Rechtswidrige Zweitwohnungssteuer rückwirkend geheilt

Fehmarns Zweitwohnungssteuer ist rechtmäßig. Der 6. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) hat die Klage eines in Niedersachsen lebenden Mannes abgewiesen, der in Burgtiefe eine Zweitwohnung hat und sich gegen die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer für die Jahre 2020 und 2021 gewandt hatte. Damit änderte das Gericht ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Schleswig.
(Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil v. 21.1.2025, 6 LB 7/24)
Neue Satzung in Fehmarn rechtswirksam
Der Grund: Während des Berufungsverfahrens hat die Stadt Fehmarn Ende 2024 rückwirkend eine neue Zweitwohnungssteuersatzung erlassen und den Steuermaßstab geändert. Die Satzung betrifft auch die Jahre 2020 und 2021, auf die sich die Klage bezog. Nach Ansicht des OVG ist die Änderung der Steuersatzung während des gerichtlichen Verfahrens zulässig. Damit könne eine zunächst rechtswidrige Steuererhebung rückwirkend geheilt werden, teilte das Gericht mit. Die neue Bemessungsmethode sei nicht zu beanstanden.
Das Verwaltungsgericht hatte der Klage des Mannes im März 2022 stattgegeben, weil es die Steuersatzung von 2019, auf deren Grundlage die Zweitwohnungssteuer erhoben wurde, für fehlerhaft erachtet hatte.
Das Oberverwaltungsgericht hatte diese Rechtsprechung am 24.4.2024 auch bestätigt: Dabei ging es um die Steuererhebung in Timmendorfer Strand und Hohwacht (6 KN 1/24 und 2/24). Diese Gemeinden hatten denselben Steuermaßstab wie Fehmarn verwendet.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision zugelassen, da sich das Bundesverwaltungsgericht zu den Maßstabsfragen noch nicht geäußert hat.
Steuermaßstab macht Satzungen rechtswidrig
Die Satzungen aus den Jahren 2020 (Timmendorfer Strand) beziehungsweise 2021 (Hohwacht) hatten einen neuen Steuermaßstab aufgenommen, nachdem das Oberverwaltungsgericht mit Urteilen vom 30.1.2019 den bis dahin verwendeten Steuermaßstab für verfassungswidrig erklärt hatte.
Der neue Steuermaßstab orientierte sich dann maßgeblich am Lagewert, ergänzt um weitere Faktoren wie Größe und Alter der Zweitwohnung. Der Lagewert entsprach wiederum dem Bodenrichtwert des Grundstücks, auf dem sich die Zweitwohnung befindet. Auch dieser Maßstab verstößt nach Auffassung des Gerichts gegen das aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) resultierende Gebot der steuerlichen Belastungsgleichheit.
Die von der Stadt Tönning erhobene Zweitwohnungssteuer für 2019 bis 2021 wiederum war nach einem Urteil des VG Schleswig rechtmäßig. Hier habe die Stadt in der Satzung bei dem Lagewert die Bodenrichtwerte ins Verhältnis gesetzt und dadurch einen Wertfaktor gebildet, der die Wertigkeit der Wirtschaftsgüter proportional zueinander abbilde, so das Gericht in der Begründung.
(VG Schwesig, Urteil v. 23.3.2022, 4 A 154/21; 4 A 178/21)
Das wurde vom OVG Schleswig-Holstein im Oktober 2024 bestätigt: Der von der Stadt Tönning verwendete Steuermaßstab sei nicht zu beanstanden und die darauf beruhenden Zweitwohnungssteuerbescheide rechtmäßig. Die Klägerin hat Revision zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt.
(Schleswig-Holsteinisches OVG, Entscheidung v. 9.10.2024, 6 LB 6/24)
Zweitwohnungssteuer: Viele Satzungen verfassungswidrig?
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte die Berechnungsmethode für die Zweitwohnungssteuer im Juli 2019 auf Basis des Grundsteuerurteils von April 2018 gekippt – damals hatte der Erste Senat die zugrundeliegenden Vorschriften zur Einheitsbewertung von Grundstücken nach den Verhältnissen von 1964 für verfassungswidrig erklärt. Nach dem Beschluss mussten bereits mehrere Kommunen in Deutschland neue Satzungen zur Erhebung der Zweitwohnungssteuer erlassen.
Der Hamburger Steuerrechtsexperte Prof. Dr. Dennis Klein wies in einem Gutachten darauf hin, dass einige der neuen Satzungen in dem Bundesland vor den Gerichten keinen Bestand haben dürften – wo insbesondere der Bodenrichtwert zur Ermittlung des Lagewertes herangezogen wurde. Der sei als Bezugsgröße genauso ungeeignet wie die vormaligen Einheitswerte, aufgrund derer das BVerfG die Satzungen aufgehoben hatte.
"Sofern bei Bezugnahme auf Bodenrichtwerte keine Mitberücksichtigung der Kriterien Mietaufwand beziehungsweise ortsübliche Vergleichsmiete erfolgt, entspricht eine Zweitwohnungsteuer nicht mehr den Maßstäben von Art. 105 Abs. 2a GG an eine Aufwandssteuer", heißt es in dem Gutachten. Die ortsübliche Vergleichsmiete könnte hinreichend realitätsnah den mit der Zweitwohnung verbundenen Aufwand typisiert abbilden – in zahlreichen Satzungen im Bundesland werde die Zweitwohnungssteuer aber quasi mit der Grundsteuer gleichgestellt.
Der Eigentümerverband Haus & Grund Schleswig-Holstein, für den das Gutachten erstellt wurde, wies auch auf Entscheidungen des VG Schleswig hin, die zu unterschiedlichen Bewertungen der Wirksamkeit der Zweitwohnungsteuer kommen. So hielt das Gericht den Satzungsmaßstab in einem Beschluss (29.3.2021; Az. 4 B 2/21) für unwirksam, in einem anderen (21.4.2021; Az. 4 B 7/21) für wirksam.
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