Klimaschutzgesetz: Habecks Reform-Entwurf passiert Kabinett

Das Bundeskabinett hat grundlegende Änderungen am Klimaschutzgesetz beschlossen. Die Minister sollen bei Zielverfehlungen einzelner Ressorts künftig die Werte untereinander verrechnen können – dieser Punkt sorgt für Kritik. Was sonst geplant ist.

Nach monatelangen Verhandlungen in der Bundesregierung hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor Kurzem den Entwurf für die zweite Novelle des Klimaschutzgesetzes (KSG) präsentiert, zusammen mit einem neuen Programm zum Einsparen von Treibhausgasen. Am 21. Juni hat das Kabinett grünes Licht gegeben. Die Reform hatten die Ampel-Parteien schon im Koalitionsvertrag vereinbart. Sie ist vor allem ein Anliegen der FDP, das die Grünen wenig begeistert akzeptiert haben.

Nach dem Kabinett ist nun der Bundestag am Zug. In Kraft treten soll das Gesetz zum Jahreswechsel.

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes (Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Stand 13.6.2023)

Klima-Reform: Was ist neu?

Die Ziele im neuen KSG bleiben unverändert: Deutschland muss den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2030 gegenüber dem Referenzjahr 1990 um 65 Prozent senken. Die erlaubte Zielmenge beträgt dann höchstens 440 Millionen Tonnen CO2. Bis 2045 muss verbindlich Klimaneutralität erreicht werden.

Neu ist, dass die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr rückwirkend nach verschiedenen Sektoren, wie etwa dem Gebäudesektor kontrolliert wird, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Die Bundesregierung entscheidet künftig gemeinsam, in welchem Sektor und mit welchen Maßnahmen die zulässige Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden soll allerdings erst, wenn es zwei Jahre in Folge zu einer Zielverfehlung kommt. Doch sollen die Ministerien Maßnahmen vorschlagen, in deren Zuständigkeit Klimaziele gerissen wurden. Weiterhin solle es "volle Transparenz" geben, ob die Sektoren auf dem richtigen Pfad sind oder nicht, hieß es.

Wer profitiert von der Reform?

Umweltverbände beklagen eine Abschwächung des Gesetzes, weil einerseits Verantwortlichkeiten verwässert würden und die Bundesregierung andererseits erst nachsteuern muss, wenn Ziele zwei Jahre in Folge verfehlt wurden. "Die Sofortpflicht zur Nachsteuerung bei Zielverfehlung ist Herzstück für verlässlichen Klimaschutz", sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie, Andreas Jung.

Minister Habeck argumentierte, das bisherige Gesetz habe nur auf dem Papier gut ausgesehen. "Keine Sau hat sich daran gehalten", sagte er in der vergangenen Woche. Die Obfrau der Grünen im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, Lisa Badum, zeigte sich hingegen nicht zufrieden. Doch immerhin bleibe mit der Reform sichtbar, "wer nicht für das gemeinsame Boot rudert und zu wenig CO2 einspart", erklärte sie. "Kein Ministerium darf sich darauf verlassen, dass andere die eigene Lücke ausgleichen werden."

"Mit dem Streichen der verbindlichen Sektorziele kauft die FDP ihren Verkehrsminister davon frei, seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten", kritisierte die Politische Geschäftsleiterin der Klima-Allianz Deutschland, Stefanie Langkamp. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) konterte: "Wir werden deswegen aber nicht weniger ambitioniert im Verkehrsbereich Klimaschutz betreiben." Sein Bereich verfehlte das Ziel allerdings zuletzt.

Bundes-Klimaschutzgesetz: Die aktuelle Rechtslage

Das geltende Klimaschutzgesetz hatte der Bundestag am 24.6.2021 in der letzten Sitzung der zurückliegenden Legislaturperiode endgültig beschlossen mit schärferen Regelungen: Statt einer 65-Prozent-Reduktion war zunächst eine Treibhausgasminderung um 55 Prozent geplant. Bis zum Jahr 2040 soll die bei 88 Prozent liegen. Dieser Zwischenschritt wurde neu gesetzt. Klimaneutralität war zuvor erst 2050 anvisiert, statt wie jetzt im Jahr 2045.

Der Bundesrat billigte diese erste Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes am 25.6.2021. Das Gesetz trat am 31.8.2021 in Kraft.

Klimaschutzgesetz 2021: Reaktion auf einen BVerfG-Beschluss

Am 24.3.2021 entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dass das bisher geltende Klimaschutzgesetz, das im Dezember 2019 verabschiedet worden war, die Klimaziele nur unzureichend regelt. Moniert wurde vor allem, dass klar definierte Vorgaben für die Minderung der CO2-Emissionen nach 2030 fehlten. Die im KSG 2019 getroffenen Regelungen bis zum Jahr 2030 sind verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, bis Ende 2022 nachzubessern.

Bundes-Klimaschutzgesetz 2021 mit markierten Änderungen zur Fassung von 2019

Die Europäische Union hatte das Klimaziel bis 2030 zuvor von 40 Prozent auf 55 Prozent angehoben. Das novellierte Bundes-Klimaschutzgesetz sieht Evaluierungen vor. Ein Expertenrat für Klimafragen muss alle zwei Jahre einen Bericht über die bisherige Zielerreichung vorlegen.

Klimaschutzprogramm: Die Maßnahmen

Bereits zm Bundes-Klimaschutzgesetz 2021 wurde ein gesonderter Klimapakt beschlossen das sogenannte Klimaschutz-Sofortprogramm mit einem Investitionsvolumen von insgesamt acht Milliarden Euro. Mit den Zuschüssen sollte der Umstieg auf klimafreundliche Technologien unter anderem im Gebäudebereich forciert werden, damit die nachgeschärften Klimaziele der Bundesregierung "Net Zero" bis 2045 erreicht werden können.

Allein 4,5 Milliarden Euro aus dem Paket sollten in die Förderung energieeffizienter Gebäude fließen, eine weitere Milliarde für den klimafreundlichen sozialen Wohnungsbau bereit gestellt werden. Im Plan festgeschrieben ist auch das Vorhaben, ab 2023 die energetischen Mindestanforderungen für Neubauten auf den Energieeffizienz-Standard 55 (EH 55) anzuheben und ab 2025 auf EH 40.

Das neue Klimaschutzprogramm (KSP) bündelt nach Angaben des Wirtschaftsministeriums die Anstrengungen der Koalition zur Erreichung der nationalen und europäischen Klimaschutzziele. Viele Maßnahmen, wie der schnellere Ausbau der erneuerbaren Energien sind bereits umgesetzt. Weitere Maßnahmen, wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG), wurden auf den Weg gebracht.

Entwurf eines Klimaschutzprogramms 2023 der Bundesregierung (Stand 13.6.2023)


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dpa