"Es ist überall besser als in Frankfurt"
Der oft ausgerufene Tod des Büros lässt weiter auf sich warten. Es sind momentan knapp über 500.000 Quadratmeter im Bau. Aber Frankfurt hat eine andere Besonderheit. Wie kann man die alten refurbishten Gebäude so attraktiv machen, dass sie auch genutzt werden?
Martin Erbe (Head of Real Estate Finance Germany, Helaba): Die Hochhäuser in Frankfurt sind 25 Jahre plus alt. Überall, wo neue Hochhäuser gebaut werden, hat man das Thema (...) noch nicht. Noch nicht. Es wird aber auch kommen. Das heißt, man schaut auch im Ausland drauf: 'Was wird eigentlich in Frankfurt getan mit dem älteren Bestand? Wie wird der weiterentwickelt?' Das ist eine sehr große Frage, die wir uns hier stellen. (…)
Wir bauen. Es gibt hier modernste Bürogebäude. Die sind nachgefragt. Die werden vermietet. Was passiert aber mit den Gebäuden, die leergezogen werden, die leergezogen werden müssen, weil sie ein gewisses Refurbishment brauchen? Auch unter (…) ESG-Aspekten. Was passiert damit? Da kann Frankfurt eine Vorreiterrolle einnehmen. (...)
Um die Mitarbeiter wieder zurück ins Office zu bekommen, muss ich in einer guten Lage sein. Ich muss, wie es im Englischen heißt, amenities (Annehmlichkeiten) anbieten, damit die Mitarbeiter zurückkommen (...) in moderne Bürogebäude, moderne Flächen, dass sie sich wohlfühlen und miteinander kommunizieren können. (...) Und deswegen ist das, was jetzt kommt an Neubau in Frankfurt, wahrscheinlich eigentlich viel zu wenig.
Ansgar Roese (Geschäftsführer Wirtschaftsförderung Frankfurt): Viele Unternehmen tendieren dazu, vielleicht in der Fläche etwas eher zurückzugeben. Aber auch bei einem Umzug dann eher teurere, hochwertigere Flächen zu nehmen und darüber ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen.
Beim Wohnungsmangel fehlt der Dialog
Es gibt zu wenig Wohnungen. Was ist die natürliche Folge?
Reimund Kaleve (Bereichsleiter Projektentwicklung Nassauische Heimstätte): Die Mieten in Frankfurt. Die Wohnungsmieten steigen nach wie vor exorbitant weiter. Wir gehen gerade im Schönhofviertel nördlich der City West in die Vermietung. Da sind andere auch in der Vermietung. Wir sind deutlich, deutlich niedriger. Die anderen liegen weit über 20 Euro netto kalt – 100 Quadratmeter, 2.000 Euro netto kalt.
Fabian Klingler (Vorstandsvorsitzender abrdn Investment Deutschland): Es ist schon so, dass Ansätze erkennbar sind in Frankfurt, vielleicht etwas mit gefördertem Wohnen zu machen. Aber es fehlt der Dialog mit den Investoren: 'Was brauchen die?' Wir haben nach wie vor im Förderweg eins diese Begrenzung auf fünf Euro Miete. Also, wenn ich mit fünf Euro Miete kalkuliere, muss ich überhaupt nicht überlegen, ob ich investiere. Das kann ich eigentlich weglassen. Das sind so ein bisschen ideologische Ziele, die man da verfolgt, die einfach an der Realität vorbei gehen.
Kaleve: Wir sind darauf gekommen, dass es am sinnvollsten ist, sich an einen Tisch zu setzen. Der berühmte "Runde Tisch" – und das funktioniert ganz hervorragend. Wir haben eine Workshop-Reihe für ein Projekt initiiert. Da wollen wir im eigenen Bestand rund 300 Wohnungen bauen und ungefähr 80 abbrechen.
Roese: Darüber hinaus gilt es, zu fragen: 'Wo haben wir eventuell auch eine größere Anzahl von leerstehenden Bürogebäuden, und macht es gegebenenfalls Sinn, hier auch Wohnen zu entwickeln?' Nicht jeder Bürostandort taugt am Ende auch für eine Wohnraumentwicklung, aber da wo es taugt, sollte man hinschauen.
Klingler: Wir brauchen Konzepte dafür und es kostet einfach Geld. Es ist so, es wird vielleicht auch das eine oder andere abgerissen werden müssen.
Bahnofsviertel und Zeil: Frankfurt am Limit?
