Der Berliner Megadeal ist perfekt: Für 2,46 Milliarden Euro kaufen drei landeseigene Gesellschaften den Konzernen Vonovia und Deutsche Wohnen 14.750 Wohnungen und 450 Gewerbeeinheiten ab. Nachdem es Druck vom Verwaltungsgericht gab, haben die Beteiligten nun die Details verraten.
Das Geschäft gilt als größtes dieser Art seit langem in der Hauptstadt. 14.750 Wohnungen und 450 Gewerbeeinheiten kauft Berlin den Immobilienriesen Vonovia und Deutsche Wohnen ab – 2,46 Milliarden Euro zahlen die drei landeseigenen Gesellschaften Berlinovo, Degewo und Howoge insgesamt dafür. Finanziert werden sollen die Pakete mit Krediten.
Die Einzelheiten wurden am 17. September auf einer gemeinsamen Pressekonferenz aller Beteiligten bekannt gegeben. Neben Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) waren auch Geschäftsführer und Vorstände von Vonovia und Deutsche Wohnen sowie Vertreter der Käufer anwesend.
Die Berliner Finanzverwaltung wollte bis zuletzt eigentlich nicht offenlegen, um welche Wohnungen es beim dem Deal geht, wo sie liegen und wie hoch der Kaufpreis genau ist – musste sie nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin aber. Voraus ging dem ein Eilantrag der Organisation "Frag den Staat". Eine mögliche Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte Berlin nicht eingereicht.
Deutsche Wohnen und Vonovia legen Zahlen vor
Nachdem der Aufsichtsrat der Berlinovo bereits vergangene Woche dem Kauf von rund 4.000 Wohnungen zugestimmt hatte, gaben am 13. September die Aufsichtsräte von Howoge und Degewo für insgesamt mehr als 10.000 Wohnungen grünes Licht. Nun liegen die genauen Zahlen vor.
Von der Deutsche Wohnen gehen knapp 10.700 Wohnungen und rund 200 Gewerbeeinheiten für 1,65 Milliarden Euro (2.185 Euro pro Quadratmeter) über den Tisch. Der Kaufpreise berücksichtigt den Angaben zufolge den Zustand der Wohnungen. Bei den Beständen handelt es sich zu 19 Prozent um geförderten Wohnraum aus den Baujahren 1950 bis 1999. Die Einheiten sind über das Berliner Stadtgebiet verteilt und liegen in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf (81 Einheiten), Friedrichshain-Kreuzberg (1.600), Lichtenberg (956), Marzahn-Hellersdorf (1.271), Mitte (224), Reinickendorf (1.073), Spandau (3.399), Steglitz-Zehlendorf (1.270) und Tempelhof-Schöneberg (1.028).
Rund 4.250 der Wohn- und Gewerbeeinheiten stammen aus dem Portfolio von Vonovia. Der Preis dafür liegt bei rund 811 Millionen Euro, wie der Konzern mitteilte. In diesem Paket sind rund 800 Wohnungen enthalten, die erst Ende September notariell beurkundet werden. Die Übergänge der Wohnungen auf die drei kommunalen Wohnungsgesellschaften sollen zwischen Januar und Juli 2022 vollzogen werden.
Kritik am Berliner Wohnungsdeal
Dass die Details bislang nicht transparent gemacht wurden, sorgte in den vergangenen Wochen für viel Gemurre innerhalb der rot-rot-grünen Koalition. Es hagelte auch Kritik am Regierenden SPD-Bürgermeister Michael Müller, der den Deal mit Vonovia-Chef Rolf Buch Ende Mai 2021 eingefädelt hatte. Vereinbart wurde auch ein "Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen", der unter anderem Mietsteigerungen und Modernisierungsumlagen begrenzen und den Neubau in Berlin vorantreiben will.
CDU-Politiker Kai Wegner warf der SPD vor, teure Wahlgeschenke zu verteilen. Wichtig sei, dass die Wohnungsbaugesellschaften weiter genügend Liquidität hätten, um den Neubau voranzubringen, so Wegner. Die SPD-Spitzenkandidatin für den Bundestag, Franziska Giffey, konterte, die künftigen Neubauprojekte würden unter dem Deal nicht leiden: "Und die städtischen Wohnungsbaugesellschaften kommen da nicht an den Rand ihrer Handlungsfähigkeit."
Derzeit bewirtschaften die kommunalen Berliner Gesellschaften rund 340.000 Wohnungen. Mit dem jüngsten Milliarden-Deal erhöht der Bestand auf etwa 355.000. Das sind dann rund ein Fünftel der 1,67 Millionen Mietwohnungen in der Hauptstadt. Vonovia und Deutsche Wohnen, die kurz vor der Fusion stehen, stoßen bei dem Deal rund zehn Prozent ihrer Wohnungsbestände in Berlin ab. Die Deutsche Wohnen ist aktuell mit rund 114.000 Wohnungen Berlins größer privater Vermieter.
Rekommunalisierung: Berlin setzt seit Jahren auf Rückkauf
Das erklärte Ziel des Senats ist es, möglichst viele Wohnungen wieder in sein Eigentum zurückzuholen. Bürgermeister Müller unterstrich, dass die (Re-)Kommunalisierung eine wichtige Ergänzung zum Neubau sei: "Wir kaufen nur Dinge an, die zu dem, was wir in der Mieten- und Wohnungspolitik vorhaben, passen. Und wir kaufen an, wenn der Preis stimmt." Da die kommunalen Gesellschaften den Ankauf eigenständig umsetzten und finanzierten, werde der Landeshaushalt damit nicht belastet.
Berlin kaufte in den vergangenen Jahren immer wieder Wohnungen aus privatisierten Beständen zurück. Im Dezember 2019 etwa waren es rund 2.100 Einheiten, die von der Deutsche Wohnen an die kommunale Degewo gingen. Die Degewo soll für die Rekommunalisierung zirka 358 Millionen Euro bezahlt haben. Für den Deal gab es jedenfalls nach Angaben von Müller kein Geld vom Land.
Ebenfalls 2019 kaufte die Gewobag knapp 5.600 Wohnungen vom Immobilienkonzern Ado Properties für 920 Millionen Euro, das Land unterstützte den Angaben zufolge auch hier nicht – beim Rückkauf von rund 670 Wohnungen an der Berliner Karl-Marx-Allee von der privaten Immobilienfirma Predac durch die Gewobag im selben Jahr wurde ein Kaufpreis erst gar nicht öffentlich genannt.
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