Fusion zum Immobilienriesen: Vonovia schluckt Deutsche Wohnen

Vonovia-Chef Rolf Buch war zwei Mal an der Übernahme der Deutsche Wohnen gescheitert. Im dritten Anlauf hat die Mega-Fusion geklappt, rund 87 Prozent der Anteile sind gesichert – jetzt entsteht ein europäischer Immobilienriese mit mehr als 550.000 Wohnungen.

Deutschlands größter Wohnungsvermieter Vonovia hat weitere Aktien der Deutsche Wohnen eingesammelt und hält nach Ablauf der zweiten Annahmefrist 87,6 Prozent am bisherigen Branchenzweiten. Das teilte Vonovia am 26. Oktober mit. Die Aktionäre der Deutsche Wohnen konnten ihre Papiere bis zum 21. Oktober um 24 Uhr zu einem Stückpreis von 53 Euro andienen. Damit entsteht ein europäischer Immobilienriese mit rund 568.000 Wohnungen.

"Wir können jetzt mit vereinten Kräften die großen gesellschaftlichen und sozialen Herausforderungen im Wohnungsmarkt angehen", sagte Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender von Vonovia. Für die Deutsche Wohnen bedeutet die neue Stimmrechteverteilung auch den Abschied aus dem Dax. Der Streubesitz des Unternehmens ist zu gering, um sich im Index der 40 wichtigsten börsennotierten Unternehmen in Deutschland zu halten.

Fusion am Ziel nach zwei gescheiterten Versuchen

Vonovia-Chef Buch war zuvor zwei Mal an einer Übernahme der Deutsche Wohnen gescheitert. 2016 hatte er einen ersten Versuch gegen den Willen des Managements unternommen. Von einer feindlichen Übernahme war gar die Rede. Das Angebot lag damals bei 14 Milliarden Euro.

Bei einem zweiten Anlauf in diesem Jahr hing es an der Mindestannahmeschwelle von 50 Prozent: Dem Konzern wurden nur 47,62 Prozent der Anteile der Deutsche Wohnen angeboten. Damit, dass dieser Versuch scheitern würde, hatten beide Unternehmen nicht kalkuliert. Dieses Mal – anders als 2016 – schien mit einer Offerte von 18 Milliarden Euro zumindest der Preis attraktiv zu sein.

Erst nachdem Vonovia für einen dritten Anlauf das Angebot am 23.8.2021 noch einmal um einen Euro auf 53 Euro je Aktie erhöhte und weil mehrere Bedingungen fallen gelassen wurden – so wurde etwa die Mindestannahmeschwelle gestrichen –, gab es keine Zweifel mehr, dass die Übernahme gelingen würde. Die ursprünglich am 20. September auslaufende Annahmefrist wurde durch diesen Schachzug um zwei Wochen verlängert und endete erst am 4. Oktober: Vonovia sicherte sich bereits zu diesem Zeitpunkt die Mehrheit (60,3 Prozent) am Berliner Konkurrenten. Die Fusion war faktisch durch.

Hedgefonds wollte Vonovia-Deal kurzfristig platzen lassen

Zwischenzeitlich versuchte noch der Hedgefonds Davidson Kempner mit Hauptsitz in New York, Vonovia Steine in den Weg zu legen. Das Unternehmen hatte Ende September beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung beantragt: Der Deutsche Wohnen sollte die Ausgabe neuer Aktien und der Verkauf eigener Aktien an Vonovia untersagt werden. Der Großaktionär besitzt nach eigenen Angaben 3,2 Prozent des Grundkapitals der Deutsche Wohnen und ist auch an Vonovia beteiligt. Letztlich musste Davidson Kempner klein beigeben.

Der Hedgefonds hatte beiden Wohnungskonzernen vorgeworfen, die Rechte der Aktionäre umgangen zu haben. Der Vorstand der Deutsche Wohnen habe eine Reihe rechtlich fragwürdiger Maßnahmen ergriffen, "deren einziger Zweck es ist, Vonovia dabei zu helfen, die Kontrolle über Deutsche Wohnen zu erlangen". Die Deutsche Wohnen wies die Vorwürfe als "vollkommen substanzlos" zurück. Vonovia wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern.

Einen Grund für die geplatzte zweite Übernahme im August sah der Vonovia-Chef schon damals im wachsenden Einfluss von Hedgefonds bei Aktiengesellschaften. "Es wird einfach schwieriger, solche Übernahmen noch erfolgreich durchzuführen", sagte Buch dem "Handelsblatt".

Bundeskartellamt: Keine Einwände gegen Fusion

Am 24.5.2021 hatten Vonovia und Deutsche Wohnen eine Grundsatzvereinbarung über eine mögliche Fusion unterzeichnet und das Übernahmeangebot an die Aktionäre am 23.6.2021 veröffentlicht. Das Bundeskartellamt genehmigte den geplanten Zusammenschluss am 28.6.2021. Damit war eine wesentliche Vollzugsbedingung des Übernahmeangebots erfüllt worden.

"Die gemeinsamen Marktanteile der Unternehmen rechtfertigen keine wettbewerbsrechtliche Untersagung", erklärte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Auch auf Städte- und Gemeindeebene seien die gemeinsamen Marktanteile überall im unkritischen Bereich. Das gemeinsame Portfolio mit rund 550.000 Wohnungen ganz überwiegend in Deutschland und einem Portfoliowert von knapp 90 Milliarden Euro in Deutschland entspräche einem Marktanteil von weniger als zwei Prozent.

Umstritten ist der Milliardendeal vor allem in Berlin, wo der Deutsche Wohnen rund 114.000 Wohnungen gehören. Um Kritiker zu besänftigen, kündigte Buch unter anderem eine Begrenzung der regulären Mietsteigerungen in der Hauptstadt bis zum Jahr 2026 an. Außerdem haben Deutsche Wohnen und Vonovia in Berlin 14.750 Wohnungen für knapp zweieinhalb Milliarden Euro an drei landeseigene Gesellschaften verkauft. Vonovia prüft auch einen Einstieg beim Rivalen Adler Group.


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Schlagworte zum Thema:  Immobilienunternehmen, Wohnungsunternehmen