Bauexperten: Wohnhäuser in Serie sind die Lösung

Ad hoc könnten bis zu 15 Prozent mehr Wohnhäuser gebaut werden und jedes zehnte Gebäude auch noch kostengünstiger, schätzen Experten. Der Hebel sei das serielle Bauen mit vorgefertigten Bauteilen aus der Fabrik und digital optimierten Prozessen.

Laut einer Studie der Strategieberatung EY-Parthenon und des BayWa-Konzerns könnten in Deutschland mit bestehenden Ressourcen bis zu 15 Prozent mehr Gebäude gebaut und gleichzeitig zehn Prozent der Kosten eingespart werden. Die besten Hebel dazu liegen den Experten zufolge in der industriellen Vorfertigung von Bauteilen, in der digitalen Prozessoptimierung und im seriellen Bauen.

"Das Bauen der Zukunft muss deutlich digitaler, standardisierter und damit kosteneffizienter werden", sagt BayWa-Manager Steffen Mechter. "Indem wir jedes Gebäude wie bisher von Grund auf neu planen und neu bauen, verschwenden wir vorhandene Ressourcen."

Mit vorhandenen Kapazitäten mehr und günstiger Wohnraum schaffen

Kaum eine Branche unterliege so strengen gesetzlichen Vorgaben wie die deutsche Baubranche, so Mechter. Zudem seien sehr viele Akteure und Gewerke an einem Bauprojekt beteiligt und fast jedes Gebäude ein individuelles Einzelstück. Wenn Arbeitsschritte von der Baustelle in eine Fabrik verlagert und dort Bauteile automatisiert erstellt würden, ginge das Bauen unabhängiger vom Wetter, einfacher und schneller. Das reiche vom Einsatz vormontierter Baugruppen bis zu vorab komplett ausgestatteten Raummodulen inklusive technischer Ausstattung.

"Bei einem Mehrfamilienhaus mit 25 Wohnungen etwa ließen sich so sogar 15 Prozent der Kosten sparen", meint Björn Reineke, Unternehmensberater bei EY-Parthenon. Die Verlagerung eines Teils der Wertschöpfung in die Werkshalle könne die Bauzeit um 30 Prozent verkürzen, was je nach Bauwerk mehreren Monaten entspreche.

Trotz des hohen Veränderungsdrucks, etwa durch Fachkräftemangel und Inflation, liegen laut Axel Schäfer, Partner der Strategieberatung EY-Parthenon, erhebliche Leistungspotenziale brach. Wenn die Baubranche die bestehenden Möglichkeiten des seriellen Bauens intensiver nutzen würde, könnten gleichzeitig zehn Prozent der Kosten eingespart werden.

Wachstumsschub bei Mehrfamilienhäusern

Elementbasiertes Bauen hat der Studie zufolge auch weitere Vorteile: Ein hoher Grad an Vorfertigung mindere die Fehlerquote, verhindere Verzögerungen und macht den Betrieb auf der Baustelle effizienter und sicherer. Nachträgliche Plananpassungen führten oft zu neuem Abstimmungsbedarf zwischen den Gewerken und Mehrkosten.

Plananpassungen kosten nicht nur Zeit, sondern auch Geld: Mit zehn bis 20 Prozent Zusatzkosten kalkulieren die Experten. Beim Bau eines Mehrfamilienhauses mit zirka 20 bis 30 Wohnungen könnten diese Extrakosten durch den optimierten Bauprozess um bis zu 50 Prozent reduziert werden, im Verhältnis zu den Gesamtkosten also um bis zu zehn Prozent. Die Methode ist bereits erprobt, sowohl im ländlichen Raum als auch in Städten. Der dabei entstehende Wohnraum muss dabei keineswegs monoton oder langweilig sein.

Zwar seien beim seriellen Bau von Ein- oder Mehrfamilienhäusern in Siedlungen individuelle Abweichungen nur begrenzt möglich – der Planungsaufwand sei jedoch geringer, der Einkauf großer Materialmengen günstiger, sagte Strategieberater Reineke. In Deutschland erwarten die Studienautoren insbesondere bei Mehrfamilienhäusern einen deutlichen Wachstumsschub beim elementbasierten Bauen. Die Zahl der Technologien und Anbieter steige in diesem Segment.

Studie "Ausbaufähig – Wie die Baubranche ihre Potenziale entfalten kann"

Ifo-Institut: Noch mehr Stornierungen im Wohnungsbau

Dass es um den Wohnungsbau derzeit schlecht bestellt ist, zeigt die jüngste Umfrage des Ifo-Instituts unter Bauunternehmen: Für März 2023 meldeten 16 Prozent der Firmen abgesagte Aufträge – im Februar waren es noch 14,3 Prozent und im Januar 13,6 Prozent. "Die Situation im Wohnungsbau spitzt sich weiter zu", sagt Ifo-Forscher Felix Leiss.

Das Neugeschäft breche förmlich ein und die Zukunftssorgen in der Branche seien groß: Die Geschäftserwartungen notieren bei minus 56. Dies ist zwar eine Verbesserung im Vergleich zum Februar, in dem außerordentlich schwache minus 64,5 Punkte ermittelt wurden. Es werden aber immer noch auf breiter Basis Geschäftseinbußen befürchtet.

Noch verfügen dem Institut zufolge viele Unternehmen über gut gefüllte Auftragsbücher, was den Effekt auf die Bautätigkeit abmildert. "Der Auftragsvorrat wird die wachsende Lücke bei den Neuaufträgen aber nicht ewig füllen können. Die Krise scheint für viele Betriebe unausweichlich", so Leiss. Aktuell melden bereits 25,5 Prozent der Unternehmen einen Auftragsmangel, nach 23,4 Prozent im Februar. Vor einem Jahr, im März 2022, betrug der Anteil nur 8,6 Prozent.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Modulbau, Baugewerbe, Wohnungsbau