EZB setzt Zinswende fort – Kredite werden günstiger
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den am Finanzmarkt richtungsweisenden Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie überschüssiges Geld bei der Notenbank parken, um einen Viertelprozentpunkt (25 Basispunkte) auf 3,5 Prozent gesenkt. Das teilte die Notenbank nach ihrer Sitzung am 12.9.2024 in Frankfurt am Main mit.
Jüngste Inflationsdaten seien im Rahmen der Erwartungen ausgefallen. Die Währungshüter versprechen sich von der zweiten Leitzinssenkung seit Juni positive Wachstumsimpulse. Unter anderem können Unternehmen und Privatpersonen bei günstigeren Krediten leichter investieren. Am Immobilienmarkt war die Entscheidung eingepreist.
EZB begrenzt Korridor zwischen Leitzinsen
Zudem setzt die EZB eine technische Neuerung um: Sie führt den Einlagenzins näher an den Zins heran, mit dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können (Hauptrefinanzierungssatz). Dieser war früher als wichtigster Leitzins bekannt. Das neue Rahmenwerk soll am 18. September in Kraft treten.
Der Abstand zwischen den beiden Zinssätzen wird von 0,5 auf 0,15 Prozentpunkte begrenzt. Damit sinkt der Hauptrefinanzierungssatz noch stärker als der Einlagensatz um 0,6 Prozentpunkte auf 3,65 Prozent, wie die EZB weiter mitteilte. Der engere Zinskorridor soll Schwankungen bei den kurzfristigen Zinsen verringern und mehr Planbarkeit für Banken schaffen. Für Privatkunden hat dieser Schritt kaum Auswirkungen, da sich Geldhäuser am Einlagenzins orientieren.
Geldpolitik: Warnungen vor zu schneller Lockerung
Im Juni 2024 wurden die Leitzinsen erstmals seit September 2019 gesenkt, nachdem sich die Inflation tendenziell abgeschwächt hatte. Zuvor hatte die Notenbank zehnmal in Folge die Zinsen nach oben geschraubt, um die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hochgeschossene Teuerung in den Griff zu bekommen.
Jedoch hält sich die von Ökonomen viel beachtete Kerninflation ohne schwankungsanfällige Preise für Energie und Nahrungsmittel zäh: Sie sank im August nur um 0,1 Prozentpunkte auf 2,8 Prozent. Die Bundesbank etwa warnt vor einer allzu schnellen Lockerung der EZB-Geldpolitik. "Noch sind wir nicht am Ziel", aus einer ersten Zinssenkung könne man keine "Art Autopilot" ableiten, bei dem gleich die nächste Zinssenkung folgen müsse, betonte unlängst Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, der als Mitglied des EZB-Rates mit über die Geldpolitik im Euroraum entscheidet.
Die EZB-Geldpolitik: eine Chronologie
Am 21.7.2022 hatte der EZB-Rat erstmals nach elf Jahren die Zinsen im Euroraum angehoben: von null auf 0,5 Prozent. Die zweite Erhöhung folgte am 8.9.2022 um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. Am 27.10.2022 wurde die dritte Zinserhöhung von 1,25 auf zwei Prozent (erneut 0,75 Prozentpunkte) verkündet.
Die vierte Zinsanhebung (21.12.2022) lag bei plus 0,5 Punkten auf 2,5 Prozent. Am 8.2.2023 folgte eine Steigerung auf drei Prozent und am 16.3.2023 auf 3,5 Prozent. Die siebte Leitzinserhöhung (4.5.2023) endete bei 3,75 Prozent. Am 15.6.2023 stieg der Leitzins um 0,25 Punkte auf vier Prozent, am 27.7.2023 kam die neunte Erhöhung (plus 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent).
Nach der zehnten Zinserhöhung in Folge am 14.9.2023 pausierte der Leitzins ab dem 26.10.2023 bei 4,5 Prozent. Bei der Notenbanksitzung am 14.12.2023 blieb es zum zweiten Mal bei 4,5 Prozent. Am 25.1.2024 hielt die Notenbank den Zins zum dritten Mal bei 4,5 Prozent, ebenso wie am 7.3.2024 und am 11.4.2024 erneut.
Lange erhofft und erwartet: Am 6.6.2024 kam die Zinswende. Wie viele Zinssenkungen noch folgen werden, ist schwer abzusehen. Die Notenbank sei auf keinen bestimmten Zinspfad festgelegt, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der Ratssitzung am 18.7.2024, bei der eine Zinspause eingelegt wurde.
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