) von zwei auf vier Monate ausgedehnt wird.

BGH: Share Deals grundsätzlich nicht geeignet, Vorkaufsfall auszulösen

Bei "Umgehungsgeschäften", so heißt es im Berliner Entwurf, "insbesondere in Form von Share Deals" werde derzeit überwiegend auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27.1.2012 verwiesen. Die Entscheidung befasste sich mit der Ausübung des zivilrechtlichen Vorkaufsrechts (§ 463 BGB) bei Vorliegen einer den Vorkaufsfall auslösenden kaufähnlichen Vertragsgestaltung.

Share Deals sind nach dieser Rechtsprechung zwar grundsätzlich nicht geeignet, um ein Vorkaufsrecht auszulösen, doch es seien Vertragsgestaltungen denkbar, "die bei materieller Betrachtung einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechts so nahe kommen, dass sie ihm gleichgestellt werden können", so die Auffassung des Gerichts. Allerdings handelte es sich in diesem Fall klar um ein Umgehensgeschäft, mit dem gerade das gemeindliche Vorkaufsrecht verhindert werden sollte.

"Die vom BGH aufgestellten Grundsätze zu § 463 BGB bieten der Verwaltung jedoch nur bedingt eine Handhabe gegen die Umgehung des gemeindlichen Vorkaufsrechts", schreiben die Verfasser des Berliner Gesetzentwurfs. Die Erstreckung der Vorschriften über das gemeindliche Vorkaufsrecht auf Umgehungsgeschäfte sei mit Rechtsunsicherheit verbunden, solange sie nicht im Wortlaut klargestellt werde. Vor allem aber würden solche Umgehungsgeschäfte nach derzeitiger Rechtslage der Gemeinde nur in seltenen Fällen bekannt: Eine Mitteilungspflicht nach § 28 Absatz 1 Satz 1 BauGB besteht nur für Grundstückskaufverträge.

VG Berlin stellt Share Deals beim Vorkaufsrecht herkömmlichen Immobiliengeschäften gleich

Das Berliner Verwaltungsgericht (VG) hatte am 13.12.2019 in einem Eilverfahren (Az. VG 19 L 566.19) entschieden, es sei "möglich, dass sogenannte Umgehungsgeschäfte, die kaufähnlich sind, den Vorkaufsfall auslösen".

In dem Fall ging es um das Bezirksamt Neukölln, das einen Share Deal bei zwei Immobilien unter die Lupe nehmen wollte, um zu prüfen, ob ein Vorkaufsrecht umgangen wurde. Die Behörde verlangte, dass die vollständigen notariellen Unterlagen zum Share Deal vorgelegt werden. Der Erwerb der Gesellschaftsanteile sei – so die Begründung – ein Vorgang, der dem Bezirk die Ausübung seines Vorkaufsrechts eröffnen könnte. Die Beteiligten des Immobiliengeschäfts verweigerten dem Bezirk die Einsicht der Unterlagen. Sie argumentierten, aus einem Share Deal folge kein Vorkaufsrecht, eine Umgehung sei also nicht zu befürchten.

Dem widersprach das Verwaltungsgericht (VG) Berlin: Zwar löse ein Share Deal nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich kein Vorkaufsrecht aus – jenseits eines Kaufs seien aber Vertragsgestaltungen denkbar, die einem solchen Rechtsgeschäft so nahe kämen, dass sie diesem gleichgestellt werden könnten. Die im Baugesetzbuch geregelten Voraussetzungen für die Anordnung der Behörde zur Vorlage von Unterlagen seien erfüllt.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Share Deal, Auskunftspflicht, Vorkaufsrecht