Neuer CO2-Preis für 2027 gegen Preissprünge beim Heizen
Die schwarz-rote Koalition will Preissprünge beim Heizen mit Öl und Gas in Deutschland durch den CO2-Preis verhindern. Der Korridor von 55 bis 65 Euro pro Tonne im Jahr 2026 soll deshalb auch 2027 gelten, teurer wird es dann erst ab 2028. Darauf einigten sich die Vize-Fraktionsvorsitzenden Andreas Jung (CDU) und Esra Limbacher (SPD). Zuvor hatte die "Wirtschaftswoche" darüber berichtet.
Das Umweltministerium prüfe nun, ob das rechtlich umsetzbar sei und ob beziehungsweise welche Änderungen am Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) dazu notwendig seien, teilten Jung und Limbacher der Deutschen Presse-Agentur mit.
Emissionshandel: Geänderte Pläne auf EU-Ebene
Hintergrund sind geänderte Pläne auf EU-Ebene. Der europaweite Start des Emissionshandels für Verkehr und Gebäude (ETS-2) soll von 2027 auf 2028 verschoben werden. In diesen würde die bisher nationale CO2-Bepreisung aufgehen.
Grundlage ist das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz, das im März 2025 in Kraft getreten ist und den Übergang regelt. Der Emissionshandel nach dem BEHG, der in Deutschland für Gebäude 2021 eingeführt worden war, wird dann abgelöst.
Nach der nationalen Verordnung liegt der CO2-Preis für 2025 bei 55 Euro pro Tonne, 2026 wird er auf einen Betrag zwischen 55 und 65 Euro pro Tonne steigen, und ab 2028 statt 2027 bestimmen Angebot und Nachfrage der Emissionszertifikate den Preis.
Große Unternehmen, die Brennstoffe wie Erdgas oder Heizöl verkaufen, müssen dafür Emissionszertifikate erwerben. So entsteht ein Preis für jede ausgestoßene Tonne CO2. Die Kosten werden an die Endverbraucher weitergegeben. Mit einer steigenden CO2-Bepreisung verteuert sich also das Heizen.
Die Bundesregierung sei dafür eingetreten, dass der europäische Emissionshandel für Wärme und Verkehr wie vorgesehen 2027 starte, so die Koalitionspolitiker. Um die Einigung auf einen Kompromiss zu erreichen, sei aber die Verschiebung um ein Jahr auf 2028 notwendig gewesen. Die EU-Umweltminister hatten sich auf ein Klimaziel bis 2040 geeinigt.
ETS-2: Wer modernisiert, spart langfristig Geld?
Der ETS-2 wird das Heizen nur moderat verteuern, meint die gemeinnützige Beratungsgesellschaft co2online. "Der Emissionshandel ist das effektivste Instrument für echte CO2-Einsparungen, ohne ihn werden wir unsere Klimaziele nicht erreichen", sagt Geschäftsführerin Tanja Loitz. In Deutschland zahlten Verbraucher bereits einen kontinuierlich steigenden CO2-Preis fürs Heizen; mit dem europäischen Emissionshandel werde das nationale System lediglich ersetzt, der Anstieg dürfte dabei sehr moderat ausfallen.
Der aktuelle CO2-Preis verteuert laut co2-online-Heizspiegel Gas um etwa einen Cent pro Kilowattstunde (kWh). Das entspricht rund 200 Euro im Jahr für ein durchschnittliches Einfamilienhaus. Steigt der Preis in den Jahren nach 2027 beispielsweise auf 75 Euro pro Tonne CO2, kämen nach Berechnungen der Experten etwa 70 Euro pro Jahr dazu. Die Einnahmen fließen als Fördermittel und Entlastungsmaßnahmen an die Verbraucher zurück.
