Balkonkraftwerk: Das gilt für WEG & Vermieter nach Lockerungen

In einer Bundestagsanhörung haben alle Experten einen Rechtsanspruch für Wohnungseigentümer und Mieter auf die Installation von Balkonkraftwerken befürwortet – doch es wurde auch Nachbesserungsbedarf am Gesetzentwurf der Ampel-Regierung angemeldet.

Die Bundesregierung will die Installation von Steckersolargeräten – sogenannten Balkonkraftwerken – erleichtern, damit in Wohnhäusern mehr Solarstrom produziert wird. Dafür hat das Kabinett am 13.9.2023 Änderungen im Mietrecht (BGB) und im Wohnungseigentumsrecht (WEG) beschlossen.

Der entsprechende Gesetzentwurf, über den der Bundestag in erster Lesung am 18.1.2024 ( Video der Bundestagsdebatte) beraten hat, sieht vor, dass die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der privilegierten Maßnahmen aufgenommen wird.

In einer Expertenanhörung des Rechtsausschusses im Bundestag am 19.2.2024 gab es hierzu einhelligen Zuspruch. Verbände und Juristen sehen allerdings noch Bedarf zur Nachbesserung am Gesetzentwurf der Bundesregierung.

Balkonkraftwerke: Das soll für WEG und Vermieter gelten

Der "Entwurf eines Gesetzes zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen" wurde im Bundesjustizministerium (BMJ) erarbeitet. Die Pläne sind Teil der Photovoltaik-Strategie.

Vorgesehen ist, dass die Steckersolargeräte in die Liste der nach § 20 Abs. 2 WEG privilegierten baulichen Veränderungen aufgenommen werden, auf die Wohnungseigentümer einen Anspruch haben. Im Mietrecht in § 554 Abs. 1 BGB soll die Aufzählung der baulichen Maßnahmen, auf deren Gestattung Mieter einen Anspruch haben, entsprechend ergänzt werden. Die Notwendigkeit, einen Antrag auf Installation beim Vermieter oder der Eigentümerversammlung zu begründen, würde damit entfallen.

Im Gesetzentwurf wird explizit der geringere bürokratische Aufwand gegenüber den geltenden Regelungen betont: "Die Zeitersparnis wird im Fall von Wohnungseigentum typischerweise größer sein als bei Mietwohnungen, denn in Wohnungseigentümerversammlungen lösen Verlangen nach der Installation von Steckersolargeräten derzeit in der Regel erheblichen Erörterungsbedarf aus."

Im selben Gesetz will das Justizministerium auch virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen erleichtern. Sie sollen möglich sein, wenn mindestens drei Viertel der Eigentümer dafür stimmen.

Weitere Informationen des BMJ zum Gesetzgebungsverfahren, Gesetzentwurf und FAQ-Liste

Experten: Mehr Rechtssicherheit & Solaranlagen ausdehnen

In der Expertenanhörung am 19. Februar gab es Forderungen, dass der Anspruch generell auf gemeinschaftliche Photovoltaikanlagen ausgedehnt und mehr Rechtsklarheit geschaffen werden solle.

So sagte etwa Dr. Oliver Elzer, Richter am Kammergericht: "Der Entwurf schafft für die Frage der Privilegierung eines Steckersolargerätes Rechtssicherheit, soweit es um eine bauliche Veränderung geht. Für das Gebrauchmachen des gemeinschaftlichen Eigentums ändert er die Rechtslage nicht."

Wolle man auch hier Rechtssicherheit, müsste § 14 WEG ergänzt und klargestellt werden, dass im Gebrauch eines Steckersolargerätes kein Nachteil zu erkennen ist. Oder der Begriff der baulichen Veränderung in § 20 Absatz 1 WEG müsse nachgeschärft werden. Der Entwurf frage auch nicht, ob es richtig wäre, auch andere Gestattungen zu privilegieren. Im Bundesrat (Ausschüsse) sei insoweit vorgeschlagen worden, nicht (nur) Steckersolargeräte, sondern Photovoltaikanlagen zu privilegieren.

Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund, befürwortete eine Ausdehnung des Anspruchs auf große Photovoltaikanlagen, damit der Strom an die Mieter geliefert werden kann.

Stellungnahme Dr. Oliver Elzer "Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten"

CDU/CSU: Beschleunigter Ausbau von Balkonkraftwerken

Bei der Einführung der privilegierten Maßnahme für Steckersolargeräte plädierte Warnecke für die Einschränkung auf den Einbau an ausschließlich selbst genutzten Terrassen oder Balkonen, wie die Union es vorsehe. Er bezog sich dabei auf einen Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zum beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken (BalKraftBeschG, Stand 23.5.2023), der ebenfalls in der Anhörung beraten wurde.

