Nebenkostenprivileg vor dem Aus – TKG-Novelle tritt in Kraft

Am 1.12.2021 tritt die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) überwiegend in Kraft. Das Nebenkostenprivileg bei den Kabel-TV-Kosten wird fallen – für neugebaute Hausverteilnetze sofort. Für Bestandsimmobilien gilt eine Übergangsfrist bis Mitte 2024.

Zirka 12,5 Millionen Haushalte in Deutschland erhalten die TV-Grundversorgung über Breitbandnetze als Teil der Wohnungsmiete. Die monatlichen Kosten des Betriebs der dafür nötigen Netze und die Urheberrechtsabgaben an die TV-Sender konnte der Vermieter bislang über die Nebenkosten auf die Mieter umlegen.

Das ändert sich nun – am 1.12.2021 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (kurz: TKG-Novelle) in Kraft, dem der Bundesrat am 7.5.2021 abschließend zugestimmt hatte.

Glasfaserausbau: Kosten sollen befristet und gedeckelt umgelegt werden können

Das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKModG) legt fest, dass die Kosten für TV-Kabelverträge, die vom Vermieter abgeschlossen worden sind, künftig nicht mehr wie bisher auf die Mietnebenkosten umgelegt werden dürfen (Nebenkostenprivileg).

Mit Inkrafttreten der TKG-Novelle fällt diese Umlagefähigkeit von Kosten für Hausverteilnetze, die nach diesem Stichtag gebaut oder fertiggestellt werden. Für Bestandsimmobilien gilt eine Übergangsfrist. Erst ab dem 1.7.2024 können die TV-Kosten nicht mehr wie bisher auf die Mieter umgelegt werden. Die können dann selbst bestimmen, welchen Anbieter sie haben wollen – oder ob sie ganz verzichten. Im Gegenzug erhalten Eigentümer ein Sonderkündigungsrecht des TV-Bezugsvertrages, mit dem der Vertrag bis Ende Juni 2024 gekündigt werden kann.

Gleichzeitig soll die Umlage der Kosten für eine moderne gebäudeinterne Glasfaser-Netzinfrastruktur gepusht werden. Hat ein Wohnungsvermieter neue Glasfaserleitungen verlegen lassen, kann er seinen Mietern ein "Bereitstellungsentgelt" berechnen. Der Umlagebetrag wird auf maximal 60 Euro pro Jahr und Wohnung (insgesamt höchstens 540 Euro) begrenzt und soll zeitlich befristet gelten – regelmäßig bis fünf Jahre, höchstens neun Jahre.

Die Neuregelung schaffe "einen klaren Investitionsanreiz für den Vermieter", um in Glasfaserleitungen zu investieren, lobten die SPD-Berichterstatter Falko Mohrs und Gustav Herzog den Entwurf. Die Deckelung auf 60 Euro pro Jahr und Wohnung sei ein ausreichender finanzieller Anreiz, meint Sven Knapp vom Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko).

Immobilienbranche zur Übergangsfrist bei der TKG-Novelle

Der IVD Bundesverband der Immobilienunternehmer warnte vor dem Hintergrund der Übergangszeit davor, dass bei einer Vielzahl der Verträge zwischen Vermietern und Netzbetreibern für Millionen von Mietern dennoch ein vertragsrechtliches Chaos ausgelöst werden könnte.

Auch bei Neuverträgen oder bei Fertigstellung der Hausverteilanlage nach dem 1.12.2021 können weiterhin Mehrnutzerverträge vereinbart werden. Die TV-Kosten können dann zwar nicht mehr über die Betriebsnebenkosten abgerechnet werden, aber es gibt andere Möglichkeiten für die Weiterberechnung, wie zum Beispiel den Abschluss einer Zusatzvereinbarung mit den Mietern oder eine Erhöhung der Kaltmiete.

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW, sagte bereits nach Zustimmung des Bundesrates zur TKG-Novelle im Mai, dass er befürchte, auf die Mieter würden Mehrkosten von bis zu 200 Euro jährlich pro Haushalt zukommen. Ein günstiges Sammel-Abo über Wohnungsunternehmen wäre nicht mehr möglich, so Gedaschko. Vor allem geringverdienende Haushalte wären betroffen: Nach Ablauf der Übergangsfrist Mitte 2024 würden die TV-Kosten nicht mehr als Kosten der Unterkunft von der Kommune übernommen.

Das sogenannte "Glasfaserbereitstellungsentgelt", das als Betriebskosten umlagefähig werden soll, beurteilte der GdW-Chef besser als gar keine Anschlussregelung, doch auch "einfach nur schlecht gemacht". Die neuen Regelungen seien zu restriktiv und würden den Glasfaserausbau nicht wie erhofft in Schwung bringen. Der Ausbau von Gigabit-Netzen, die nicht Glasfasernetze sind, bleibe ganz von der Umlage ausgeschlossen.

Der Verband hatte gegenüber der Politik bis zuletzt den Erhalt der Umlageoption gefordert und gleichzeitig ein individuelles, gesetzliches Opt-out-Recht – also ein Kündigungsrecht für einen individuellen Ausstieg aus der Umlagefinanzierung und der Nutzung des Breitbandanschlusses – für Mieter unterstützt.

Streitpunkt Nebenkostenprivileg: Das Gesetzgebungsverfahren

Am 16.12.2020 stimmte das Bundeskabinett erstmals einem TKModG-Entwurf aus dem Haus von CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier zu. Dafür wurde das geltende Telekommunikationsgesetz (TKG) laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) vollständig überarbeitet und neu gefasst. Die Gesetzesnovelle dient der Umsetzung des Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation, der Ende 2018 in Kraft getreten war.

Die Bundesregierung hat ihren überarbeiteten Entwurf am 25.1.2021 eingebracht. Der Bundesrat sprach sich in seiner Stellungnahme am 12.2.2021 mehrheitlich gegen den Regierungsplan aus, die Umlagefähigkeit als Nebenkostenprivileg bei den Kabel-TV-Kosten ersatzlos zu streichen.

Den Kompromiss-Vorschlag von Schleswig-Holstein, den Mietern Wahlfreiheit beim Bezug des TV-Signals zu ermöglichen, sie zugleich aber an den Kosten für die Verlegung von neuen Glasfaserleitungen zu beteiligen, lehnte der Bundesrat damals ab. Nach der Wortmeldung der Länderkammer im Februar war der Bundestag am Zug und beschloss das Aus der Umlagefähigkeit im Wirtschaftsausschuss. Am 22.4.2021 nahm der Bundestag den Entwurf in seiner abschließenden Beratung an. Der Bundesrat stimmte am 7.5.2021 zu.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Nebenkostenabrechnung, Betriebskosten