"Wer jetzt modernisiert, spart langfristig Heizkosten und erhöht den Gebäudewert", so Loitz weiter. Technische Alternativen, wie Wärmepumpen, Solarenergie oder hybride Lösungen, seien im Betrieb bereits jetzt günstiger als Gasheizungen. Maßnahmen, die einen abrupten Preissprung abfedern, etwa die Nutzung von Zertifikatereserven oder das Vorziehen von Klimaschutzinvestitionen, hält sie für sinnvoll, soweit sie flankierend eingesetzt werden. Ein genereller Aufschub des Emissionshandels fürs Heizen wäre nach Auffassung von co2online der falsche Weg: notwendige Investitionen würden verschoben.
co2online-Modernisierungscheck (energetischer Zustand, Sparpotenziale, Fördermittel)
Wohngebäude: CO2-Kostensteigerung in vier Szenarien
Das ClimateTech-Unternehmen Purpose Green hat für die Berechnung der durchschnittlichen Kosten für Eigentümer vier Szenarien erstellt. Die Experten schätzen einen CO2-Preis im ETS-2 zwischen 100 und 250 Euro pro Tonne bis 2030 und bis zu 400 Euro ab 2040.
In den vier Szenarien könnten die CO2-Kosten mit Inkrafttreten des ETS-2 um zirka 82 Prozent (Szenario II), 355 Prozent (Szenario III) oder 627 Prozent (Szenario IV) im Vergleich zum Jahr 2026 steigen.
- Szenario I (2025): 55 Euro / Tonne CO2
- Szenario II: 100 Euro / Tonne CO2
- Szenario III: 250 Euro / Tonne CO2
- Szenario IV: 400 Euro / Tonne CO2
Beispiel Hamburg: Mehrkosten von bis zu 2.704 Euro pro Jahr
In Hamburg sind den Berechnungen zufolge Mehrkosten von durchschnittlich bis zu 2.704 Euro pro Jahr denkbar. Untersucht wurden 650 zum Verkauf stehende Immobilien (Eigenheime und Eigentumswohnungen), die durchschnittlich 165 Quadratmeter groß sind. Der jährliche Ausstoß beläuft sich im Schnitt auf 7,84 Tonnen CO2 pro Immobilie.
Im aktuellen nationalen Emissionshandelssystem kommen 2026 so durchschnittlich 431 Euro an CO2-Kosten auf Eigentümer zu. In Szenario II würden die Kosten auf 784 Euro steigen. In Szenario III lägen die Kosten bei rund 1.960 Euro pro Jahr und in Szenario IV würden die jährlichen CO2-Kosten 3.135 Euro übersteigen. Für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern oder Wohn- und Geschäftshäusern würden sich die Kosten laut Purpose Green um ein Vielfaches multiplizieren.
Mehrfamilienhäuser: CO2-Kosten für Vermieter
Vermieter von Wohnraum können einen Teil der Mehrkosten auf Mieter umlegen, wenn die Immobilie energetisch saniert wurde oder gute Energieeffizienzwerte hat. Die Aufteilung der Kosten wird seit Januar 2023 in einem Stufenmodell definiert: Bei sehr schlechtem Energieeffizienzwert tragen Vermieter 95 Prozent der CO2-Kosten.
Beispiel Augsburg: Kostenszenarien für ein Mehrfamilienhaus
Ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen und einer Gesamtfläche von 386 Quadratmetern in Augsburg mit einem Energiebedarf von 1.306,2 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/(m²a)) wird mit Gas beheizt, wodurch es 121 Tonnen CO2 pro Jahr verursacht.
Die Berechnung von Purpose Green kommt zu dem Ergebnis: Während 2026 zirka 6.655 Euro auf den Eigentümer zukommen, wären es in Szenario II 12.101 Euro, in Szenario III 30.252 Euro und in Szenario IV knapp 48.403 Euro jährlich. Aufgrund der Energiebilanz des Hauses muss der Vermieter nach dem gültigen Stufenmodell 95 Prozent der Kosten tragen – also je nach Szenario zwischen 6.322 Euro und 45.983 Euro pro Jahr.
Analysiert hat Purpose Green Wohnfläche, Energieträger und Energiebedarf von mehr als 4.000 Gebäuden auf der Plattform Immowelt in den 30 größten deutschen Städten.
