Home(-office) sweet home: Kein Run aufs Büro in Deutschland
SAP-CEO Christian Klein schleift beim Walldorfer Softwaregiganten eine Errungenschaft aus der Zeit der Covid-Pandemie. Dauerhaft im Homeoffice zu arbeiten, damit soll es für die knapp 100.000 Beschäftigten vorbei sein. Seit vergangenem Jahr gilt eine Präsenzpflicht an mindestens drei Tagen pro Woche – entweder im Büro oder bei Kunden.
"Um Produktivität und Innovationskraft wie auch das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu fördern, streben wir ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit von zu Hause und im SAP-Büro an", sagt Klein.
Homeoffice: noch eine Win-win-Situation?
Die Entscheidung ist von vielen Beschäftigten des an der Börse 276,5 Milliarden Euro schweren Konzerns nicht goutiert worden. Der Betriebsrat klagte vor dem Arbeitsgericht Mannheim, um weitere Homeoffice-Tage zu ermöglichen. Eine Einigungsstelle, besetzt mit Konzernvertretern, Betriebsräten und einem neutralen Juristen, soll nun schlichten.
Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie vor fünf Jahren hat das Homeoffice rund um den Globus Einzug gehalten. Um Infektionen zu verhindern, verpflichteten Regierungen diverser Staaten Unternehmen, ihre Bürobeschäftigten daheim arbeiten zu lassen. Ein Beschluss, der zunächst bei Mitarbeitenden und Konzernleitungen auf breite Zustimmung stieß. Erstere freuten sich, dass sie nicht mehr zu ihren Arbeitsplätzen pendeln mussten. Letztere sahen die Chance auf massive Kosteneinsparungen durch den Abbau von Büroflächen.
RTO wie "Return to Office": Trend in den Staaten
Mark Zuckerberg, CEO des IT-Konzerns Meta, brachte 2020 die damalige Haltung von Unternehmensvorständen auf den Punkt: "Gute Arbeit lässt sich überall leisten." Inzwischen haben Zuckerberg und andere Konzernlenker neue Erkenntnisse gewonnen. "Eine Analyse von Leistungsdaten zeigt, dass Mitarbeitende, die im Büro tätig sind, im Durchschnitt eine bessere Performance erbringen als jene, die daheim arbeiten", so der Chef von Facebook, Instagram und WhatsApp.
Zu dieser Erkenntnis sind auch zahlreiche andere CEOs in den USA gekommen. Immer mehr IT- und Finanzkonzerne streichen dort die Arbeit im Homeoffice komplett. "Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es erhebliche Vorteile bringt, wenn alle gemeinsam im Büro arbeiten", meint etwa Amazons CEO Andy Jassy. Der Trend hat so viel Dynamik gewonnen, dass er inzwischen einen eigenen Namen und ein Kürzel hat: Return to Office – RTO.
Deutschland ignoriert den US-Trend (noch)
In Deutschland ist diese Entwicklung bislang nicht angekommen, wie eine Umfrage des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung der Universität München zeigt. Danach wollen drei von vier Unternehmen, die Homeoffice gewähren, ohne Einschränkungen daran festhalten. "Diese Ergebnisse widerlegen die Auffassung, dass der Trend zurück in die Büros geht", so Ifo-Forscher Jean-Victor Alipour. Lediglich zwölf Prozent der befragten Unternehmen planten strengere Vorgaben.
"Nur vier Prozent wollen die Arbeit von zu Hause komplett abschaffen", sagt Alipour. "Die öffentliche Berichterstattung konzentriert sich auf einzelne Unternehmen, in denen Homeoffice zurückgefahren werden soll." Dies überzeichne die tatsächliche Entwicklung. "Elf Prozent der Firmen wollen die Regelungen sogar weiter flexibilisieren", sagt der Forscher.
"Es ist ein Ort, der Identität schafft, Unternehmenskultur erlebbar macht und die persönliche Zusammenarbeit fördert." Gleichzeitig habe sich das Homeoffice aber als feste Säule der Arbeitswelt etabliert. "Hybride Arbeitsmodelle – die eine Kombination aus Büropräsenz und flexiblem Arbeiten ermöglichen – werden die Zukunft prägen", meint Potz.
Büroflächenumsatz: Rund die Hälfte in den USA
In den USA hat das Ende des Laissez-faire bei der Büroanwesenheit mit dazu beigetragen, die Büromärkte deutlich zu beleben. Nach einer Studie von JLL stieg das Vermietungsvolumen in den Office Towers von New York bis San Francisco vergangenes Jahr um 19,6 Prozent auf 13,4 Millionen Quadratmeter. "Damit wurde 2024 in den Vereinigten Staaten mehr als die Hälfte des globalen Büroflächenumsatzes von insgesamt knapp 26 Millionen Quadratmetern erzielt", so Hinrichs.
In Deutschland kann von einer derart fulminanten Erholung bei der Bürovermietung nicht die Rede sein. In den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres ermittelte der Immobiliendienstleister Colliers an den sieben größten deutschen Bürostandorten einen Flächenumsatz – inklusive des Bezugs neu erstellter Räume durch Eigennutzer – von 1,9 Millionen Quadratmetern.
Dynamik am deutschen Markt hinter den Erwartungen
Das entspreche zwar einer Steigerung von knapp sechs Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, sagt Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers. "Allerdings lag das Volumen mit 2,9 Millionen Quadratmetern immer noch 34,5 Prozent niedriger als in den ersten neun Monaten von 2019", dem Jahr vor der Pandemie. 2024 sei "die Dynamik am deutschen Büromarkt hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben", sagt Trumpp. Das Vermietungsvolumen habe sich zwar stabilisiert, "jedoch auf einem niedrigen Niveau", sagt Carsten Ape, Head of Office beim Immobiliendienstleister CBRE.
Das liegt zum einen daran, dass selbst die wenigen Unternehmen in Deutschland, die die Arbeit im Homeoffice einschränken, nicht so radikal vorgehen wie ihre Pendants jenseits des Atlantiks. Bei der Deutschen Bank und Volkswagen müssen Manager zwar inzwischen wieder vier Tage pro Woche im Büro erscheinen, Mitarbeitende hingegen jedoch nur an drei Tagen.
Arbeitsmodelle: Wie machen es Otto, SAP und Co?
Beim Handelskonzern Otto gibt es eine Präsenzpflicht während der Hälfte der Arbeitszeit. Und auch SAP hat nur eine Präsenzpflicht für drei Wochentage eingeführt. Noch entscheidender sei allerdings, dass die Wirtschaft in den USA im vergangenen Jahr die Belastungen durch Pandemie, gestiegene Energiepreise und Inflation weitgehend abschütteln konnte, während die Konjunktur in Deutschland angeschlagen ist, sagt Researcherin Hinrichs.
"Die wirtschaftliche Erholung in den Vereinigten Staaten verleitet zahlreiche Unternehmen dazu, auslaufende Mietverträge zu nutzen, um sich moderne Büroflächen in besten Lagen zu sichern." Dies sei möglich, weil die Leerstandsraten in den US-Metropolen durch die Nutzung des Homeoffices in den vergangenen Jahren rasant in die Höhe gestiegen sind. "Eigentümer haben deshalb ihre Mietforderungen reduziert und bieten zahlreiche Incentives, um neue Nutzer zu gewinnen", sagt Hinrichs.
Das ist ein Auszug aus dem Beitrag "Deutsche zwingen das Büro weiter ins Zuhause". Lesen Sie den kompletten Artikel in der aktuellen Ausgabe 01/25 der "Immobilienwirtschaft".
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