Konkret soll für Mieter gegenüber dem Vermieter und für (Mit-) Eigentümer gegenüber der WEG ein Anspruch auf Anbringung und Nutzung der steckerfertigen Photovoltaikanlagen gesetzlich geregelt werden. Derzeit bestehe ein solcher Anspruch nicht, heißt es in der Vorlage. Die Installation von Balkonkraftwerken sei von der Zustimmung des Vermieters oder der Wohnungseigentümergemeinschaft abhängig. Das sei ein großes Hindernis.

Wenn das Gesetz ohne Nachbesserungen verabschiedet wird, hätten Vermieter und WEGs immer noch ein Mitspracherecht, wie ein Steckersolargerät am Haus angebracht wird – ob so eine Anlage überhaupt installiert werden darf, stünde dann aber nicht mehr grundsätzlich zur Debatte.

Haus & Grund zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung und der CDU/CSU-Fraktion

Balkonkraftwerke: Das ist geltendes Recht

Noch sind die rechtlichen Hürden hoch und die Mini-Solaranlagen auf Balkon und Terrasse oft Streitthema vor Gericht. Was Mieter und Eigentümer beachten sollten, um Konflikte zu vermeiden – darauf weist die Verbraucherrechtskanzlei Rightmart hin.

Einspeise-Limitierung und Meldepflichten

Für Solarstrom vom Balkon gilt eine gesetzlich vorgeschriebene Einspeise-Limitierung von maximal 600 Watt und teilweise Meldepflichten im Marktstammdatenregister (MaStR) der Bundesnetzagentur sowie beim Verteilnetzbetreiber. Einen generellen Anspruch auf den Betrieb eines Balkonkraftwerks haben Eigentümer und Mieter nicht.

Genehmigung von Vermieter oder WEG und bauliche Veränderung

"Ob Vermieter über eine Anlage informiert oder ihre Zustimmung geben müssen, hängt maßgeblich davon ab, wo die Module installiert werden", so die Juristen. Vor der Anschaffung solle unbedingt das Gespräch gesucht und eine schriftliche Genehmigung eingeholt werden.

"Wird die Anlage an der Balkonbrüstung, an der Außenwand oder auf dem Dach montiert, handelt es sich um eine bauliche Veränderung. Hier ist zweifelsfrei die Zustimmung des Vermieters oder der Eigentümergemeinschaft erforderlich, wobei in Bezug auf letztere die einfache Mehrheit genügt", erklärt Sükrü Sekeryemez, Rechtsanwalt in der Verbraucherrechtskanzlei.

"Eventuell beantwortet aber bereits der Mietvertrag die Frage, ob Solarmodule an Fassaden oder Balkonen gestattet sind oder der Zustimmung bedürfen – und an welche Voraussetzungen diese geknüpft ist", so Sekeryemez. "Etwa die Installation durch einen Fachbetrieb oder einen Tragfähigkeitsnachweis des Balkons." Eine Zustimmung ist auch erforderlich, wenn für den Betrieb der Anlage eine neue Steckdose gesetzt oder der Stromzähler getauscht werden muss, weil hier in die Elektroinstallation eingegriffen wird.

Balkon-Photovoltaik: GdW-Tipps für Vermieter

Eine Arbeitshilfe des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW leitet Vermieter in der Umsetzung von Balkonkraftwerken an: In dem Papier sind technische Voraussetzungen der Anlage, Anbringung und Installation, Eigenschaften des Photovoltaikmoduls, Verkehrssicherungspflichten, Anmeldung und Vergütung sowie rechtliche Aspekte zusammengefasst.

Auch eine Checkliste "Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung für Balkonphotovoltaikanlagen" und Anleitungen zur Mieterkommunikation sind enthalten.

GdW-Arbeitshilfe zum proaktiven Umgang mit Balkon-Photovoltaik

Keine News verpassen mit dem Newsletter Immobilienwirtschaft

Alles News rund um die Immobilienwirtschaft – Jeden Dienstag direkt in Ihr E-Mail-Postfach

Jetzt zum Newsletter Immobilienwirtschaft anmelden


Das könnte Sie auch interessieren:

Darf der Vermieter ein Balkonkraftwerk verbieten?

Strom vom eigenen Dach und Balkon: So einfach wird's

dpa
Schlagworte zum Thema:  Solarenergie, Photovoltaik