ETS-2-Simulation: CO2-Kosten in den 30 größten deutschen Städten
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CO2-Kostenaufschlag teurer als Heizungsgesetz?
Es wäre ein CO2-Preis von 524 Euro erforderlich, damit die CO2-Emissionen genauso stark sinken, wie sie es durch das (noch) geltende Gebäudeenergiegesetz (GEG) bis 2030 voraussichtlich tun würden – das ist das zentrale Ergebnis einer Studie von Öko-Institut und Paritätischem Gesamtverband.
Dieser Preis würde bei Gas zu einem zusätzlichen CO2-Kostenaufschlag von 10,52 Cent pro Kilowattstunde (kWh) führen, was einer Verdopplung des Gaspreises entspricht. Die finanziellen Folgen für Haushalte wären den Studienautoren zufolge enorm.
Beispiele:
- Ein Haushalt im Wohneigentum mit bisherigen Heizkosten von 1.000 Euro pro Jahr müsste mit zusätzlichen Heizkosten von 887 Euro jährlich rechnen.
- Eine vierköpfige Familie mit Heizkosten von 3.000 Euro pro Jahr käme auf 2.660 Euro zusätzliche Heizkosten.
- Durchschnittlich sind für Haushalte mit Gasheizung im eigenen Haus jährliche Mehrkosten von fast 1.500 Euro zu erwarten.
- Mieter in einem Gebäude der Effizienzklasse G mit 3.000 Euro Heizkosten pro Jahr müssten mit zusätzlichen CO2-Kosten von 532 Euro jährlich rechnen.
Während die GEG-Vorgaben zum Einbau von 65 Prozent erneuerbaren Energien nur diejenigen betrifft, die ihre Heizung erneuern müssen, würde ein hoher CO2-Preis alle Haushalte belasten – auch jene, die ihre Heizung erst kürzlich ausgetauscht haben und daher keine kurzfristige Wechselmöglichkeit haben.
Statt einer reinen Marktlösung wird in der Studie eine soziale Wärmewende empfohlen, die Entlastungen, Förderungen und Schutzmaßnahmen für Mieter sowie Anreize für Heizungsindustrie, Stadtwerke und Kommunen kombiniert. Dazu werden gezielt Maßnahmen vorgeschlagen. Als Beispiel wird Social Leasing genannt: Wärmepumpen könnten durch Ratenzahlung finanzierbar gemacht werden, wobei einkommensabhängige Förderungen gezielt Haushalte mit wenig Einkommen unterstützen. Das Leasing-Modell könnte auch Monitoring, Wartung und Instandhaltung umfassen.
Studie "Wärmewende: Die Marktlösung macht Heizen zum Luxus"
Expertenrat: CO2-Emissionsminderung vorantreiben
Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit 2021 gesunken, wobei auch der Gebäudesektor Rückgänge verzeichnet. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen hervor.
Darin kommt der Rat unter anderem zu dem Ergebnis, dass die THG-Emissionsrückgänge zwar ausreichend waren, um die im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) festgelegten Jahresemissionsgesamtmengen in den Jahren 2021 bis 2023 einzuhalten – dass aber die Geschwindigkeit der Minderung nicht ausreicht, um das gesetzlich festgelegte Klimaziel für das Jahr 2030 von 65 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu erreichen.
Die Reform des EU-Emissionshandels hat die Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 und eine Netto-Treibhausgasneutralität bis 2050 zum Ziel.
EU-Emissionshandel: TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz
Das Gesetz zur Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz) ist am 6.3.2025 in Kraft getreten.
Damit wurden die Vorgaben der geänderten EU-Emissionshandels-Richtlinie im Wesentlichen in deutsches Recht umgesetzt. Das Gesetz legt einen einheitlichen Rechtsrahmen auch für den Gebäudesektor fest, der künftig auch vom EU-Emissionshandel erfasst ist.
Die Vorlaufzeit sei notwendig, damit der neue europäische Emissionshandel insbesondere für den Gebäude- und Verkehrssektor bis 2027 umgesetzt werde, teilt die Bundesregierung auf ihrer Webseite mit.
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