Argetra: Mehr Zwangsversteigerungen von Wohnimmobilien Infografik

Nachdem die Zahl der Notverkäufe von Immobilien drei Jahre rückläufig war, kam 2023 die Wende – vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser wurden laut Argetra zwangsversteigert. Für Anleger könnte das auch 2024 noch interessant sein.

Der Gesamtwert der versteigerten Verkehrswerte ist nach Recherchen des Fachverlags Argetra im Jahr 2023 um 15,2 Prozent auf 3,87 Milliarden Euro gestiegen. Die Zahl der anberaumten Termine stieg um 2,1 Prozent auf 12.332 – nachdem sie im Jahr 2022 noch um 8,3 Prozent auf 12.077 Immobilien gesunken war.

Eine "toxische Mischung aus schwacher Konjunktur, hoher Inflation und einem schwachen Immobilienmarkt" zeige Auswirkungen, schreiben die Studienautoren. Anders als in den Vorjahren, als praktisch jede Immobilie habe verkauft werden können, sei die Nachfrage nun deutlich niedriger. Wohnimmobilien waren die am häufigsten versteigerte Immobilienart. Für den am 12. Januar veröffentlichten Bericht analysierte Argetra die Termine für Zwangsversteigerungen an allen knapp 500 Amtsgerichten hierzulande.

Zwangsversteigerung: Wohnimmobilien als Schnäppchen

Das Jahr 2023 war geprägt von kräftigen Preisrückgängen bei Wohnimmobilien. Für Immobilienkäufer könnte das Argetra zufolge eine historische Einstiegschance bieten. Auch die Finanzierungskosten sind zuletzt wieder gesunken: "Der Erwerb über den Weg der Zwangsversteigerung könnte das ein oder andere Schnäppchen eröffnen", heißt es in dem Bericht. Wegen der langen Bearbeitungszeiten und der verzögerten Auswirkung der Rezession, geht Argetra davon aus, dass die Zahl der Zwangsversteigerungen 2024 noch höher ausfallen könnte. Man rechne mit einer deutlichen Zunahme der Zwangsversteigerungen auch in den nächsten Jahren.

In Berlin wurden die höchsten Verkehrswerte mit durchschnittlich mehr als 1,08 Millionen Euro pro Immobilie aufgerufen. In Hamburg liegt der Durchschnitt bei rund einer Million Euro. Sachsen-Anhalt bildet das Schlusslicht mit Durchschnittswerten von 81.000 Euro. Bundesweit lag der Schnitt im vergangenen Jahr bei 313.955 Euro (Vorjahr: 278.254 Euro). In fast allen Bundesländern steigen die durchschnittlichen Verkehrswerte, berichtet Argetra.

Teilungsversteigerungen nehmen prozentual stark zu

Insgesamt hatten bei der Verteilung der anberaumten Zwangsversteigerungen im Jahr 2023 sortiert nach Objektarten Ein- und Zweifamilienhäuser einen Anteil von 46,5 Prozent (Vorjahr: 45,9 Prozent). An zweiter Stelle standen Eigentumswohnungen mit 21,5 Prozent (Vorjahr: 21,2 Prozent). Gewerbeobjekte und Mehrfamilienhäuser machten einen Anteil von 15,4 Prozent (15,9 Prozent) aus, Grundstücke 14,9 Prozent (Vorjahr: 14,8 Prozent) sowie Garagen und sonstige Objekte 1,8 Prozent (Vorjahr: zwei Prozent).

Die aktuell ausgewerteten Verfahren zeigen auch, dass die Teilungsversteigerungen, also Versteigerungen zwecks Auflösung der Eigentümergemeinschaft aus Ehe- und Erbengemeinschaften, prozentual stark zunehmen. Im Jahr 2023 wurden mehr als zwei Milliarden Euro Verkehrswerte aus diesem Segment aufgerufen – das waren 53 Prozent (Vorjahr: 49 Prozent) aller Termine. Das betraf 59 Prozent aller Grundstücke und 43 Prozent aller Einfamilien- und Zweifamilienhäuser.

"Top 40"-Blacklist: Berlin führt bei den Notverkäufen

Bei den vierzig Städten mit den meisten Terminen führt Berlin, gefolgt von München, Leipzig, Chemnitz, Zwickau und Duisburg. An den untersuchten 40 Standorten, die etwa 18 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, finden 30 Prozent aller Immobilienversteigerungen und damit deutlich mehr Zwangsversteigerungen statt als im Bundesschnitt.

Neu in der Blacklist der "Top 40"-Zwangsversteigerungsschwerpunkte sind unter anderem Düsseldorf, Ingolstadt, Rastatt, Heilbronn, Heidelberg und Ludwigslust. Dafür fielen die Städte Gelsenkirchen, Mühlhausen, Coburg, Siegburg, Luckenwalde und Pirmasens aus der Liste. Bemerkenswert findet Argetra: Von den 40 Städten haben 14 weniger als 50.000 Einwohner.

Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland liegt bei den Zwangsversteigerungen laut Argetra seit Jahren vorne mit einem Anteil von rund 20 Prozent. Demnach waren im Jahr 2023 im Bundesschnitt 30 von 100.000 Haushalten von Zwangsversteigerungen betroffen. In Thüringen (52) war die Zahl der anberaumten Termine dabei mehr als doppelt so hoch wie etwa in Bayern (23).

Argetra-Jahresbericht 2023

Quelle der Analyse ist die Argetra-Online-Datenbank mit mehr als 780.000 Terminen. Neu sind die Marktschwankungsanalysen für Zwangsversteigerungsobjekte, da sich die Schwankungswerte vom normalen Markt abgekoppelt haben. In der Datenbank und im Versteigerungskalender werden tagesaktuell die Termine der nahezu 500 bundesdeutschen Amtsgerichte veröffentlicht.


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