EZB lässt weiter auf eine Zinswende warten
Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt die Leitzinsen im Euroraum unverändert. Der für Banken und Sparer wichtige Einlagenzins bleibt bei zwei Prozent, wie der Rat am 18.12.2025 in Frankfurt am Main mitteilte. Der Euroraum geht so mit vergleichsweise niedrigen Leitzinsen in das mit Konjunkturhoffnungen verbundene Jahr 2026.
Mit dem Schritt verlängert die EZB angesichts unsicherer Zeiten und einer eingedämmten Inflation ihre Zinspause. Bereits bei den geldpolitischen Sitzungen im Juli, September und Oktober hatte die Notenbank die Leitzinsen nicht angetastet. Zuvor hatte es eine Serie von Senkungen gegeben: Noch im Frühjahr 2024 lag der Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, doppelt so hoch bei vier Prozent.
Immobilienfinanzierung: Experten zur EZB-Entscheidung
"Die Immobilienwirtschaft hat sich weitgehend auf das Zinsplateau eingestellt", kommentierte Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG. Neue Finanzierungen würden aktuell nur auf Basis solider Geschäftsmodelle und konservativer Beleihungsabläufe realisiert. Dass die Immobilienkrise überwunden ist, glaubt er nur bedingt. Einzelne Nutzungsarten wie Logistik und Wohnen böten gute Finanzierungsmöglichkeiten, bei Segmenten wie Büro und Retail sei aber mit weiteren Abwertungen zu rechnen. "Der Markt funktioniert, steht aber weiter vor Herausforderungen, etwa bei Prolongationen", sagte der Experte.
Abzuwarten bleibe, wie sich die Zinspolitik im Jahr 2026 entwickelt, so Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung am IREBS Institut für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg. Für Deutschland als größte Volkswirtschaft der EU senkte das Ifo-Institut vor wenigen Tagen die Wachstumsaussichten auf nur noch 0,8 Prozent. Das werde auch Auswirkungen auf Investitionsentscheidungen am Immobilienmarkt haben.
Prof. Dr. Felix Schindler, Head of Research & Strategy bei HIH Invest Real Estate, sieht die EZB nach der jüngsten geldpolitischen Entscheidung in einer komfortablen Ausgangsposition für das neue Jahr, in dem die Kapitalmärkte wegen wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten volatil bleiben dürften. Der Fokus an den Immobilienmärkten werde auf Cashflow-stabilen Investments in Sektoren und Teilmärkte mit langfristiger Unterstützung liegen – "wichtig sind: intakte Megatrends, ein struktureller Nachfrageüberhang und bonitätsstarke Mieter", so Schindler. Neben Wohnobjekten in Wachstumsregionen zählt er dazu moderne Büro- und Logistikobjekte in zentralen und dominanten Lagen, Ärztehäuser und Gesundheitsimmobilien sowie Nahversorgungsobjekte im Bereich des Einzelhandels.
Stefan Hoenen, Head of Commercial Real Estate bei der Hamburg Commercial Bank (HCOB), erwartet, dass die EZB den Kurs bis Mitte 2026 beibehalten wird. Diese Stabilität schaffe Planungssicherheit und reduziere kurzfristige Zinsrisiken, nicht zuletzt für Immobilienfinanzierungen. Auch langfristig dürfte die Zinsentwicklung moderat bleiben, was die Finanzierungskosten für Bestandsobjekte und neue Projekte niedrig halten dürfte. "Zudem begünstigen die gedämpften Inflationserwartungen ein investitionsfreundliches Umfeld. Insgesamt erhöht sich damit die Kalkulierbarkeit von Projekten – und stärkt so die Attraktivität des Immobilienmarkts", schloss Hoenen seine Einschätzung.
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Zinsen: Geht die EZB eher wieder nach oben?
EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte zuletzt wiederholt, die Notenbank sei mit dem derzeitigen Zinsniveau "gut aufgestellt", um durch die Unsicherheit zu steuern. Das gilt als Hinweis, dass die Leitzinsen im Euroraum vorerst stabil bleiben.
Auch viele Volkswirte sehen die Talsohle der Zinssenkungen im Euroraum erreicht, der zum 1.1.2026 Bulgarien als 21. Mitglied aufnimmt. EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel sagte jüngst, sie gehe davon aus, dass die Leitzinsen im Euroraum "noch einige Zeit" auf dem aktuellen Niveau bleiben werden. Sie sei "durchaus einverstanden" mit der Marktsicht, "dass der nächste Zinsschritt eine Anhebung sein wird, wenn auch nicht in naher Zukunft", sagte Schnabel in einem Interview.
Tendenziell sind niedrigere Leitzinsen gut für die Konjunktur: Kredite werden erschwinglicher, Firmen und Privatleute kommen günstiger an Finanzierungen für Anschaffungen oder Investitionen und können so für Wirtschaftswachstum sorgen.
Lagarde-Nachfolge: EZB-Spitze aus Deutschland?
Noch ein anderes Thema rückt immer mehr in den Vordergrund: die Nachfolge von EZB-Präsidentin Lagarde. Die Amtszeit der Französin endet zwar erst im Oktober 2027, doch der Poker um den Spitzenposten hat bereits begonnen. Zwei deutsche Notenbanker haben Interesse bekundet.
"Grundsätzlich dürfte jeder Notenbanker im EZB-Rat die Kompetenz zur Nachfolge für das Spitzenamt im Eurosystem haben», sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel dem "Spiegel". Deutlicher wurde EZB-Direktorin Schnabel im Gespräch mit dem Finanzdienst Bloomberg: "Wenn ich gefragt würde, stünde ich bereit."
SPD-Mitglied Nagel darf auf Unterstützung der Bundesregierung bauen. Schnabel gilt als ausgezeichnete Ökonomin, bei ihr gibt es aber eine rechtliche Hürde: Ihr 2027 endendes Mandat darf formal nicht verlängert werden. Gegen eine deutsche Besetzung der EZB-Präsidentschaft spricht auch, dass bereits der Chefposten der EZB-Bankenaufsicht von der deutschen Ökonomin Claudia Buch bekleidet wird.
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