
Indexmieten sind an die Inflation gekoppelt und in der Ampel-Koalition heftig umstritten. In der öffentlichen Debatte wird suggeriert, dass am Wohnungsmarkt flächendeckend solche Verträge abgeschlossen werden. Fehlanzeige, wie Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen.
Gerade einmal 2,2 Prozent der deutschen Mieter haben eine Indexmiete (§ 557b BGB) vereinbart, wie neue Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus einer Umfrage zeigen. Demnach die an die Inflation gekoppelten Verträge sind nur ein Nischenprodukt auf dem deutschen Wohnungsmarkt.
Auch die Staffelmiete (§ 557a BGB), bei der Vermieter die Preise zu bestimmten Zeitpunkten um einen festgelegten Betrag erhöhen, betrifft den Wissenschaftlern zufolge nur drei Prozent aller Mieter. Die große Mehrheit (92 Prozent) der 5.303 Mietern, die im Rahmen des Ariadne-Projekts im sogenannten Wärme- und Wohnen-Panel im Herbst 2022 befragt wurden, hat einen Mietvertrag unterzeichnet, bei dem die allgemeinen Mieterhöhungsregelungen gelten.
Indexmiete: Risiko bei energetischer Sanierung
Im Neubau – bei Wohnungen und Häusern, die nach 2020 gebaut wurden– spielen Indexmieten eine etwas größere Rolle, sind aber noch immer deutlich in der Minderheit, meldet das IW: Hier haben sieben Prozent der Mieter einen solchen Vertrag unterzeichnet und 11,1 Prozent einen Staffelmietvertrag.
Indexmieten sind in die öffentliche Diskussion geraten; inder Ampel-Koalition wird sogar um eine Reform getritten. "Daraus könnte sich ableiten lassen, die Indexmiete sei ein flächendeckendes Phänomen – dem ist definitiv nicht so", sagt IW-Immobilienexperte Ralph Henger. Er rechnet nicht damit, dass die Form marktbeherrschend sein wird. Die Risiken und möglichen Nachteile gegenüber Standardmietverträgen seien für Mieter und Vermieter zu hoch.
"Wenn Vermieter energetisch modernisieren, dürfen sie die Miete nicht über eine Modernisierungsumlage anheben. Sie sollten deshalb darauf achten, Indexmieten nur für Neubauten oder frisch modernisierten Wohnungen anzubieten", rät Henger: Oder die Indexmiete zeitlich befristen, was heute schon zulässig ist.
Ampel-Streit um Indexmieten: Wird bald gedeckelt?
"Indexmieten sind ein Problem, das wir angehen müssen", sagte Anfang Februar Katharina Dröge, Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Inflation sei so stark gestiegen, dass es für viele Wohnungsmieter "ein Schock" werde wenn die Erhöhung kommt.
Es gehe zwar über das hinaus, was man im Koalitionsvertrag festgelegt habe, "aber wir müssen mit den Koalitionspartnern besprechen, wie wir Indexmieten regulieren können", sagte Dröge. Das könne zum Beispiel heißen, dass bestehende Indexmietverträge gedeckelt und neue härter reguliert werden. "Wir brauchen an dieser Stelle eine Lösung."
Vor allem aus den Reihen der Sozialdemokraten gab es zuletzt immer wieder Forderungen, Indexmieten zu reformieren, um sprunghafte Mietanstiege zu verhindern.
Indexmieten: SPD schlägt Kappungsgrenze vor
Zuvor hatte sich Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) offen für eine Deckelung von Indexmieten beim Wohnen gezeigt. Sie könne sich vorstellen, diese an die allgemeine Mietpreisentwicklung zu koppeln oder eine Kappungsgrenze festzulegen, sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das stehe aber nicht im Koalitionsvertrag, und die FDP sehe keinen Handlungsbedarf, sagte Geywitz.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Christian Dürr, liest aus der Forderung der Grünen "das schlechte Gewissen über die katastrophale eigene Bilanz". Es helfe nicht, die Preise zu regulieren, wenn der Wohnungsbestand nicht vergrößert werde. "Es ist daher unerlässlich, dass jetzt endlich die Hausaufgaben gemacht werden: bauen, bauen, bauen", forderte Dürr.
Justizminister Buschmann: "Keine gesetzgeberische Intervention"
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will die Indexmieten auch nicht reformieren. "Mieter mit Indexmietverträgen standen in den vergangenen Jahren zumeist besser da als Mieter mit normalen Mietverträgen", sagte Buschmann am 23.12.2022 der "Rheinischen Post". Die Lebenshaltungskosten seien viel langsamer gestiegen als die Vergleichsmieten. Und bei Indexmietverträgen sei eine Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete ausgeschlossen.
"Gerade auch Mietervereine haben sich deshalb bis vor kurzem positiv zur Indexmiete geäußert. Jetzt haben sich zum ersten Mal seit längerem die Verhältnisse umgedreht", so der Justizminister, der Zweifel daran äußerte, "ob das eine sofortige gesetzgeberische Intervention rechtfertigt". Man werde die weiteren Entwicklungen aber im Blick behalten.
Hamburg träumt vom bundesweiten Indexmieten-Deckel
Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes (DMB) sind immer mehr neu geschlossene Mietverträge am Wohnungsmarkt an die Inflation gekoppelt. In den deutschen Metropolen seien im Jahr 2022 im Schnitt bei 30 Prozent der Indexmieten vereinbart worden – in Berlin sogar 70 Prozent, erklärte der Mieterbund Mitte Januar 2023.
Der DMB forderte die Bundesregierung zum Handeln auf, da durch die Zunahme von Indexmietverträgen und eine "löchrige Mietpreisbremse" die Angebotsmieten gestiegen seien. "Notwendig sind ein Verbot des Neuabschlusses von Indexmieten, eine Kappung von Indexmieterhöhungen im Bestand, eine anwendbare Mietpreisbremse und die Ahndung von Mietwucher", sagte Direktorin Melanie Weber-Moritz.
Im November 2022 hatte der rot-grüne Hamburger Senat eine Bundesratsinitiative zur Begrenzung des Anstiegs von Indexmieten beschlossen: Indexmieten sollen auch bei einer stärkeren Verteuerung der Lebenshaltungskosten um maximal 3,5 Prozent pro Jahr angehoben werden können, so die Idee. Dieser Vorstoß fand bei der Sitzung am 16. Dezember nicht die erforderliche Mehrheit.
Indexmieten dämpfen: Bundesregierung am Zug
Eine Initiative aus Bayern, die ebenfalls Mietanstiege durch Indexmieten dämpfen will, befürwortete die Länderkammer hingegen. Der Bundesrat schlägt einen Mietpreisindex vor, der das derzeit deutlich unter der Inflation liegende Preiswachstum bei den Mieten abbildet – Mietspiegel-Anpassungen sollen unabhängig vom Verbraucherpreisindex möglich sein, um bei hoher Inflation Preissprünge bei den Vergleichsmieten im qualifizierten Mietspiegel zu vermeiden.
Die Problematik, dass Indexmieten, die an den Verbraucherpreisindex gekoppelt sind, Mieter doppelt belasten, hat der Bundesrat erkannt. Notwendig sei daher eine Regelung, die die Erhöhung von Indexmieten dämpfe. Mit der Entschließung wird sich nun die Bundesregierung befassen.
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