14 Tage Frist: Notarvertrag muss rechtzeitig vorliegen

Dem Käufer eines Grundstücks oder einer Wohnung muss der Notarvertrag bei einem Geschäft zwischen Unternehmer und Verbraucher grundsätzlich 14 Tage vor Beurkundung vorliegen. Auch die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts im Kaufvertrag rechtfertigt es nicht, von der Zwei-Wochen-Frist abzuweichen.

Hintergrund: Käufer sieht Vertrag beim Notar zum ersten Mal

Der Käufer einer Eigentumswohnung verlangt vom Notar, der den Kaufvertrag beurkundet hat, Schadensersatz wegen Verletzung von Amtspflichten.

Am 14.10.2006 beurkundete der Notar einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung zwischen einem gewerblichen Verkäufer und dem Käufer zu einem Kaufpreis von 107.590 Euro. Vom Inhalt des Vertrags erhielt der Käufer erstmals im Beurkundungstermin Kenntnis. Im Vertrag hieß es insoweit einleitend auf Seite 3:

„Der Notar belehrte über § 17 Abs. 2a Beurkundungsgesetz, wonach dem Käufer zwei Wochen vor Beurkundung der Vertragstext zur Verfügung gestellt werden soll. Der Käufer verzichtet hiermit auf die Einhaltung der 14-Tages-Frist und bestand auf sofortiger Beurkundung.“

Dem notariellen Vertrag zufolge waren beide Parteien bis zum 20.11.2006 zum Rücktritt berechtigt.

Am 11.11.2006 besichtigte der Käufer erstmals die Wohnung. Anschließend bestätigte er schriftlich, die Wohnung für „in Ordnung gemäß Notarvertrag“ befunden zu haben. In der Folgezeit zahlte der Käufer den Kaufpreis und wurde im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.

Der Käufer verlangt vom Notar Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an der Wohnung. Der Notar sei ohne Grund von der Zwei-Wochen-Frist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG für Verbraucherverträge abgewichen. Hätte er den Kaufvertrag spätestens 14 Tage vorher erhalten, hätte er die Wohnung nicht gekauft.

Das OLG hat die Klage abgewiesen. Der Käufer sei durch das im Vertrag vorgesehene Rücktrittsrecht ausreichend geschützt gewesen.

Entscheidung: Käufer hätte Vertrag 14 Tage vorher sehen müssen

Der BGH hebt die Entscheidung des OLG auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück.

Der Notar hat seine Amtspflichten verletzt. Nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG soll der Notar bei Verbraucherverträgen (das heißt Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher) darauf hinwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen und gegebenenfalls offene Fragen zu klären. Bei Grundstückskaufverträgen geschieht dies in der Regel dadurch, dass dem Verbraucher der beabsichtigte Vertragstext zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung gestellt wird.

Diese Vorgaben hat der Notar nicht eingehalten. Ein rechtfertigender Anlass, die Beurkundung schon am 14.10.2006 vorzunehmen, bestand nicht. Die vom Notar in den Vertrag aufgenommene Verzichtserklärung des Käufers ist insoweit ohne Bedeutung.

Rücktrittsrecht reicht nicht

Die Einräumung des Rücktrittsrechts genügte nicht, um den Notar von der Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist freizustellen. Dem Verbraucher soll durch die Frist unter anderem ermöglicht werden, sich frühzeitig mit den rechtlichen Besonderheiten des Rechtsgeschäfts vertraut zu machen und zu überlegen, welche Fragen und/oder gegebenenfalls Änderungswünsche er in das Beurkundungsverfahren einbringen möchte.

Auch kann bereits im Vorfeld der Beurkundung durch solche Fragen geklärt werden, dass der Notar für manche Themen - wie zum Beispiel grundsätzlich für wirtschaftliche, steuerliche oder bautechnische Fragen - nicht zuständig ist, sodass der Verbraucher dann bei Bedarf versuchen kann, diese noch rechtzeitig anderweitig zu klären. Diese Ziele werden verfehlt, wenn der Notar ohne Einhaltung der Frist beurkundet. Sie können durch ein Rücktrittsrecht auch nicht ausreichend nachträglich erfüllt werden.

Ein Rücktrittsrecht hat auch eine andere Qualität („Alles-oder-Nichts“) als eine vorangehende Überlegungsfrist, die genutzt werden kann, um den geplanten Vertrag inhaltlich zu gestalten. Auch führt ein Vertragsschluss zunächst zu einer Bindung, die der Gesetzgeber ohne entsprechende Vorbereitung des Verbrauchers gerade vermeiden will.

Zwar kann der Notar grundsätzlich einwenden, dass der Verbraucher den Vertrag genauso abgeschlossen hätte, wenn die Frist eingehalten worden wäre. Allerdings obliegt ihm insoweit die Beweislast. Zweifel gehen zu seinen Lasten.

Der BGH hat den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das OLG zurückverwiesen. Dieses muss klären, wie sich der Käufer verhalten hätte, wenn ihm der Vertrag rechtzeitig vorgelegen hätte.

(BGH, Urteil v. 25.6.2015, III ZR 292/14)


Hinweis: Zusätzliche Pflicht für Notar seit Oktober 2013

Der entschiedene Fall hat § 17 BeurkG in der im Jahr 2006 geltenden Fassung zum Gegenstand. Zum 1.10.2013 wurde die Vorschrift ergänzt. Seitdem muss der Notar bei einem Verbrauchervertrag nicht nur gewährleisten, dass der Vertrag zwei Wochen vor der Beurkundung vorliegt, sondern ihn trifft selbst die Pflicht, dem Verbraucher den Vertragsentwurf fristgerecht zur Verfügung zu stellen. Lesen Sie hierzu: Bundesrat stimmt besserem Schutz vor Schrottimmobilien zu

Bei Verträgen zwischen zwei Privaten gilt die Zwei-Wochen-Frist nicht.

Schlagworte zum Thema:  Kaufvertrag, Notarielle Beurkundung, Notar