Schneller-Bauen-Gesetz: Berliner Senat legt Entwurf vor

Der Berliner Senat hat den Entwurf für das sogenannte Schneller-Bauen-Gesetz vorgelegt. Im Kern sollen verkürzte Fristen und neue Standards gelten. Das Gesetz soll Ende 2024 in Kraft treten.

Nach längerer Vorbereitung ist ein erster Referentenentwurf für das geplante "Schneller-Bauen-Gesetz" in Berlin fertig. Nun können Wirtschafts- und Umweltverbände dazu Stellung nehmen, wie Bausenator Christian Gaebler (SPD) am 9. April mitteilte. Sie haben dafür zwei Wochen Zeit, anschließend sind noch Änderungen am Entwurf möglich, bevor sich Senat und Abgeordnetenhaus damit beschäftigten. Das Gesetz soll Ende 2024 in Kraft treten.

Ziel des Vorhabens ist es, Bauprojekte vor allem im Wohnungsbau zu beschleunigen, deren Vorbereitung und Umsetzung bislang nicht selten mehrere Jahre dauern.

Wohnungsbau per Gesetz beschleunigen: Das ist geplant

Unter anderem sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren gestrafft und standardisiert, einige Prüf- und Bearbeitungsfristen eingeführt sowie Zuständigkeiten zwischen Landes- und Bezirksebene klarer geregelt werden. Die Landesebene soll mehr Einfluss auf bestimmte Verfahren bekommen, die Digitalisierung vorangetrieben werden.

Geplant ist außerdem, dass Bauherren verlässlicher Auskunft darüber erhalten, wann mit einer Baugenehmigung zu rechnen ist, damit sie besser planen können. Bei großen Projekten sollen sich alle Beteiligten frühzeitig abstimmen und Hindernisse aus dem Weg räumen.

Natur- und Artenschutz behalten einen hohen Stellenwert, aber auch hier müssen laut Gaebler die Prüfverfahren verkürzt werden, um zu verhindern, dass Bauvorhaben um Jahre ausgebremst werden. Zuletzt habe es immer wieder Fälle "missbräuchlicher Verwendung" berechtigter Schutzmaßnahmen gegeben. Vor diesem Hintergrund sollen Regelungen im Naturschutz- und im Waldgesetz sowie in der Baumschutzverordnung geändert werden.

Schneller-Bauen-Gesetz im Koalitionsvertrag

Eigentlich wollte der Senat den Referentenentwurf schneller vorlegen. Nach 100 Tagen im Amt erklärte der neue Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am 4.8.2023, dass "noch in diesem Jahr" das im Koalitionsvertrag 2023 bis 2026 festgeschriebene Gesetz am Start sein werde, um den Wohnungsmarkt wiederzubeleben. Die Koalition aus SPD und CDU ist seit Ende April 2023 im Amt, die Regierung nahm Anfang Mai 2023 die Arbeit auf.

Mitte Dezember 2023 hat das Landesparlament bereits eine Novellierung der Bauordnung beschlossen, die zum Beispiel Geschossaufstockungen, Dachausbauten und das Bauen mit Holz erleichtern soll.

Der 136-seitige Koalitionsvertrag steht unter dem Motto "Das Beste für Berlin" und hat neben dem Thema Bauen unter anderem auch den Mieter- und den Klimaschutz im Blick. Ein Überblick:

Ziel: 200.000 neue Wohnungen pro Jahr

CDU und SPD haben sich auf das Neubauziel von durchschnittlich bis zu 20.000 neuen Wohnungen pro Jahr geeinigt, davon bis zu 5.000 Sozialwohnungen. Rund 6.500 Wohneinheiten sollen die landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) bauen. Das "Bündnis für Wohnungsbau und bezahlbares Wohnen" soll mit Anreizinstrumenten ausgebaut werden.

Planen und Genehmigen: schnellere Verwaltung

Ein zentrales Projekt ist die umfassende Reform der in Berlin oft von Ineffizienz und Kompetenz-Wirrwarr geprägten Verwaltung. Der Wohnungsbau soll mit einem Schneller-Bauen-Gesetz beschleunigt werden: Geplant sind verkürzte Fristen, schnellere Verfahren, die Nutzung von Baugenehmigungen nach § 34 BauGB und die Prüfung einer Genehmigungsfiktion für Bauvorhaben. Nachverdichtung hat Vorrang.

Großprojekte: Tempelhofer Feld für Wohnungen fit machen

Mit einem städtebaulichen Wettbewerb will die Berliner Regierung die Möglichkeiten einer behutsamen Bebauung am Tempelhofer Feld ausloten. Geplant sind Wohnquartiere mit sozialen Angeboten. Bauen sollen ausschließlich LWU und gemeinwohlorientierte Genossenschaften.

Berlin: Mietspiegel, Kündigungsschutz & Co.

Auch der Mieterschutz soll laut Koalitionsvertrag verbessert werden. Zur Schlichtung von Mietstreitigkeiten soll eine unabhängige Ombudsstelle installiert werden.