Wir sprechen in unserer Frankfurter Runde auch über das Bild, das die Stadt zum Teil im Ausland abgibt. Und das ist nicht nur positiv. Zurzeit der Europameisterschaft war sogar vom Zombieland die Rede mit Bezug auf das Bahnhofsviertel. Selbst wenn dieses Bild später in bemerkenswerter Weise korrigiert wurde, bleibt vor dem Hintergrund, dass unsere Runde über das Thema schon im vergangenen Jahr intensiv diskutiert hat, ein etwas schaler Nachgeschmack. Denn damals waren sich die Beteiligten einig, dass es der Stadt gelingen würde, bis zur EM in irgendeiner Form Abhilfe zu schaffen. Ist nicht passiert. Was ist da schiefgegangen?
Roese: Ich will nicht wirklich sagen, dass da was schiefgegangen ist. Das ist mir sehr wichtig bei dieser gesamten Diskussion immer wieder ums Frankfurter Bahnhofsviertel. Das ist eine Riesenaufgabe, die da vor der Stadt steht. Und das ist leider auch keine Aufgabe, wo man einfach mit unterschiedlichen Maßnahmen schnell Erfolge erreicht, sondern es ist eine sehr, sehr schwierige Situation. (...) Wir sprechen inzwischen über eine andere Form von Drogen: Crack und alles. Und wir sprechen nicht über die Drogen vor 15 Jahren, Opiate, die Leute ruhiggestellt haben, sondern es führt dazu, dass die Leute nahezu alle Hemmungen verlieren.
Die Maßnahmen, die angestoßen worden sind, zeigen Wirkung. Es kommt vor, das merken wir auch aus den Gesprächen mit Unternehmen, dass wir innerhalb des Bahnhofsviertels teilweise Verschiebungen haben, aber wir sehen durchaus – und das ist auch etwas, was uns die Unternehmen bereits spiegeln –, dass sie im Vergleich zum Jahreswechsel 2022/23 schon eine Besserung wahrgenommen haben. Wir hatten dort die Situation, dass uns Unternehmen geschildert haben 'Meine Mitarbeiter gehen nur noch zu zweit oder zu dritt auf die Straße', das hat sich inzwischen entschärft. Aber wir sind noch lange nicht da angekommen, wo wir eigentlich hin müssen.
Auch ein anderes Viertel ist in der Kritik ...
Klingler: ... Die Zeil, die geht in eine dauerhafte Verramschung. Das ist nicht gut, was da passiert. Die Mieter, die qualitativen Mieter, brechen alle weg. (...) In der Entwicklung der vergangenen 20 Jahre, seit ich in Frankfurt wohne, geht die Zeil eigentlich nur noch in eine Richtung: nach unten und das auch städtebaulicher Natur. Auch was wir an der Hauptwache gemacht hat, einfach nur alles zuasphaltiert, das ist doch kein Konzept.
Roese: Ich kann diese Aussage nicht ganz teilen. Wir sehen doch viele positive Impulse an der Zeil. Jüngst das große P&C-Gebäude wurde einen größeren Wettbewerb gegeben, wo man sich auch Gedanken um andere Nutzungen macht, es ist auch im Gespräch auf der oberen Etage eine Schulnutzung mit rein zu nehmen.
Wir haben jetzt auch jüngst mit der Übernahme der ehemaligen Hauptwache 1 durch die Sparkasse eine klare Aussage, dass die Sparkasse gesagt hat: 'Wir gehen dorthin und stehen auch zu dem Standort'. Und so passiert sehr viel. Das ehemalige Esprit-Haus befindet sich auch mehr oder weniger in einem Refurbishment. Wir werden hier nicht mehr wie früher über alle Etagen Handel sehen, sondern nur in den unteren Etagen, darüber werden berufliche geschaffen, ganz obendrauf ein Rooftop. Es gibt viele positive Impulse da. Ja, aber natürlich auch Herausforderungen. Das ist insbesondere Ordnung und Sauberkeit.
Klingler: Wenn Sie heute als Herr hier einkaufen wollen, Textilien, Sie kriegen es einfach nicht. Sie müssen irgendwo in andere Städte ausweichen. Die Nachfrage ist absolut da, aber trägt den Mietern überhaupt keine Rechnung. Wir haben übrigens große Mieter auch verloren. Deshalb, weil auch Wünsche von der Stadt nicht erfüllt worden sind.
Wir müssen schauen, dass solche Flächen auch attraktiv sind für eine gewisse Qualität an Mietern, um auch die Nachfrage, die wir aus der Bevölkerung haben, zu bedienen. Und es sind nicht die Gucci-Taschen, aber es ist halt auch nicht nur Primark, sondern ein Premiumsegment muss in der Stadt vertreten sein – und das ist in Frankfurt ja überhaupt nicht der Fall.
(...) Gehen Sie nach Düsseldorf auf die Kö, gehen Sie nach München in die Kaufinger Straße, nach Stuttgart. Es ist überall besser als in Frankfurt. Es ist in Frankfurt eine absolute Katastrophe.
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