Neuer qualifizierter Mietspiegel und Gewerbemietspiegel

Möglichst schnell soll es einen neuen qualifizierten Mietspiegel geben. Als Übergangslösung wird ein einfacher Mietspiegel erstellt. "Es soll ein Gewerbemietspiegel über eine Bundesratsinitiative und die Verbesserung eines angemessenen Kündigungsschutzes geprüft werden", schreiben die Parteien in ihrem Vertrag.

Milieuschutz und Mietenkataster

Die Bezirke sollen bei der Ausweisung neuer sozialer Erhaltungsgebiete unterstützt werden. In einer AG Milieuschutz werden einheitliche Kriterien für deren Anwendung erarbeitet. Falls nötig, will sich die Landesregierung für eine Reform auf Bundesebene einsetzen. Außerdem soll ein digitales Mieten- und Wohnungskataster her.

Zweckentfremdungsverbot: Zwangsgelder verstärkt einsetzen

Das Zweckentfremdungsverbot soll gestärkt werden. Bestehende Zwangsmittel etwa könnten effektiver eingesetzt und Zwangsgelder wirksamer erhoben werden.

Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen

Zum Thema Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen, deren (verfassungs-)rechtliche Machbarkeit eine eigens eingesetzte Expertenkommission geprüft hat, heißt es im Entwurf für einen Koalitionsvertrag wortwörtlich:

"Unter der Voraussetzung, dass die vom Senat eingesetzte Expertenkommission zur Umsetzung des Volksentscheids 'Deutsche Wohnen & Co. enteignen'  eine verfassungskonforme Vergesellschaftungsempfehlung abgibt, verabschiedet die Koalition ein Vergesellschaftungsrahmengesetz, das einen Rechtsrahmen und objektive qualitative Indikatoren bzw. Kriterien für eine Vergesellschaftung nach Art. 15 GG in den Geschäftsfeldern der Daseinsvorsorge (z. B. Wasser, Energie, Wohnen) sowie Grundsätze der jeweils erforderlichen angemessenen Entschädigung definiert. Hierbei wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Das Gesetz tritt zwei Jahre nach seiner Verkündung in Kraft."

Sozialwohnungen: Neues Fördermodell für mittlere Einkommen

Auf ein neues Fördermodell, das auf die Bezieher mittlerer Einkommen zielt, haben sich CDU und SPD ebenfalls im Koalitionsvertrag geeinigt. Bisher haben viele Normalverdiener keinen Anspruch auf eine Sozialwohnung, wenn der Verdienst über den in Berlin geltenden Einkommensgrenzen für einen Wohnberechtigungsschein liegt. Die Kaltmieten in dem neuen Fördermodell sollen zwischen neun und elf Euro pro Quadratmeter liegen. Die Förderung von Sozialwohnungen für die unteren Einkommensgruppen soll beibehalten werden.

Klimaschutz: Energetische Sanierung voranbringen

Beim Klimaschutz planen CDU und SPD ein Sondervermögen von fünf bis zehn Milliarden Euro, auch um die energetische Sanierung von Gebäuden voranzubringen.

Gebäude: Typengenehmigung und Effizienzklasse E

"Wir fokussieren uns deshalb insbesondere auf die Gebäude mit den schlechtesten Energieeffizienzen", heißt es im Koalitionsvertrag: "Die sogenannten Worst performing Buildings." Auch die geplante Novelle der Bauordnung hat Maßnahmen für den Klimaschutz im Blick, dazu gehören die Aufnahme von Typengenehmigungen und einer Energieeffizienzklasse E für Gebäude.

Klimaneutralität durch Stadtumbau

Bei Großprojekten wie dem Tempelhofer Feld sollen dezentrale erneuerbare Energien und die Begrünung einen zusätzlichen Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Die neue Koalition will zudem Projekte des ökologischen Stadtumbaus wie den Rückbau der Autobahn A 104 umsetzen und prüft die Überbauung von Abschnitten der A 100 unter anderem für Wohnungsbau und Grünflächen.

Koalitionsvertrag für Berlin 2023 bis 2026

Schneller-Bauen-Gesetz: So geht es weiter

Insgesamt umfasst das umfangreiche Paket zur Baubeschleunigung nach Angaben des Berliner Bausenators 41 Änderungen in neun Landesgesetzen und einer Rechtsverordnung. Hinzu kommen weitere 69 Maßnahmen unterhalb der Gesetzesebene. Bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs seien um die 700 Hinweise und Anregungen etwa aus Verbänden oder Bezirken geprüft worden, so Gaebler. Es bestehe breite Einigkeit: "So wie im Moment kann es nicht bleiben." Er glaube, dass das Gesetz einen Aufbruch auch in der Verwaltung erzeugen und dem Wohnungsbau einen Schub geben könne.

Die Senatsbauverwaltung strebt an, dass das "Schneller-Bauen-Gesetz" Ende 2024 in Kraft treten kann. Der Zeitplan sieht nach der Verbändebeteiligung einen ersten Senatsbeschluss Ende Mai oder Anfang Juni vor. Es folgen die Befassung im Rat der Bürgermeister und danach ein weiterer Senatsbeschluss voraussichtlich in der Sommerpause. Mitte September könnte der Gesetzentwurf dann in das Abgeordnetenhaus eingebracht werden.


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Schlagworte zum Thema:  Berlin, Wohnungspolitik